Bochum. Der VfL Bochum hat den Kader verkleinert, aber noch nicht verstärkt - aus gutem Grund. Die Strategie zahlt sich aus, Zugänge sind weiter im Gespräch. Ein Kommentar.
Was für eine Stimmung im Hexenkessel Ruhrstadion, was für ein Spektakel: Der VfL Bochum hat zum Start in die Rückrunde aus einem 0:3 ein 3:3 gegen das Starensemble von RB Leipzig gemacht. Mit Leidenschaft, Teamgeist und den fantastischen Fans im Rücken, die auch nach dem Rückstand ihre Mannschaft anfeuerten und in der zweiten Halbzeit zur famosen Aufholjagd trieben. Bochum lebt im Abstiegskampf. Nach dem mühsam erarbeiteten 1:0 im Schlüsselspiel gegen St. Pauli folgte ein Torfestival gegen den Champions-League-Klub.
Und das ohne die erhoffte Verstärkung im Winter! Denn die stärksten „Neuzugänge“ sind längst da.
Bereits seit Ende November kann Hecking auf den nach Transfergerüchten und -Optionen zuvor lange verletzten Bernardo zurückgreifen. Der Brasilianer hat großen Anteil daran, dass sich die Defensive unter Hecking stabilisiert hat.
VfL Bochum: De Wit und Boadu ragen heraus
Gegen Leipzig ragten Dani de Wit und Myron Boadu heraus. Neben Ibrahima Sissoko, der schon lange eine feste Größe ist, waren sie die Königstransfers des Sommers. Beide aber kamen aus unterschiedlichen Gründen bisher nicht zum Zug unter Hecking.
Stürmer Boadu, ausgeliehen von AS Monaco, war lange verletzt, ließ dann laut Hecking im Training die nötige Power vermissen. Der Trainer hat es geschafft, das aus ihm herauszukitzeln, wofür ihn der VfL unter Federführung des im Oktober geschassten Ex-Sportdirektors Marc Lettau geholt hatte. Seine Technik, seine Wendigkeit, seine Qualität im Abschluss benötigt Bochum im Abstiegskampf. Erstmals spielte Boadu nun unter Hecking von Beginn an - und lieferte mit einem 13-Minuten-Hattrick. Bleibt er dran und gesund, kann er zum Abstiegskampf-Helden werden: Boadu ist der lange vermisste Torjäger.
Dani de Wit hat Hecking für seinen Charakter, seine Führungsqualitäten, seine Trainingsleistungen immer gelobt - und immer nur eingewechselt. Gegen Leipzig durfte er erstmals unter ihm von Beginn an ran. De Wit war wie immer laufstark - aber diesmal rannte er nicht im luftleeren Raum, sondern er war auch sofort im Spiel. Der Niederländer war präsent, ging voran, als Bochum am Boden lag, zeigte sich enorm passsicher, opferte sich defensiv fürs Team auf. Er dirigierte seine Mitstreiter als kluger Stratege, scheute keinen Zweikampf. Als offensiver Achter brachte er seine spielerischen Qualitäten vor allem nach der taktischen Umstellung auf ein 4-3-3 ein.
Dani de Wit ist ein Teamplayer, ein Profi, wie „man ihn sich als Trainer nur wünschen kann“, hat Hecking neulich gesagt. Gegen Leipzig lieferte de Wit, er dürfte auch in Mönchengladbach erste Wahl sein - nicht nur, weil der gesetzte Zweikämpfer Matus Bero gesperrt ist.
Noch muss Konstanz auch auswärts her beim VfL Bochum
War das Leipzig-Spiel der Startschuss zu einer erforderlichen bärenstarken Rückserie nach verkorkster Hinrunde? War es die Wende für Boadu und de Wit? Noch müssen es die potenziellen Unterschiedspieler, muss das gesamte Team sein Leistungslimit konstanter bestätigen, gerade auswärts, wo ja erst eine Woche vor dem Leipzig-Festival in Mainz wenig zusammengelaufen war. Klar ist aber bereits: Spieler der Kategorie de Wit und Boadu in der Leipzig-Form wird der VfL im Winter nur schwer holen können.
Trainer Hecking und Geschäftsführer Ilja Kaenzig haben stets betont, dass nur Soforthilfen, die zudem charakterlich zum Team und zur Abstiegskampf-Mentalität passen, als Wintertransfers infrage kommen. Diese Ruhe nach innen wie nach außen zahlt sich aus.
Kader kann noch kleiner werden - Zugänge möglich
Hecking ist kein Zauberer. Mit seiner ehrlichen Art, seiner Ausstrahlung und mit einfach wirkenden Mitteln, die im hektischen Fußball hier und dort aus der Mode gekommen sind, hat er auch den Teamgeist auf mögliches Retter-Niveau gehoben. Dazu zählte es, den Kern zu stärken, den Kader zu verschlanken. Den Wechseln von Moritz-Broni Kwarteng, Agon Elezi und Aliou Balde dürften noch weitere folgen. Noah Loosli etwa spielt in der Bundesliga weiterhin keine Rolle. Torwart Manuel Riemann ist weiterhin nur die Nummer drei, Lukas Daschner nur Kurzzeit-Joker.
Ob auch Spieler des 18-Mann-Gerüsts noch gehen, hängt dann von Neuzugängen ab. Die Suche hat der VfL nicht über Nacht eingestellt, Geld ist - im VfL-Rahmen - vorhanden. Bedarf ist aktuell wohl in erster Linie auf den offensiven Außenbahnen - vor allem, wenn Hecking künftig häufiger auf ein 4-3-3 wie in der zweiten Halbzeit gegen Leipzig setzt. Der Grieche Georgios Masouras kann alle Sturmpositionen besetzten, spielt bevorzugt außen - und bleibt ein heißer Kandidat. Kommt noch ein zentraler Mittelfeldmann, könnte der VfL auch noch Spieler wie Daschner oder Mats Pannewig abgeben oder ausleihen. Aber auch nur dann.
Das Winter-Transferkarussel wird jetzt und in den nächsten zwei Wochen, wenn noch die Spiele in Gladbach und gegen Freiburg anstehen, noch einmal Fahrt aufnehmen. Boadu und de Wit, das gesamte VfL-Team haben die Messlatte am Samstag noch höher gelegt - zumindest für neue „Soforthilfen“.
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