Bottrop. In den letzen zehn Jahren fühlte er sich von einem sportlichen Fluch verfolgt. Heute wird Fuhlenbrocks Vorsitzender Winfried Junker 60 Jahre alt.

Zehn Jahre dauerte der Kampf, um aus der sportlichen Bedeutungslosigkeit heraus zu treten. Für einen Verein wie Blau-Weiß Fuhlenbrock war die Kreisliga B fast schon gefährlich. „Unsere Talente haben uns reihenweise verlassen. Mit dieser Liga kannst du niemanden an den Verein binden. Der Aufstieg war für den gesamten Verein enorm wichtig“, sagt Winfried Junker. Stolz sein darf der Vereinsvorsitzende auf die Art und Weise: „Klar, es hat lange gedauert. Aber wir sind unserer Linie immer treu geblieben.“ Das wenige Geld, das die Fuhlenbrocker zur Verfügung hatten, floss nicht in Fußballerbeine, sondern in Projekte, von denen der gesamte Verein profitierte.

An die Spielzeit 2009/10 kann sich Winfried Junker noch gut erinnern. „Die Mannschaft hatte es schwer, war nicht gut genug. Das muss man zugeben“, sagt der Vorsitzende. Am 30. Mai 2010 endete die A-Kreisliga-Zeit der Blau-Weißen mit einem torlosen Unentschieden beim Turnerbund Oberhausen. Die Fuhlenbrocker hatten nur vier der 30 Saisonspiele gewonnen, 93 Gegentore dokumentierten die Aussichtslosigkeit auf den Klassenerhalt. Junker wertete das damals noch als Momentaufnahme. Schon in der Folgesaison sollte der Wiederaufstieg gelingen.

Befeuert wurde die Zuversicht auch durch die Baumaßnahmen auf der Platzanlage. Im August 2010 wurde der Kunstrasenplatz eingeweiht, vor dem Rasenplatz diente ein neu errichtetes Clubheim den Mitgliedern als Mittelpunkt des Vereinslebens. „Die Rahmenbedingungen waren perfekt, wir hatten eine tolle Sportanlage, genügend Spieler, eine gute zweite Mannschaft und auch talentierte A-Junioren“, sagt Junker. In den folgenden Jahren fühlte sich Junker aber zunehmend von einem Fluch verfolgt: Denn dass noch 175 Siege und 960 Tore notwendig sein würden, um in die A-Kreisliga zurückzukehren, das hatte Junker damals noch nicht geahnt: „Wenn der Meister aufstieg, sind wir Zweiter geworden, wenn die ersten beiden Mannschaften aufstiegen, waren wir nur Dritter. Es war wie verhext.“ Tatsächlich schlidderte der Verein gleich viermal nur um Haaresbreite am Aufstieg vorbei. 2014/15 und ein Jahr später wurden die Fuhlenbrocker nur Vizemeister. In der Spielzeit 2016/17 hätte dieser zweite Platz gereicht, doch Fuhlenbrock wurde mit einem Punkt Rückstand nur Dritter, das selbe Spiel wiederholte sich in der Saison 2018/19. Erst in der durch Corona abgebrochenen Spielzeit 2019/20 gelang die Rückkehr in die Kreisliga A.

Fuhlenbrocks Talente wanderten reihenweise ab

Der zehn Jahre dauernde Kampf kostete Blau-Weiß Fuhlenbrock nicht nur Nerven. „Wir hatten zu jeder Zeit eine breit und gut aufgestellte Jugend“, berichtet Junker. Profiteur der guten Nachwuchsarbeit war aber vor allem die benachbarte Konkurrenz, die sportlich attraktivere Perspektiven aufzeigen konnte. In nahezu jedem Jahr wurden den Fuhlenbrockern die größten Talente weggefischt. „Ich konnte das den Jungs nicht einmal übel nehmen“, sagt Junker rückblickend, „schön, dass einige Spieler mittlerweile wieder zu uns zurückkehren.“ Junker schaut nicht mit Groll auf die letzte Dekade seiner Amtszeit zurück. Denn auch wenn die Fuhlenbrocker ihrem sportlichen Ziel lange hinterherliefen, so war die Entwicklung des Klubs in anderen Bereichen durchweg positiv.

Winfried Junker sieht seinen Verein mittelfristig in der Bezirksliga: „Wir bringen alle Voraussetzungen dazu mit.“
Winfried Junker sieht seinen Verein mittelfristig in der Bezirksliga: „Wir bringen alle Voraussetzungen dazu mit.“ © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

So etablierte sich BWF als Bottrops Aushängeschild für den Frauenfußball, die Jugendabteilung wuchs stetig und ist heute eine der größten der Stadt. „Das hat auch viel mit dem Kunstrasen zu tun. Bevor der fertig wurde, war unser Verein auseinander gerissen. Da gab es die Mannschaften, die auf dem Rasen spielen durften und die Teams, die nur auf den Ascheplatz kamen. Das war nicht gut für das Gemeinschaftsgefühl“, erinnert sich der Vorsitzende.

Aufsteiger ist im Soll

Bis Corona den Fußball in den Pausenmodus versetzte spielten die Fußballer von BW Fuhlenbrock eine überzeugende Saison in der Kreisliga A. Das von Selcuk Demir und Sven Tappeser trainierte Team holte sechs Siege aus neun Saisonspielen und belegte den sechsten Tabellenplatz.

Als Aufsteiger ist BWF dem Spitzenduo deutlich näher (fünf Punkte) als den Abstiegsrängen (11). „Mittelfristig sehe ich uns in der Bezirksliga“, sagt Winfried Junker, „Unsere Anlage hat Bezirkssportanlagen-Niveau, hier sollte auch Bezirksliga-Fußball gespielt werden.

Junker fungierte als geschickter Organisator und Brückenbauer. Als Boss des Vereins schweißte er die Abteilungen zusammen: „Was uns ausmacht, ist die gute Zusammenarbeit. Ich kann immer wieder Mitstreiter für unsere Projekte finden.“ Frauen, Senioren, Jugend und Alt-Herren arbeiteten trotz unterschiedlicher Ziele Hand in Hand. Der SV Blau-Weiß Fuhlenbrock entwickelte sich zu einem Klub, der sich nicht allein über seine Spielberichte definiert. Unter der Regie von Mirsada Hoffmann-Kovac pflegten die Landesliga-Fußballerinnen ein großes soziales Engagement. Gemeinsame Spaziergänge mit Bewohnern von Altenheimen wurden durchgeführt, das Team sammelte und übergab Spenden an arme Familien in Bosnien. Dass Bottrops Fußballerinnen mittlerweile zusammen mit den Männern die Hallen-Stadtmeisterschaften austragen, geht auch auf das Engagement von BW Fuhlenbrock zurück. Die Blau-Weißen richteten die Titelkämpfe zuvor in Eigenregie aus.

Junkers Ziel: Weitermachen bis zum 100-jährigen Vereinsjubiläum

In der wachsenden Jugendabteilung formierte sich ein breites Betreuer- und Trainerteam. Der Nachwuchs machte nicht nur mit guten Leistungen auf sich aufmerksam, sondern auch als Gastgeber großer Fußballturniere. „Der Axa-Hinsbeck-Cup hat Teams aus ganz NRW angelockt“, sagt Winfried Junker, „Organisatorisch war das Turnier immer wieder eine große Herausforderung. Allein um die Grillstände zu besetzen, brauchten wir 14 Helfer.“ Auch ungewöhnliche Formate wie die jährliche Flutlichtparty oder die Silvesterspiele unterstreichen das Credo des Vereins, das Junker wie folgt umschreibt: „Unser Klub steht allen offen und unsere Stärke ist der Zusammenhalt.“

Und auch, wenn der Verein mittlerweile bestens aufgestellt ist, mangelt es den Verantwortlichen nicht an ambitionierten Zielen für die Zukunft. Junker, der heute seinen 60. Geburtstag feiert, sieht noch einige Baustellen, denen er sich widmen möchte: „Der Rückzug unserer Landesliga-Frauenmannschaft hat uns weh getan, wir setzen alles daran, dass wir schon bald wieder ein Team haben. In der Jugend wollen wir uns so aufstellen, dass wir kein einziges Kind abweisen müssen“ Für die Männer soll die Kreisliga A noch nicht das Ende der Fahnenstange sein: „Wenn wir weiter geduldig arbeiten, ist vielleicht auch bald der Sprung in die Bezirksliga möglich. Wir haben ein engagiertes Trainerteam, viele gute Fußballer und große Talente in der Jugend, warum also nicht?“, fragt Junker und schließt mit seinem ganz persönlichen Ziel ab: „Wir haben hier in Fuhlenbrock ein tolles Team, viele engagierte Mitglieder in allen Abteilungen. Ich möchte das gerne weiterführen, mindestens bis 2026, wenn der Verein sein 100-jähriges Jubiläum feiert.“

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