Bochum. Trainer Dieter Hecking sah viel Gutes bei den Testspielen des VfL Bochum, bemängelt aber auch altbekannte Defizite. Einige Spieler empfehlen sich.

Dieter Hecking stand stundenlang im Regen beim Testspiel-Doppelpack des VfL Bochum zum Start ins neue Jahr. Doch die Laune des Bochumer Trainers passte keineswegs zum Wetter. Nach dem 6:2 gegen den Viertligisten Wuppertaler SV, bei dem Torwart Manuel Riemann in der zweiten Hälfte sein Comeback gab, und dem 1:0 gegen den niederländischen Erstligisten Heracles Almelo war der Coach „angesichts der schwierigen Verhältnisse“ auf tiefem, rutschigem Rasen vor allem auf dem Leichtathletik-Platz beim Spiel gegen den WSV, aber auch im Ruhrstadion zufrieden.

„Es hatten fast alle Spieler viel Einsatzzeit. Wir haben beide Spiele gewonnen, da holt man sich Selbstvertrauen. Das war für unseren Weg wichtig“, bilanzierte Hecking, dessen Team vor dem Jahreswechsel mit dem 2:0 gegen Heidenheim die Hoffnung auf den Klassenerhalt genährt hatte. Am nächsten Samstag, 11. Januar, geht es in Mainz weiter.

„Die Spielfreude ist da, das Vertrauen in der Gruppe untereinander ist da, die Abläufe sind klar. Ich sehe ein stabiles Gebilde, das hoffentlich auch in Mainz zu sehen ist“, meinte Hecking nach dem zweiten Test. „Das wird natürlich nochmal ein anderes Spiel. Aber wir haben viel Kritik bekommen, heute darf es auch mal Lob geben.“

„Fußballerisch ansehnlich“: Hecking mit 6:2 gegen WSV zufrieden

Dabei sah man zwei verschiedene Partien mit unterschiedlich starken Gegnern. Gegen den schwächeren Wuppertaler SV probierte es Hecking defensiv mit bisherigen Reservespielern wie Erhan Masovic, insgesamt spielten wenig Stammkräfte. Achter Matus Bero aber zählt zweifellos dazu. Er bildete mit Kapitän Anthony Losilla als Sechser und Mats Pannewig als halblinker Achter das Zentrum im 4-3-3. Die Defensive war selten gefordert. „Trotz der schwierigen Verhältnisse fand ich es fußballerisch sehr ansehnlich. Wir hatten viele gute Aktionen, haben viele Chancen herausgespielt und sechs Tore erzielt“, so Hecking.

Dabei hätten wie erhofft „einige den Kopf rausgestreckt“, sagte Hecking. „Samuel Bamba war sehr auffällig, nicht nur wegen seiner beiden Tore, Koji Miyoshi hat gut gespielt, ebenso wie Mats Pannewig im Mittelfeld. Hinten hatten wir die nötige Stabilität, Erhan Masovic etwa war sehr aufmerksam.“

Pannewig sehr präsent - Miyoshi wirbelt nach der Pause

Pannewig war vor allem in der ersten Hälfte sehr präsent, erzielte das erste Tor im neuen Jahr. Die weiteren VfL-Treffer steuerten Anthony Losilla, Samuel Bamba vor der Pause sowie Philipp Hofmann, ansonsten im Abschluss eher unglücklich, Koji Miyoshi und erneut Bamba bei. Das erste Gegentor fiel aus einer Abseitsposition, das zweite nach einem Ballverlust von Losilla, „das darf uns so natürlich nicht passieren, da wollten wir zu viel“, meinte Hecking. Denn sein VfL verzichtete weitgehend auf lange Bälle, suchte stets von hinten heraus spielerische Lösungen. Oft mit Erfolg.

So konnte Bamba mit etlichen Tempoläufen, scharfen Pässen ins Zentrum und Flanken auf der linken Angriffsseite weiter auf sich aufmerksam machen, nachdem der vom BVB II gekommene junge Flügelstürmer bisher enttäuschte in dieser Saison. Hecking gab ihm schon mit seiner Einwechslung gegen Heidenheim ein Zeichen, dass er ihm deutlich mehr zutraut - ein Wechsel scheint erstmal kein Thema zu sein.

Miyoshi blühte als rechter Außenstürmer vor allem im zweiten Durchgang auf, wird gegen Mainz aber noch Rot-gesperrt fehlen.

VfL Bochum mit Stamm-Defensive gegen Heracles Almelo

Die meisten Profis der Heidenheim-Startelf agierten dann gegen den Tabellenfünfzehnten der Eredivisie: Torwart Drewes, die Dreier-/Fünferkette mit Passlack, Oermann, Ordets, Bernardo, Wittek davor, Zweikämpfer Sissoko als Sechser. Mit ihnen ist auch in Mainz zu rechnen. Im zweiten Abschnitt durfte Noah Loosli Spielpraxis für Oermann sammeln.

„Almelo war ein besserer Gegner, hat uns voll gefordert, auch in der Abstimmung. Wir haben defensiv nicht viel zugelassen“, bilanzierte Hecking. Sein Team attackierte hoch, „mit viel Risiko, das wir in der Bundesliga nicht ganz so gehen sollten“, meinte der Coach. „Trotzdem haben wir stabil gestanden.“

Der VfL hatte ein klares Übergewicht und Chancenplus, so trafen Moritz Broschinski und Dani de Wit nur den Pfosten. Dreimal allerdings wurde es auch brenzlig. Zweimal klärte Ivan Ordets kurz vor der Linie, einmal half der Pfosten - und Drewes parierte kurz vor Schluss einen Elfmeter, als der VfL trotz 1:0-Führung in einen Konter lief und Ordets den enteilten Podgoreanu foulte. Man habe zwei Chancen zu viel zugelassen, monierte Hecking. „Am Ende hälft uns Patti den Sieg fest, das tut ihm auch mal gut.“

Testspiel: VfL Bochum - Heracles Almelo, 05.01.2025
Myron Boadu gelang bei seinem Comeback das 1:0-Siegtor für Bochum gegen Heracles Almelo. © IMAGO/Beautiful Sports | IMAGO/BEAUTIFUL SPORTS/Meusel

Nach vorne ist Luft nach oben: „Gier fehlte“

Offensiv dagegen lief es nicht so rund wie erhofft. Als Achter durften sich Lukas Daschner und Dani de Wit zeigen, immer wieder rotierten sie nach hinten wie vorne, nach links wie rechts im Verbund mit Sissoko. „Sie haben gezeigt, dass sie da sind“, meinte Hecking. Vor allem de Wit gefiel mit viel Laufarbeit, den entscheidenden Impuls aber konnte der Sommerzugang erneut nicht geben.

Im Angriff feierte Myron Boadu neben Moritz Broschinski, der nicht seinen besten Tag hatte, sein Comeback. Es gab Abstimmungsprobleme beim Anlaufen, „die Abstände waren zu groß“, monierte Hecking. Boadu kam schwer ins Spiel, es war nach langer Verletzungspause allerdings sein erster Einsatz seit drei Monaten. Im Pressing müsse er sich steigern, sagte Hecking, „wenn er Ansprüche anmelden will“. In der Box aber habe er viel Qualität, die helfen könne. Wie beim 1:0, als er im Fallen mit links ins linke Eck einnetzte.

Insgesamt steigerte sich der VfL im zweiten Durchgang, ließ über die gesamte Distanz aber zu viele Chancen liegen. „Wir hatten nach vorne noch nicht so die Gier, das Tor zu erzielen bei einigen Halbchancen“, kritisierte Hecking verpasste Möglichkeiten von Boadu, de Wit, Broschinski. „In der zweiten Halbzeit haben wir dann aber noch eine Schüppe draufgelegt.“

Maxi Wittek: „Haben uns Vertrauen erarbeitet“

Unterm Strich sah man gegen Almelo einen VfL, der das Hecking-System immer mehr verinnerlicht, der kompakter agiert und mutiger attackiert, mit mehr Selbstvertrauen auftritt, spielerisch klare Fortschritte zeigt. „Das geht nur über Vertrauen, wenn einer weiß was der andere macht. Das haben wir uns in den letzten Wochen erarbeitet“, meinte Maximilian Wittek, der viele Aktionen nach vorne hatte, eine gute Partie lieferte. „Das haben wir uns in den letzten Wochen erarbeitet.“

Auch Wittek übersah aber natürlich nicht, dass der VfL offensiv zu harmlos auftritt. Boadu, ein Hoffnungsträger, benötigt sicherlich noch einige Zeit bis zur erhofften Bestform. Moritz-Broni Kwarteng kam gar nicht zum Einsatz, „er hatte Adduktorenprobleme“, erklärte Hecking. In der Offensive will sich der Klub noch verstärken. Ob es gelingt, ist allerdings völlig offen.

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