Bochum. Bochums Stürmer Boadu gelang ein Hattrick gegen Leipzig. Er spricht über Kritik vom Trainer, die Fans, den Teamgeist unter den Stürmern. Eine Einsatzgarantie hat er nicht.
Die Fans sangen ausgelassen seinen Namen. Seine Mitspieler schickten Myron Boadu noch ein paar Meter näher zur Ostkurve, vor dem Rest des Teams tanzte der Held des Tages ein paar fröhliche Augenblicke mit den Anhängern. „Es war ein Traum heute“, sagte er wenig später ganz ruhig, gewinnbringend lächelnd in der Interviewzone des Ruhrstadions, das er zum Beben gebracht hatte. „Die Fans haben uns heute so viel Energie gegeben, wir wollten das zurückzahlen. Es fühlt sich an, als seien hier 70 oder 80.000. Es ist unglaublich, das zu erleben, das ist crazy“, sagte der Niederländer in fließendem Englisch.
Boadu: Drei Treffer in 13 Minuten lassen Ruhrstadion beben
Boadu machte aus einem Frust-0:3 gegen die Stars von RB Leipzig nach der Pause ein Spektakel. Verrückt eben, crazy. Im Stile eines Torjägers, technisch anspruchsvoll vollstreckte der 24-Jährige die Flanke von Gerrit Holtmann zum 1:3, zeigte seinen Torinstinkt im Fünfmeterraum beim 2:3, verwandelte den Elfmeter zum 3:3. Hattrick in 13 Minuten!
Drei Tore in einem Spiel hat der Sommerzugang mal für seinen Ex-Klub AZ Alkmaar in der niederländischen ersten Liga geschafft, „aber nicht in 13 Minuten.“ Erneut lächelte er, erneut sagte er: „crazy“. Boadu ist erst der zweite Bochumer, dem in der Bundesliga ein lupenreiner Hattrick gelingt. Zuvor hatte das nur Frank Schulz am 9. Mai 1987 gegen Mannheim geschafft. Drei VfL-Tore in einem Spiel glückten zuletzt Stanislav Sestak beim 3:0 in Hoffenheim im April 2009 - zwei Tore erzielte er vor, eins nach der Pause.
Der VfL sucht Offensivverstärkungen - ein Torjäger aber ist längst da! Einer, der es jetzt auch zeigen darf. Oder kann. Zwei Monate fiel Boadu ab Oktober aus wegen einer Schambein-Entzündung, schmorte danach ohne Einsatz dreimal auf der Bank, kam unter Trainer Dieter Hecking bisher nur zu einem 20-Minuten-Einsatz in Mainz. Und holte sich öffentlich einen Rüffel ab vom Coach, der auf der Pressekonferenz vor dem Mainz-Spiel Anfang des Jahres seine Trainingsleistung stark kritisiert hatte. Boadu müsse mehr tun, um Ansprüche zu stellen, müsse „aus den Puschen kommen“.
Hecking über Boadu: Qualität, die wir so nicht haben
Zwei Tage später gab es ein klärendes Gespräch zwischen Hecking und Boadu. „Es war ein sehr gutes Gespräch, auch für mich wichtig, ihn besser zu verstehen“, sagte Hecking. „Er hatte eine schwierige Phase, war verletzt, da konnte er nichts für. Aber er war lange körperlich nicht auf Bundesliga-Niveau“, sagte Hecking, der eine Trainingsleistung von Boadu nicht passte. „Wenn mich etwas nervt, dann nervt es mich und sage ich es auch“, so Hecking und fügte zufrieden an: „Heute lobe ich ihn. Er hat geliefert.“
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Boadu nahm die Kritik sportlich, räumte Fehler ein. „Wir sind Profis, er hatte ja Recht. Ich war etwas frustriert, weil ich so lange nicht gespielt habe. Aber der Coach hat mir gesagt, dass er Vertrauen in mich hat, das meine Zeit kommen wird“, sagte Boadu. „Er ist ein ehrlicher Mensch. Er war etwas verärgert, ich war etwas verärgert, wir wollen aber beide das Beste für das Team. Wir haben unter Männern über die Situation gesprochen, wir sind keine Kinder. Er hat mir sehr klar gesagt, was er von mir sehen will. Ich tue alles, was ich kann. Myron Boadu ist zurück: Das wollte ich jedem, auch dem Trainer, zeigen.“
Dabei stand der Plan mit Boadu seit Tagen fest. Bereits am Mittwochabend, nach dem 1:0 gegen St. Pauli, als er gar nicht zum Einsatz kam, hatte ihm der Trainer mitgeteilt, dass er „nicht sauer“ sein solle, dass er gegen Leipzig starten werde, erklärte Hecking.
Boadu habe seine Stärken auf den Platz gebracht. „Er hat diese Abschluss-Qualität, die wir so nicht im Kader haben. Er hat das Selbstverständnis, das ein Stürmer braucht, ein Näschen. Mit ihm haben wir eine Waffe im Team, die vorher etwas untergangen ist. Wenn er den Schwung mitnimmt, so weitermacht, kann er uns weiterhin noch sehr helfen.“
Elfmeter: Auch Bero und Broschinski wollten schießen
Nach seinem schnellen Doppelpack nach der Pause schien denn auch klar zu sein, dass Boadu sich den Elfmeterball schnappt. Matus Bero und Moritz Broschinski hätten auch gerne geschossen, erzählte Boadu. „Matus hat mich gefragt, ob ich mir sicher bin. Ich habe ihm gesagt, ich bin selbstbewusst.“ Boadu ließ Torwart Peter Gulacsi mit einem überzeugten Schuss halbhoch rechts keine Chance.
Der 24-Jährige, ausgeliehen von der AS Monaco, führt nach seinen Saisontreffern drei bis fünf trotz erst acht Einsätzen, davon fünf von Beginn an, die interne Schützenliste nun klar an. Bero kommt auf drei, Philipp Hofmann auf zwei Tore. Dass Boadu jetzt eine Startelf-Garantie hat beim Auswärtsspiel in Mönchengladbach am kommenden Samstag (18.30 Uhr), wollte Hecking aber keinesfalls bestätigen – nicht nur, um die Spannung im Training hochzuhalten.
Boadu schwärmt vom guten Teamgeist beim VfL Bochum
Ob Philipp Hofmann, Moritz Broschinski, Myron Boadu oder zwei von ihnen - wie gegen Leipzig - spielen, hänge auch immer vom Gegner ab. Hofmann traf gegen St. Pauli, kam diesmal erst in Minute 90 – und feierte als Reservist als Erster mit Boadu dessen Treffer zum 3:3. Ein Zeichen, wie intakt der Teamgeist ist beim VfL, das betonte auch Boadu. „Hoffi ist ein toller Typ, er hat mir auch heute in der Halbzeit gesagt, ich soll weiter einfach alles versuchen“, so Boadu. „Auch mit Broschi (Moritz Broschinski, die Red.) verstehe ich mich gut, wir drei, eigentlich alle im Team haben eine gute Beziehung zueinander, das kenne ich aus früheren Klubs in der Form nicht so“, schwärmte der Stürmer. „Gegen St. Pauli hat Hoffi getroffen, heute ich – vielleicht in Gladbach dann Broschi.“ Boadu lächelte. Es wäre: crazy.
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