Bochum. Der VfL Bochum feiert beim 3:3 gegen RB Leipzig einen wichtigen Punkt, der sich wie ein Sieg anfühlt. Dabei war sogar noch mehr drin.

Die Spieler des VfL Bochum sackten zusammen. Der Kraftakt war vorbei, die Luft war raus. Aber er hatte sich gelohnt. Dank einer Energieleistung in der zweiten Halbzeit hat der VfL Bochum ein 3:3 gegen den Champions-League-Teilnehmer RB Leipzig geholt. Ein gefühlter Sieg am Ende einer anstrengenden Englischen Woche. Und ein weiteres Ausrufezeichen an die gesamte Liga. Totgesagte leben länger. Zumindest macht es an der Castroper Straße den Anschein. „Wir sind auf einem guten Weg. Heute war es eine wichtige Nachricht für alle – auch die Bundesliga. Alle denken, wir sind tot. Wenn wir uns aber fokussieren, dann können wir das schaffen. Im Spiel und auch in der Liga“, sagte ein glücklicher Bernardo am Samstagabend.

Danach sah es allerdings nach 20 Minuten der Partie zwischen dem VfL und RB nicht aus. Leipzig nutzte jede Gelegenheit zu einem Treffer - auch wenn es nicht einmal eine klare Gelegenheit war. Nach zehn Minuten klingelte es zum ersten Mal im Tor von Patrick Drewes, nachdem der eine verunglückte Hereingabe von Willi Orban falsch einschätzte.

VfL Bochum: Nicht-kalibrierbare Linie sorgt für Ärger

Es kam noch dicker für die Bochumer, die nun überhaupt nicht mehr in die Zweikämpfe kamen, nahezu jeder Ball landete bei den Gästen. Und wieder hatte Leipzig Glück. Nusa nahm sich nach 13 Minuten ein Herz und zog ab, traf ins kurze Eck. Allerdings: Bei der Entstehung des Treffers stand Xavi Simons knapp im Abseits. Der VAR aber habe keine kalibrierte Linie ziehen können, hieß es. Der Treffer zählte also, weil die Abseitsposition nicht klar belegt werden konnte. „Das passiert, ich kann es nicht ändern. Es war wieder Fußball wie früher. Richtig, dass für die Mannschaft entschieden wird, die getroffen hat“, sagte Hecking lapidar.

Dieter Hecking stellte etwas zu spät um - aber noch rechtzeitig für die Wende.
Dieter Hecking stellte etwas zu spät um - aber noch rechtzeitig für die Wende. © dpa | David Inderlied

Vermutlich hätte er ein wenig anders gesprochen, wenn sein VfL am Ende nicht eine fulminante Halbzeit gespielt hätte, nachdem RB Leipzig mit einer 3:0-Führung in die Halbzeit ging, weil nach 22 Minuten auch Christoph Baumgartner noch traf. Doch nach dem Treffer hatte sich beim VfL etwas verändert, er kam besser ins Spiel, gewann auf einmal Zweikämpfe. Auch, weil Hecking von einer Fünferkette auf eine Viererkette umstellte. „Ich habe mich geärgert, weil ich die Struktur der letzten Wochen mit der Fünferkette nicht aufgeben wollte. Ich habe aber zu spät reagiert von meiner Seite“, sagte Hecking selbstkritisch.

Die Umstellungen aber hatten dann gewirkt, vor allem nach der Einwechslung von Gerrit Holtmann zur Pause für den bereits verwarnten Felix Passlack. Holtmann hatte in der 48. Minuten den richtigen Riecher, attackierte Nicolas Seiwald, schnappte sich den Ball und lieferte eine exzellente Vorarbeit für Myron Boadu, dem der erste Treffer dieses Nachmittags gelang, bevor er im Turbogang innerhalb von 13 Minuten einen lupenreinen Hattrick schnürte.

Myron Boadu: „Das ist verrückt“

„Mein Wunsch war: Wenn wir die zweite Halbzeit gewinnen, dann haben wir Haltung gezeigt“, sagte Hecking nach dem Spiel über seine Halbzeitansprache an die Mannschaft. „Ich habe gesagt: Lass uns ein frühes Tor machen und dann zünden wir das Stadion noch einmal an.“ Es gelang. Nach dem Anschlusstreffer von Boadu war das Publikum da, die Spieler brannten, gaben keinen Zweikampf mehr auf. Und die Fans peitschten ihre Mannschaft nach vorn. „Das Publikum hat heute wieder gespürt, dass die Mannschaft nicht auseinanderfällt“, sagte Hecking. „Du brauchst die Unterstützung. Es ist hier schwer, wenn das Publikum erwacht und jede Aktion gefeiert wird. Dann gehst du den Meter mehr als Bochumer“, sagte er. Holtmann pflichtete ihm bei: „Nach dem 3:1, 3:2 und dem 3:3 – das war ja der Wahnsinn. Es ist schön, dass man das Volk hier mit einfachen Mitteln in Ekstase bringen kann.“

Drin! Myron Boadu erzielt das 3:3.
Drin! Myron Boadu erzielt das 3:3. © Ralf Ibing /firo Sportphoto | Ralf Ibing

So auch in der 57. Minute nach einem Einwurf von Matus Bero, der in der kommenden Woche bei Borussia Mönchengladbach aufgrund seiner fünften Gelben Karte fehlen wird. Bernardo kam im Strafraum an den Ball, verlängerte und Boadu war schneller als sein Gegenspieler und drückte den Ball über die Linie. 3:2. Als kurz darauf Dani de Wit von Nusa im Strafraum zu Boden gerissen wurde und Schiedsrichter Robert Hartmann auf den Punkt zeigte, schnappte sich Boadu selbstbewusst den Ball - und erzielte den umjubelten Ausgleich. „Drei Tore in 13 Minuten - das ist verrückt“, sagte der Niederländer.

Gänzlich zufrieden waren sie in Bochum dennoch nicht. „Für mich sind es zwei Punkte zu wenig“, sagte Holtmann. Aber: „Dass wir wie von der Tarantel gestochen was der Kabine kamen, war unfassbar wichtig.“ So nämlich meldete sich der VfL Bochum so richtig zurück im Kampf gegen den Abstieg.