Westfalen. Die Fußballsaison wegen Corona vor dem Abbruch: Wir rechnen vor, welche Klubs im Ruhrgebiet Chancen haben – je nachdem, wie der Verband wertet.

Ein sportliches Finale für die Amateurfußball-Saison 2019/20 wäre das beste, da sind sich alle Beteiligten einig. Durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie ist das aber wohl außer Reichweite, das wissen auch die Vereine: Fast einstimmig sind sie für den Abbruch der Saison.

Die große Frage lautet dann: Wie entscheidet der Verband über die Wertung der Saison? Mehrere Möglichkeiten hat der Verband zur Auswahl, befragt dazu aktuell alle Vereine. Absteigen soll niemand –aber die Aufstiegsfrage ist spannend. Eine Entscheidung fällt erst im Juni endgültig, schon Anfang Mai will der Verbandsfußballausschuss aber eine Empfehlung abgeben.

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„Wir gucken uns jede einzelne Liga an“, hat der FLVW-Vizepräsident Manfred Schnieders im WAZ-Interview versprochen – und bei diesem Blick wird klar, wie schwierig die Entscheidung wird.

Mit welchen Möglichkeiten zu rechnen ist

Welche Ausgänge sind für die einzelnen Staffeln möglich? Folgende Szenarien sind denkbar:

  • Annullierung der Saison: Niemand steigt ab, niemand steigt auf
  • Wertung der Hinrundentabelle
  • Wertung der letzten Tabelle vor dem Abbruch – dann möglicherweise mithilfe eines Punktequotienten wie im Handball, um ausstehende Nachholspiele auszugleichen. Dieser wird so berechnet: Punktzahl geteilt durch die Zahl der Spiele mal 100
  • Wildcards: Aktuell plant der Verband nicht, die Zahl der Aufsteiger zu erhöhen – Manfred Schnieders schließt das im WAZ-Interview aber auch nicht endgültig aus

Hier ist der Blick auf alle Staffeln mit Ruhrgebiets-Beteiligung – von der Oberliga bis zur Bezirksliga

Ausgerechnet in der Oberliga Westfalen ist die Lage wohl mit am kompliziertesten. Wiedenbrück (41 Punkte) führt die Tabelle vor Meinerzhagen (39) und Ahlen (36) an. Ahlen hat aber zwei Spiele weniger absolviert als die beiden Klubs davor.

Auch in der Hinrundentabelle liegt Wiedenbrück vor Meinerzhagen und Ahlen – aber nicht einmal die Hinrundentabelle ist vollständig. Ahlen fehlt die Hinrundenpartie gegen Preußen Münster II, mit einem Sieg könnte Ahlen (33 Punkte, 16 Spiele) noch Meinerzhagen (35 Punkte, 17 Spiele) überholen.

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Wenn man den Punktequotienten ausrechnet, liegt Wiedenbrück auf jeden Fall vorn. Ahlen ist in dieser Rechnung aber sowohl nach der Hinrunde als auch nach der letzten Tabelle vor Meinerzhagen: In der Hinrunde hätte Ahlen den Quotienten 206,2 (33 durch 16 mal 100); Meinerzhagen liegt bei 205,9. Nach der letzten Tabelle hätte Ahlen den Quotienten 200, der RSV Meinerzhagen 195.

Wie sehr die Nachholspiele die Tabelle verzerren, zeigt eine kuriose Rechnung: Der Tabellenelfte Rhynern (155,6) hat einen besseren Quotienten als der Vierte Paderborn 07 (154,5).

Fazit für die Oberliga: Es ist vertrackt. Wiedenbrück sollte auf jeden Fall aufsteigen, Ahlen eigentlich auch. Aber Meinerzhagen liegt nunmal vor Ahlen – da wartet eine schwere Entscheidung auf den Verband. Bestes Szenario: Vielleicht darf Westfalen mithilfe einer Wildcard drei Aufsteiger zur Regionalliga West stellen. Schlimmstes Szenario: Die vertrackte Lage in der Oberliga verhindert eine einheitliche Aufstiegslösung für ganz Westfalen, was zur Annullierung der Saison führt.

Westfalenliga 1: Die halbe Liga kämpfte noch um den Aufstieg

Noch eine Liga zum Kopfzerbrechen – und je nachdem wie der Verband entscheidet, würden die Aufsteiger zur Oberliga ganz anders aussehen. Vorgesehen ist, dass der Meister in jedem Fall aufsteigt, der Tabellenzweite bei freien Plätzen in der Oberliga (die es ohne Absteiger dort aber kaum geben wird).

Tabellenführer ist die SpVgg Vreden (33 Punkte), der Delbrücker SC auf Platz 7 hat aber nur drei Punkte weniger. Das spricht ganz klar dagegen, Wildcards zu vergeben.

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Nach der Hinrundentabelle war die SpVgg Vreden Erster mit 27 Punkten, vor Borussia Emsdetten (26) und Victoria Clarholz (25). Die letzte Tabelle führt Vreden (33) vor den punktgleichen Teams Rödinghausen II, Clarholz und Emsdetten (alle 32). Doch Vorsicht: Clarholz und Emsdetten haben erst 18 Spiele, Rödinghausen und Vreden schon 19

Die Quotienten sehen so aus: Clarholz und Emsdetten (177,8) liegen vor Vreden (173,7). Clarholz hatte die bessere Tordifferenz als Emsdetten.

Fazit für die Westfalenliga 1: Clarholz und Vreden haben sicher gute Argumente, aufsteigen zu wollen – aber auch Borussia Emsdetten darf noch hoffen, wenn der Verband zwei Mannschaften aufsteigen lässt, was in der Aufstiegsregelung ja zumindest ermöglicht wird. Wer am Ende hoch darf: völlig offen.

Westfalenliga 2: Nur Wanne-Eickel war Bamenohl auf den Fersen

Hier ist die Lage deutlich klarer: Die SG Finnentrop/Bamenohl (52 Punkte, 21 Spiele) ist Erster vor dem DSC Wanne-Eickel (46 Punkte aus 20 Spielen). Dahinter kommt nochmal eine Lücke von sechs Punkten.

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Der Punktequotient spricht für Bamenohl: 247,6 (SG) zu 230 (DSC). Auch nach der Hinrundentabelle lag Bamenohl vor Wanne-Eickel, wenn auch nur um einen Punkt. Die Wanner können argumentieren, dass sie mit einem Erfolg im Nachholspiel auf drei Punkte herangerückt wären – und dann noch ein Heimspiel gegen Finnentrop/Bamenohl vor der Brust gehabt hätten. Das sind allerdings viele Konjunktive.

Fazit: Die SG Finnentrop/Bamenohl sollte aufsteigen. Der DSC Wanne-Eickel darf und muss hoffen, dass der Verband zwei Teams zu Aufsteigern ernennt.

Landesliga 1: Ganz klare Sache für Preußen Espelkamp

Nach der Hinrunde hatte Tabellenführer Preußen Espelkamp elf Punkte Vorsprung auf „Verfolger“ SC Peckeloh, auch nach der letzten Tabelle sind es immer noch zehn Punkte Abstand.

Fazit: Da braucht es keinen Punktequotienten – wenn es Aufsteiger gibt, dann ist Espelkamp dabei. Eventueller zweiter Aufsteiger wäre der SC Peckeloh, im Zweifel wegen der besseren Tordifferenz gegenüber Bad Oeynhausen nach der Hinrunde.

Landesliga 2: Hagen 11 zog an Dröschede vorbei – hat aber das Nachsehen

Hier wird es wieder knifflig zwischen der Spvg. Hagen 11 und Borussia Dröschede: Dröschede war Herbstmeister mit zwei Punkten Vorsprung. Bis zur Unterbrechung der Saison im März zog Hagen 11 aber vorbei, hat 43 Punkte aus 18 Spielen, Dröschede hat 41 Punkte bei einem Spiel weniger. Das sorgt dafür, dass Dröschede den besseren Quotienten hat als Hagen (241,2 zu 238,9).

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Die Verfolger RW Erlinghausen und SC Obersprockhövel liegen dagegen schon ein gutes Stück zurück.

Fazit: Ob die Hinrundentabelle gewertet wird oder die letzte Tabelle anhand des Punkteschnitts: In jedem Fall steht Dröschede besser da als Hagen 11. Hagen wäre im Zweifelsfall zweiter Aufsteiger.

Landesliga 3: Bövinghausen hat wohl vergeblich aufgerüstet

Für viel Aufsehen sorgte der TuS Bövinghausen seit dem Sommer: Unter großem finanziellen Einsatz holte der kleine Club aus dem Dortmunder Westen mehrere Oberliga-Spieler, vor allem von Westfalia Herne. Auch nach der Trennung von Trainer Thorsten Legat sorgte der Club für viele Schlagzeilen – aber nicht für den erhofften sportlichen Erfolg.

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Nach der Hinrunde betrug der Rückstand auf Wacker Obercastrop satte neun Punkte. Im Winter rüstete Bövinghausen nochmal auf, kam bis zuletzt auf sieben Punkte heran und hatte noch ein Nachholspiel in der Hinterhand. Aber: Der Punktequotient von Obercastrop (238,1) ist immer noch besser als der von Bövinghausen (215).

Fazit: Nur wenn der Verband zwei Aufsteiger zulässt, hat Bövinghausen den Aufstieg erreicht. Wenn nicht, hat Tabellenführer Obercastrop vorgemacht, wie es gehen kann: Weniger Rummel, mehr Punkte.

Landesliga 4: Kinderhaus ist klar vorne, dahinter ist es eng

Westfalia Kinderhaus war nach der Hinrunde Tabellenführer dank der besseren Tordifferenz gegenüber dem SV Mesum. Zuletzt lag Kinderhaus aber nach Punkten vorne – und hatte sogar noch ein Nachholspiel in der Hinterhand.

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Spannender ist die Frage, wer ein mögliches zweites Aufstiegsrecht hätte: Nach der Hinrunde war Mesum Zweiter. Zum Zeitpunkt des Abbruchs war aber Rot-Weiß Deuten Tabellenzweiter (19 Spiele, 37 Punkte, Quotient 194,7) vor Mesum (18 Spiele, 34 Punkte, Quotient 188,9).

Fazit: Mit 38 Punkten aus 18 Spielen sowie dem Herbstmeistertitel wäre Kinderhaus in jedem Szenario Aufsteiger, falls die Saison nicht doch annulliert wird. Dürfen zwei Teams aufsteigen, stellt sich die Frage: Deuten oder Mesum?

Bezirksliga 8: Türkspor Dortmund setzt sich von Körne ab

Nach der Hinrunde lagen Türkspor Dortmund und DJK TuS Körne noch gleichauf mit 36 Punkten an der Spitze, Großkreutz-Club TSD hatte allerdings die bessere Tordifferenz. Danach schwächelte Körne aber: An den fünf Rückrundenspieltagen erarbeitete sich Türkspor einen Vorsprung von neun Punkten.

Fazit: Türkspor Dortmund gehört das erste Aufstiegsrecht zur Landesliga, wenn es eines gibt. Das zweite dürfte Körne für sich beanspruchen, dank der starken Hinrunde lagen die Körner vor dem Abbruch immer noch auf dem Vizeplatz.

Bezirksliga 9: Erle 08 liegt klar vor dem FC Marl

Vor der Saison wurde der FC Marl als Übermannschaft gehandelt – in der Tabelle stellt sich das anders dar. Der Erler SV 08 war ganz klar Herbstmeister war mit sieben Punkten Vorsprung Herbstmeister.

Diesen Vorsprung verteidigte das Team aus Gelsenkirchen bis zur Saisonunterbrechung.

Fazit: Erle 08 hätte sich im Abbruchfall Meistertitel und Aufstieg sportlich verdient. Sollten zwei Mannschaften aufsteigen dürfen (was noch nicht abzusehen ist), wäre auch der FC Marl an der Reihe.

Bezirksliga 10: Kuriose Situation zwischen Welper und Wattenscheid

Am 19. Spieltag kam es zum großen Spitzenspiel zwischen Tabellenführer Schwarz-Weiß Wattenscheid und Verfolger SG Welper aus Hattingen. 2:0 setzte sich Wattenscheid zu Hause durch und setzte sich damit weiter ab. Eine Woche später patzte Wattenscheid zwar, dann wurde die Saison vorerst abgebrochen – und Wattenscheid hatte immer noch zwei Punkte Vorsprung (beide haben 20 Spiele gemacht).

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Würde die Saison abgebrochen, würde die Niederlage Welper möglicherweise doch nicht wehtun: Denn Welper war Herbstmeister – würde nur die Hinrundentabelle herangezogen, wären die Hattinger Landesligist, obwohl sie das direkte Duell in der Rückrunde verloren haben und in der Tabelle nur auf Rang zwei lagen.

Der TuS Heven hatte sich auf Rang drei wieder in Schlagdistanz gebracht – der Ausbruch der Corona-Pandemie verhinderte aber eine Aufholjagd des ehemaligen Oberligisten aus Witten.

Fazit: Dazu braucht man keinen Punktequotienten: Hier kommt es ganz auf die Verbandsentscheidung an. Nach der Hinrundenwertung liegt Welper vor Wattenscheid. Gilt die letzte Tabelle, sieht es genau andersherum aus.

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