Bielefeld. Essens Torschütze zum 2:0 in Bielefeld sieht Rot-Weiss Essen vom größten Druck befreit. Ahmet Arslan erläutert die Gründe für den RWE-Aufschwung.
Ahmet Arslan hat einen Lieblingsausdruck, wenn es um die Spielweise bei Rot-Weiss Essen geht: „Eklig sein“. So gesehen war es für ihn der perfekte Fußballnachmittag auf der Bielefelder Alm. In der ersten Halbzeit wurden alle Räume zugelaufen, um nach gut einer Stunde den Zuckerguss über den Kuchen zu geben und eiskalt den Konter zum 2:0 zu fahren. Das dickste Lob heimste sich der Essener bereits in der Pause im Kabinengang vom gegnerischen Trainer ein: „Au, Mann, wir kriegen dich gar nicht zu greifen.“
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Am Ende war es ein verdienter Sieg, vor allem fürs RWE-Gemüt. „Ich glaube, dass wir alle sehr sehr gut gegen den Ball gearbeitet haben, dass es kein Thema mehr war, Intensität ins Spiel reinzubringen“, so Arslan, der dabei sicherlich an den missglückten Rückrundenauftakt in Aachen dachte. Angefangen in erster Angriffslinie, wo Meter um Meter von Dominik Martinovic und ihm abgerissen wurden, „aber wir haben auch gut Fußball gespielt, sodass sie überhaupt keinen Zugriff auf uns bekommen haben. Wir waren sehr sehr schwer zu greifen.“
Rot-Weiss Essen war in Bielefeld „mutig“
Und es waren darüber hinaus die zwei schnellen Tore gegen Hannover, die noch nachwirkten. „Heute waren wir mutig, diese Sicherheit haben wir heute mit ins Spiel genommen. In der Hinserie hatten wir vom Kopf her nicht dieses Selbstbewusstsein.“ Essens hängende Spitze ist der Meinung, dass man nun „einen Riesenschritt nach vorne“ gemacht habe, das habe sich schon in der Wintervorbereitung abgezeichnet, auch wenn das Spiel in Aachen „ein kleiner Dämpfer“ war.

Mit dem Tor in Bielefeld, womit letztlich der Deckel auf der Partie war, obwohl die Arminia noch zum Anschlusstreffer kam, erfüllte Arslan auch die Vorgaben seines Trainers und ließ die Riesenchance gegen Hannover, als er aus drei Metern den Ball auf die Osttribüne jagte, vergessen: „Natürlich weiß ich, dass ich den machen muss, aber ich habe Mitspieler und Trainer um mich herum, die dann sagen: Hey, das wäre das 4:0 gewesen, mach lieber den entscheidenden. Genau so kam es heute.“
„Wir müssen immer an hundert Prozent rankommen, dann ist es schwer, gegen uns zu gewinnen“
Der Sieg gegen einen Aufstiegskandidaten, der sich viel für die Rückrunde vorgenommen hat, ist natürlich auch ein rot-weisses Statement an die Konkurrenz, wenn jetzt Gegner in der kommenden Zeit kommen, gegen die RWE nicht der Außenseiter ist. Davor warnt der Routinier aber: „Das darf in der Situation, in der wir stecken, für uns keine Rolle spielen. Wir hatten in der Hinserie Mannschaften von oben wie Cottbus, die haben wir besiegt (4:0), und dann haben wir gegen die Mannschaften von unten nicht die Ergebnisse geliefert wie wir wollten. Ich habe jetzt aber auch in der Kabine das Gefühl: es ist gar nicht so wichtig, gegen wen wir am Wochenende spielen. Wir müssen versuchen, unsere Leistung abzurufen; wir sind eine Mannschaft, die immer irgendwie an hundert Prozent rankommen muss - dann ist es schwer, gegen uns zu gewinnen.“
Rot-Weiss Essen kann jetzt eine Serie starten
Dafür sei unter der Woche im Training richtig Dampf drin, nun kommt am Wochenende Unterhaching, das Schlusslicht, da dürfe der Name keine Rolle spielen: „Das Hinspiel haben wir verloren, darum ist es für uns auch ein guter Gegner - so ehrlich muss man sein. Aber wir wissen seit gestern und letzter Woche auch, dass es schwer ist, gegen uns zu gewinnen.“ Und: Man könne sich für die zwei Siege nichts kaufen, wenn es nicht gelänge, gegen Unterhaching nachzulegen. Aber da ist Arslan gewohnt kämpferisch: „Das Hinspiel, oder das jetzt, das sind zwei völlig unterschiedliche Paar Schuhe: Wir spielen gegen Haching, wir spielen zu Hause an der Hafenstraße. Das, was wir heute und letzte Woche den Fans geboten haben, das ist das, was sie verdienen - und daran müssen wir anknüpfen.“
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Und solche Siege würden doch alles versüßen: „Ich weiß doch, wie es ist, wenn du verlierst und nicht gut spielst. Dann hast du zwei, drei Tage schlechte Laune und schlaflose Nächte. So etwas wie heute musst du dann auch mal genießen, heute und morgen. Natürlich ist es gut für die Köpfe, die werden frei, und da ist es egal, ob du 18 oder 35 bist. Und ich habe das Gefühl, dass die Köpfe bei allen jetzt wieder ein bisschen frei sind.“
Rot-Weiss Essen: Arslan lobt Uwe Koschinat
Einen großen Verdienst an dem Umschwung habe denn auch der neue Trainer, Uwe Koschinat: „Er bringt Klarheit rein, Optimismus, er kennt natürlich diese Phasen, wo Mannschaften unten drin stehen, und er weiß genau, wie er sie handhaben muss. Die Ergebnisse helfen natürlich auch, aber er gibt auch jedem Spieler ein gutes Gefühl, bringt Selbstvertrauen rein, eine klare Linie. Aber auch, dass wir mutig Fußball spielen sollen, weil wir es können, ohne drauf zu kloppen. Da sagt er lieber: Hey, du kannst kicken, hol dir den Ball ab. Diese Klarheit, dieses Akribische, dieses Unermüdliche - das hat er schon reingebracht. Und das ist es auch, was wir brauchen.“