Herne. Robert Peleikis kommt zum Herner EV: Das gab ein großes Echo wegen der Playoffs 2017. Was der Verteidiger heute dazu sagt? Eine Begegnung.

Eishockey-Oberligist Herner EV hat vor der neuen Saison einige bemerkenswerte Transfers getätigt, doch dieser hat bei den Fans mit Abstand das meiste Aufsehen erregt. Als der Wechsel von Robert Peleikis zum Gysenberg verkündet wurde, war das Echo in den sozialen Netzwerken jedenfalls groß.

20 Tore und 49 Vorlagen für den Nordmeister Hannover Scorpions und das als Verteidiger – Zahlen, die jedem Oberligastürmer zur Ehre gereichen würden. Mit solchen Referenzen wird man normalerweise von den Fans mit offenen Armen empfangen, wenn da nicht der Vorfall aus den Playoffs im Jahr 2017 gewesen wäre.

2017: Rabiater Check gegen Aaron McLeod vom Herner EV

Damals hatte der gebürtige Freiburger im Trikot der Hannover Indians einen rabiaten Check von hinten gegen den Herner Angreifer Aaron McLeod gefahren, der sich dabei schwere Verletzungen im Kopf- und Nackenbereich zuzog. Zum Glück trug der Kanadier keine bleibenden Schäden davon und war in der folgenden Saison auf dem Eis wieder ganz der Alte, doch die heftige Attacke ist denen, die sie in der Halle miterlebten, bis heute im Gedächtnis geblieben.

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„Ich weiß, was für einen feinen Menschen und Sportler wir bekommen“, moderierte HEV-Trainer Danny Albrecht, seinerzeit kein Augenzeuge, die Verpflichtung von Robert Peleikis – wie passt eine solche Aussage mit dem damaligen Geschehen zusammen? Die WAZ-Sportredaktion will es genauer wissen und den 27-jährigen Abwehrspieler persönlich kennenlernen.

Eher der nette junge Mann von nebenan

Wir treffen einen offenen und sympathischen Sportler, nicht gebaut wie der sprichwörtliche Kleiderschrank und der auch vom Typ her so gar nicht wirkt wie ein grober Klotz, der die Gesundheit eines Berufskollegen ohne Rücksicht auf Verluste vorsätzlich aufs Spiel setzen würde. Eher schon wie der nette junge Mann von nebenan, der dem betagten Nachbarn auch mal den Müll runterbringt oder einer älteren Dame über die Straße hilft.

Angesprochen auf den Crash von damals wirkt er ehrlich zerknirscht. „Es war einfach eine unglückliche Aktion“, sagt er – gleichwohl wissend, dass er seinerzeit auch ohne den mit einer Sperre von sechs Spielen geahndeten Check gegen McLeod in der Szene als Bad Boy verrufen war. Über 100 Strafminuten pro Saison waren die Regel, doch das hat sich geändert. Im letzten Spieljahr kam er in 56 Einsätzen nur noch auf 54 Strafminuten – für einen Verteidiger absolut im Rahmen.

„Man wird älter und erfahrener“

„Früher hatte ich eine kürzere Zündschnur, aber man wird älter und erfahrener. Ich spiele immer noch hart, aber wenn du gesperrt auf der Tribüne sitzt, kannst du deiner Mannschaft nicht helfen“, sagt Robert Peleikis. Und unversöhnliche HEV-Fans, die an einen Wandel von Mensch und Spieler nicht glauben wollen, finden das beste Gegenbeispiel im eigenen Lager.

Galt auch einst als Raubein: Michél Ackers (re.), Kapitän des Herner EV.
Galt auch einst als Raubein: Michél Ackers (re.), Kapitän des Herner EV. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Auch Michél Ackers galt vor seiner Zeit in Herne als gefürchtetes Raubein – heute ist der Verteidiger verantwortungsvoller Kapitän, Vorbild auf und neben dem Eis und einer der Publikumslieblinge am Gysenberg.

Kanadier nimmt die Entschuldigung an

Dass niemals Worte des Bedauerns aus Hannover bekannt wurden, machte den Vorfall in der öffentlichen Wahrnehmung nicht besser, doch es gab sie. „Ich habe Aaron damals geschrieben“, sagt Robert Peleikis und der Kanadier hat die Entschuldigung angenommen.

Gut möglich, dass sich die Wege der beiden schon bald wieder auf dem Eis kreuzen. McLeod hat einen neuen Vertrag am Westbahnhof unterschrieben, betreibt seine Einbürgerung und die Aussichten der Essener Moskitos auf eine Oberligalizenz stehen dem Vernehmen nach gut.

Danny Albrecht hat fast täglich angerufen

An Identifikation mit seinem neuen Arbeitgeber fehlt es Robert Peleikis jedenfalls nicht: „Es gab auch andere Interessenten, doch das Gesamtkonzept in Herne hat mir einfach am besten gefallen.“ Warum geht man als bester deutscher Oberliga-Verteidiger überhaupt den nach dieser Vorgeschichte durchaus mutigen Schritt vom Nord-Meister zum HEV? „Die Scorpions hatten noch keine neuen Verträge gemacht und Danny Albrecht hat sich schon seit zwei, drei Jahren um mich bemüht. Am Schluss hat er mich fast täglich angerufen. Und wenn man den Meister verlässt, ist der Zweite doch die beste Adresse.“

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Dass mit Stürmer Tomi Wilenius ein ehemaliger Mitspieler aus Hannover ebenfalls nach Herne wechselt, dürfte dem Verteidiger das Ankommen in seinem neuen Team erleichtern. „Wir haben uns auf dem Eis gut verstanden und auch menschlich ist er ein ganz feiner Kerl.“ Auch Marcus Marsall kennt er bereits aus einer gemeinsamen Saison in Bayreuth.

Ankommen – mit harter Arbeit und Leistung

Ankommen bei den Fans will er mit harter Arbeit und Leistung. Auf ihre Rückkehr freut er sich, auch auf die, die ihn damals verdammt haben. Denn an das Spielen in leeren Hallen könne man sich nur schwer gewöhnen. „Anfangs kommt es dir vor wie besseres Training, komplett ohne Emotionen. Man hört zwar die Rufe des Trainers, doch Zeit zum Überlegen, ob du die Anweisungen auch umsetzt, hast du auf dem Eis gar nicht.“

Am 15. August, beim ersten Test gegen die Iserlohn Roosters, will Robert Peleikis den Herner Anhängern durch sein Auftreten auf dem Eis symbolisch die Hand zur Versöhnung reichen. Sie sollten sie nicht zurückweisen und ihm eine faire Chance geben. So, wie sie bisher jedem Neuzugang eine Chance gegeben haben. Und wie man es von den Fans am Gysenberg gewohnt ist.

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