Essen. Rot-Weiss Essen hat erstmals in dieser Saison zwei Siege in Folge eingefahren. Warum RWE nach dem Aachen-Spiel die Wende gelungen ist.
Es waren zwei kleine, aber sehr wichtige Schritte, die Rot-Weiss Essen in Richtung Klassenerhalt gemacht hat. Ein deutlicher 5:1-Sieg gegen den direkten Konkurrenten Hannover 96 II und ein überraschender 2:1-Erfolg bei Arminia Bielefeld haben RWE vom vorletzten Tabellenplatz in der 3. Liga auf Rang 16 katapultiert, den ersten Nichtabstiegsplatz.
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„In unserer Situation war es ganz wichtig, den zweiten Dreier in Folge zu setzen“, sagte RWE-Trainer Uwe Koschinat nach dem Coup auf der Alm, seiner alten Wirkungsstätte. „Ich glaube, dass die Menschen erkannt haben, dass diese Truppe bereit ist, sich mit allem zu wehren, und das wir so auch für eine Überraschung sorgen können.“
Rot-Weiss Essen kann eine Serie starten
Es ist jedoch nicht nur auf die Grundtugenden des Fußballs zurückzuführen, dass Rot-Weiss Essen nach dem ernüchternden Fehlstart in Aachen (0:2) am Samstag (14 Uhr) gegen Tabellenschlusslicht SpVgg Unterhaching die Chance hat, eine Serie zu starten und sich dem Mittelfeld der Tabelle zu nähern. Wir nennen drei Gründe für den Aufschwung an der Hafenstraße, der die Zuversicht bei Fans und Verantwortlichen wieder wachsen lässt.
Winter-Zugänge
Personell hat sich viel getan in der Winterpause, darauf wurde schon weit vor dem Jahreswechsel hingearbeitet. Nach der 1:2-Niederlage am 10. November bei Erzgebirge Aue erklärte RWE-Boss Marc-Nicolai Pfeifer gegenüber dieser Redaktion, dass die Essener ihren Kader aufgrund des enttäuschenden Saisonverlaufs verstärken wollen. Vier Spieler wurden für die Mission Klassenerhalt verpflichtet, zudem konnte Stürmer Marek Janssen für die kommende Saison unter Vertrag genommen werden.
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Drei Spiele reichen für eine aussagekräftige Bewertung noch nicht aus, doch die neuen Spieler haben schon angedeutet, dass sie den Essenern weiterhelfen können. Klaus Gjasula verpasste krankheitsbedingt den Auftakt in Aachen, das machte sich auf dem Tivoli bemerkbar. In der Vorbereitung sowie gegen Hannover und Bielefeld nahm der 35-Jährige sofort die Chefrolle im RWE-Team ein. Der frühere Bundesliga-Profi ist genau der Spieler, den die Essener für die wichtige Position auf der Sechs ein halbes Jahr vermisst haben.
Rot-Weiss Essen: Mehr Qualität und Konkurrenzkampf
Dominik Martinovic stand in allen drei Partien auf dem Platz. Gegen Aachen war er nicht im Spiel, gegen Hannover und Bielefeld überzeugte der 27-Jährige auch ohne eigenen Treffer mit zwei Vorbereitungen sowie mit seiner Dynamik und Kampfkraft. Auch Matti Wagner, die 19-jährige Leihgabe von Greuther Fürth, machte als Vertreter von Lucas Brumme in Bielefeld ein gutes Spiel. Fielen Brumme oder Julian Eitschberger in der Hinrunde aus, fehlte die Qualität in der Breite, um das aufzufangen. Nun haben die Essener mehr Möglichkeiten, Kaito Mizuta (Arminia Bielefeld) ist eine weitere Option für die Offensive. Die neue Qualität und der Konkurrenzkampf machen RWE deutlich stärker und unberechenbarer.
System-Umstellung
In den Vorbereitungsspielen und in Aachen agierten die Essener in einer 4-2-3-1-Formation. Gegen Emmen und Dresden sah das gut aus, am Tivoli konnte so gut wie nichts von dem umgesetzt werden, was sich Koschinat von seiner Mannschaft gewünscht hatte. Die Siege gegen Hannover und Bielefeld fuhren die Essener in einem 3-5-2-System ein, das aktuell besser zum Kader passt. Martinovic hing in Aachen als einzige Spitze in der Luft, an der Seite des schnellen Ramien Safi fühlte er sich gegen Hannover deutlich wohler. Auch Ahmet Arslan funktionierte in Bielefeld als hängende Spitze neben Martinovic. Die Stärken des früheren Dynamo-Profis liegen ohnehin im Offensivbereich.
Rot-Weiss Essen: Viele Spieler fühlen sich im 3-5-2 wohler
Auch die Defensive profitiert von der Dreierkette. José-Enrique Rios Alonso gab nach dem Hannover-Spiel zu, dass die Umstellung ihm und seinen Nebenleuten geholfen habe. Zusammen mit Michael Schultz und dem in Bielefeld überzeugenden Tobias Kraulich bilden die drei Innenverteidiger aktuell eine formstarke Abwehrkette. In Julian Eitschberger, Lucas Brumme und Matti Wagner hat RWE zudem die passenden Schienenspieler für dieses System. Eitschberger hatte schon während der Hinrunde betont, dass er seine rechte Seite auf der Schiene vor allem offensiv intensiver „beackern“ könne.
Uwe Koschinat
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Zumindest die Ergebnisse ließen nach dem Spiel in Aachen vermuten, dass der Trainerwechsel bei Rot-Weiss Essen verpufft ist. Koschinat startete mit nur einem Punkt aus seinen ersten drei Spielen. Nun folgten die ersten beiden Siege Doch die Handschrift des 53-Jährigen spiegelt sich nicht nur in den Resultaten wider. Die RWE-Profis haben mit und gegen den Ball einen klaren Plan. Im Spielaufbau geht es deutlich schneller und zielstrebiger nach vorne. Das unter Christoph Dabrowski bekannte Risiko in der Spieleröffnung wurde minimiert, was sicher auch der tabellarischen Situation geschuldet ist. Zudem strahlt RWE nun Gefahr bei Standardsituation aus, drei Tore fielen so gegen Hannover. Darauf hat der Trainer großen Wert gelegt.
Rot-Weiss Essen: Unter Koschinat wird mit Leidenschaft verteidigt
Zu einer entscheidenden Aufgabe hatte es Koschinat gemacht, eine Lust am Verteidigen zu entwickeln. Die defensive Stabilität der Essener war in der Hinrunde nicht ausreichend, zu viele hochkarätige Chancen des Gegners wurden zugelassen. Dieses Problem ist noch längst nicht behoben, auch in Aachen und beim 5:1 gegen Hannover ließ RWE einiges zu. In Bielefeld stand Essen eine Halbzeit sehr stabil und verteidigte in der zweiten Halbzeit mit viel Leidenschaft. Das entsprach dem, was sich der Trainer vorstellt.
Eine klare Ansprache, eine eindeutige Spielphilosophie und keine Angst vor harten Entscheidungen (Boyamba) haben ihm den Respekt des Teams eingebracht. Ahmet Arslan fasst es nach dem Sieg auf der Alm zusammen: „Diese Klarheit, dieses Akribische, dieses Unermüdliche - das hat er schon reingebracht. Und das ist es auch, was wir brauchen.“
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