Bottrop. Für Dustin Tikus stehen selten die Spieler im Mittelpunkt. Der Bottroper ist Groundhopper und immer auf der Suche nach neuen Stadion-Erlebnissen.

Wem jetzt ein Fragezeichen im Gesicht steht: Groundhopping, das ist Fußball, aber nicht nur. Das ist Reisen, wo der Weg nicht das Ziel ist. Es ist Architektur, aber es geht auch komplett ohne. Groundhopping ist auf jeden Fall eine Menge Abenteuer, Sport, Entdecken und nicht zuletzt Spaß. Der Fußballromantik auf der Spur ist auch der Bottroper Dustin Tikus.

Dustin Tikus ist 28 Jahre alt. Der Bottroper hat gerade sein Chemie-Studium erfolgreich abgeschlossen und würde nach dem Lernstress der letzten Monate jetzt gerne mal wieder auf Tour gehen. Denn Dustin ist Groundhopper. Und das ist aktuell schwierig. Groundhopping ist laut Wikipedia „eine Sammelleidenschaft von Fußballfans (Groundhoppern), bei der es darum geht, Spiele in möglichst vielen verschiedenen Stadien zu besuchen (...). Das Wort Groundhopping setzt sich zusammen aus dem englischen Substantiv „ground“ und dem Verb „to hop“. „Ground“ bezeichnet unter anderem das Spielfeld eines Stadions oder einer Halle. „To hop“ bedeutet hüpfen oder springen. Groundhopping meint als das schnelle Hüpfen von Stadion zu Stadion.“

In der Lockdown-Phase haben auch die Groundhopper Saisonpause

Doch derzeit ist nichts los auf den Fußballplätzen der Republik und auch in den Nachbarländern sieht es eher mau aus. Es finden zwar Spiele statt, doch erstens sind da keine Zuschauer zugelassen und zweitens hat hoch bezahlter Profifußball in modernen Multifunktionsarenen und Konsumtempeln nur wenig bis gar nichts mit Groundhopping zu tun. Groundhopping ist eine Sache für Fußballromantiker, für jene, die den Duft von Bratwurst und Bier genauso lieben, wie sie der fluchende Rentner hinter der Trainerbank fasziniert und mit dem sie ins Gespräch kommen. Wo Amateursport angesagt ist, es um den puren Fußball geht, aus Liebe zum runden Leder.

Seit 2013 ist Dustin Tikus angefixt, Studienkollegen hatten ihn mitgenommen, seit dem ist er regelmäßig auf Achse. Er habe zwar aufgrund seines Studiums und den damit einher gehenden, eher geringen finanziellen Möglichkeiten noch nicht so viele Spiele im Ausland sehen können, aber was ihn besonders fasziniert ist der Umstand, dass die Stadien und Sportplätze einem viel über die Gegend „erzählen“ können, wenn man nur genau hinschaut und „zuhört“. „Was mich immer wieder mitnimmt und nicht loslässt, ist die Tatsache, dass man beim Fußball so viel über die Kultur eines Landes lernen kann. Wie sind die Tribünen gebaut? Ist die Architektur eher filigran oder klobig? Und natürlich atmet das alles auch die Geschichte der jeweiligen Region.“ beschreibt Tikus seine Leidenschaft.

Das Stadion Rote Erde in Dortmund ist für Dustin Tikus der Inbegriff der Stadionkultur.
Das Stadion Rote Erde in Dortmund ist für Dustin Tikus der Inbegriff der Stadionkultur. © www.blossey.eu | Hans Blossey

Viele Schmuckstücke liegen ganz in der Nähe

„Man braucht auch gar nicht weit zu fahren, speziell hier im Ruhrpott nicht. In Horst gibt es zum Beispiel die Adolf-Jäger-Kampfbahn, ein tolles Stadion mit großer Historie. Oder man nimm die Bezirkssportanlage Honnenpfad des SV Wanheim 1900 in Duisburg. Den dritten Platz, den Ausweichplatz, der kaum noch in Benutzung ist, den muss man einfach gesehen haben, wenn da doch mal ein Spiel drauf stattfindet“, erklärt Dustin Tikus und gibt damit direkt einen Schnupperkurs für jene, deren Interesse geweckt ist. Sein bisher weitester Trip führte ihn nach Swinoujscie (Swinemünde) auf der polnischen Seite der Ostsee-Insel Usedom in das Miejski Stadion des MKS Flota Swinoujscie. Auch in den Niederlanden war er schon auf vielen Plätzen, insgesamt 250 Sportstätten und Spiele hat er in den letzten Jahren besucht. Nur aktuell ist tote Hose, keine Spiele, keine aufregenden Touren zu den Plätzen, die die Welt bedeuten.

In Zukunft lockt irgendwann mal die Karibik

„Aufgrund der aktuellen Situation bin ich derzeit meistens zu Hause und so langsam fällt mir die Decke schon etwas auf den Kopf. Mir fehlen die Trips unter der Woche zu den abendlichen Flutlichtspielen der Amateure, die ausgefüllten Wochenenden in einem schon leicht dem Verfall preis gegebenen Stadion. Aber es ist eben wie es ist“, lautet das Statement zum aktuellen Status Quo des 29-jährigen Diplomchemikers.

„Es kommen auch wieder bessere Zeiten und da gibt es ja noch so viele Plätze auf der Welt, an denen ich gerne zu Spielen reisen möchte. Ganz oben auf meiner Liste stehen natürlich die britischen Inseln, Südamerika vielleicht, aber auch die Karibik ist für Groundhopper hochinteressant, die haben ja eine andere, sehr eigene Fußballkultur“, gibt sich Tikus den Groundhopper-Träumen hin.

Das sind die persönlichen Favoriten von Dustin Tikus

1 Fürstenbergstadion , Gelsenkirchen-Horst: Eines der schönsten Stadien liegt quasi direkt um die Ecke. Die Tribüne dort ist einfach nur wunderschön. Dazu kommen rundum Stufen, die sich inzwischen die Natur zurückgeholt hat. Einfach ein schönes Gesamtwerk.

2 Stadion Rote Erde , Dortmund: Als Dortmund-Fan, der inzwischen allerdings fast nur noch die Spiele der U23 und der Jugend verfolgt, komme ich nicht drum herum, die Rote Erde zu nennen. Bundesligageschichte wohin man guckt. Im Schatten des Westfalenstadions befindet sich die wunderschöne Tribüne, das Marathontor im Süden, der Biergarten im Norden. Mit diesem Stadion verbinde ich einfach die schönsten Erinnerungen meines Fußballlebens.

3 Adolf-Jäger-Kampfbahn , Hamburg-Altona: Auch hier ist wieder eine schöne alte Tribüne ausschlaggebend für die Nennung. Hinzu kommen hier dann noch Verein und Fans, die unglaublich sympathisch sind und man sich als Fremder dadurch nicht ausgeschlossen fühlt.

4 RSV-Stadion , Mönchengladbach-Rheydt: Vom Aufbau her ähnlich wie das Fürstenbergstadion in Gelsenkirchen, dazu noch wunderschöne Flutlichtmasten mit markantem gelben Licht. Der Rheydter SV lockt Groundhopper auch gerne damit und spielt meistens samstags Abends. Leider wird das Stadion aktuell abgerissen und ein neuer Sportkomplex gebaut, nur die Tribüne bleibt bestehen (aber die lohnt sich auch schon).

5 Stadion Miejski Świnoujście , Świnoujście: Wohl das modernste Stadion in dieser Liste. Mein Länderpunkt Polen, weshalb ich es wohl auch so hoch einsortiere. Ein schönes Stadion mit überdachter Haupttribüne und einer unüberdachten Gegengeraden. Auch wenn man nur wenige 100 Meter hinter der deutsch-polnischen Grenze ist, spürt man hier jedoch eine ganz andere Mentalität und auch dem Stadion merkt man an, dass man die Grenze übertreten hat.

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