Bochum. Im großen WAZ-Interview spricht Sparkassen-Stars-Geschäftsführer Steinert über Abstiegssorgen und Bundesliga-Träume sowie die treuen Fans.

Während rund um den Jahreswechsel für viele eine Zeit des Rückblicks und der Reflektion ist, bleibt Tobias Steinert dafür gerade wenig Zeit. Die VfL Sparkassen Stars Bochum bestreiten rund um den Jahreswechsel drei Spiele in zehn Tagen. Nach der Niederlage in Gießen geht es im neuen Jahr mit Heimspielen gegen Jena (3. Januar) und Düsseldorf (6. Januar) weiter. Geschäftsführer Steinert ist dazu noch auf der Suche nach Verstärkung für den Kader, der im Tabellenkeller der 2. Basketball-Bundesliga steht.

Dem Jahresrückblicks-Modus kann sich aber auch Steinert natürlich nicht ganz entziehen – und nimmt die erste Interview-Frage direkt vorweg:

Steinert: Der Betrieb ist in vollem Gang, wir haben keine Pause, nicht einmal den Hinrundenabschluss. Ein wenig zurückblicken, das tun wir aber schon. Und wir können voller Stolz auf das letzte Jahr zurückblicken. Es war eine besondere Reise, wir waren die beste Rückrunden-Mannschaft, hätten es fast in die Play-offs geschafft. Und jetzt sehen wir, wie die Reise weitergehen kann, was wir mit der Stadt auf die Beine gestellt haben: Das neue Trainingszentrum, das wir gerade eröffnet haben, ist ein Meilenstein.

Stimmung machen für die Sparkassen Stars - hier das Maskottchen beim Spiel gegen Bremerhaven.
Stimmung machen für die Sparkassen Stars - hier das Maskottchen beim Spiel gegen Bremerhaven. © Jonas Richter

Die Frage, ob 2023 ein gutes Jahr für die Sparkassen Stars Bochum war, würden Sie also mit Ja beantworten – auch wenn Sie jetzt tief im Tabellenkeller stehen?

Ja!

Wie schwierig ist es, die positive Gesamtentwicklung und die sportliche Situation bei so einer Beurteilung in Einklang zu bringen?

Wir hatten ein richtig gutes Jahr, haben viele Leute für Basketball in Bochum begeistert, das neue Trainingszentrum ist zukunftsweisend. Dass es sportlich nicht so läuft, ist ein Wermutstropfen.

Kurz vor Weihnachten war die Rundsporthalle wieder ausverkauft

Geschäftsführer Tobias Steinert von den VfL Sparkassen Stars Bochum.
Geschäftsführer Tobias Steinert von den VfL Sparkassen Stars Bochum. © Bochum | Christof Köpsel

Beim Christmas Game war die Halle ausverkauft, obwohl die Ergebnisse in dieser Saison noch nicht gut sind. Wie erklären Sie sich das?

Ich bin seit 2020 hier, die Zuschauerzahlen waren schon vorher steigend. Dann hatten wir die Corona-Saison ohne Fans und dadurch eine Delle. Es war schwer, die Zuschauer wieder in die Halle zu bekommen. Der starke Lauf zur Rückrunde kam genau zum richtigen Zeitpunkt. Wir haben gemerkt: Die Leute kommen wieder und genau da haben wir viele Spiele gewonnen und auch begeisternden Basketball gespielt.

Und das hat sich auf die neue Saison übertragen?

Ja, aktuell kommen wir bei einigen Spielen ja an die Grenzen der Rundsporthalle. Man hat im Basketball nun einmal eine lange Pause von April bis Oktober, wenn man nicht Playoffs spielt. Wir haben unsere Fans und Follower aber auch in der Zeit versucht, auf dem Laufenden zu halten. Auch der Erfolg der Nationalmannschaft im Sommer hat sicher geholfen. Aber wir waren vorher schon auf einem guten Weg und wissen, dass wir uns auch bei dieser Tabellensituation auf unsere Fans verlassen können.

+++ Berichte, Interviews, Hintergründe: Unsere VfL-Reporter berichten täglich. Bestellen Sie hier den kostenlosen WAZ-Newsletter zum VfL Bochum +++

Sie sprechen die Follower an - welche Rolle spielen die Sozialen Medien für das Wachstum der Sparkassen Stars?

Das ist wichtig, wir haben unsere Followerzahlen in den vergangen zwei Jahren verdoppelt – das ist eine große Reichweite, die wir gewonnen haben. Wir sind nun einmal im Ruhrgebiet, der Fußball überstrahlt alles. Wir versuchen den Content so auf die Leute zuzuschneiden, dass sie sich nicht wie irgendein Follower fühlen, sondern als ob sie immer dabei sind.

Bochumer Basketball-Fans lassen sich schnell begeistern

Und wer einmal in die Halle kommt, kommt wieder? Unser Eindruck ist, dass man sich auch als Neuling beim Basketball schnell mitreißen lassen kann.

Oft zumindest. Für uns ist die Aufgabe vor allem, zu fragen: Wie bringen wir die Leute in die Halle? Wenn wir das einmal schaffen, stehen die Chancen gut, dass sie schnell begeistert sind und wiederkommen. Vor einem Jahr hat uns auch die Fußball-Bundesliga-Pause während der WM in Katar gut getan: Wir haben ein Winter-Ticket angeboten, durch das viele Leute mit uns in Kontakt gekommen sind – so können sie erst zu Zuschauern, dann bestenfalls zu Fans werden, die irgendwann auch unser Trikot tragen.

Auch interessant

Ist es ein Nachteil, immer im Schatten der Fußballer zu stehen – im Gegensatz zu anderen, kleineren Städten, in denen die Basketballer der erfolgreichste Verein sind?

Das ist eine gute Frage, so habe ich noch nie darüber nachgedacht. Ich glaube, im Ruhrgebiet gehört es einfach dazu. Ich habe ja vorher für Schalke 04 gearbeitet, kenne es also nicht anders. Auf jeden Fall schaffen wir es in dieser Konstellation gut, Aufmerksamkeit für den Basketball zu erzeugen. Die Fußball-Profis kommen zu uns in die Halle, wir durften uns auch schon im Stadion präsentieren. Ich glaube, wir profitieren davon, dass wir zur VfL-Familie gehören und wir profitieren auch davon, dass es den VfL-Fußballern gut geht.

Debatte ums Ruhrstadion betrifft auch die Rundsporthalle

Die Rundsporthalle war jetzt mehrfach ausverkauft – wie dringend brauchen Sie eine neue Halle? Ein Abriss und Neubau liegt im Kontext der Debatte ums Ruhrstadion ja als Vorschlag auf dem Tisch.

Das Hallen-Thema ist zuerst ein Fußball-Thema. Wenn klar ist, wie es mit dem Stadion weitergeht, werden wir sicher auch erfahren, was das für die Halle bedeutet. Wir sehen aber auch, dass wir an Kapazitätsgrenzen kommen. Am 23. Dezember beim Christmas Game gegen Bremerhaven war die Halle ausverkauft, obwohl kaum Gästefans da waren. Wir waren dreimal ausverkauft in dieser Saison, zweimal fast. Wir haben neue Stehplätze im Innenraum geschaffen. Um weiter zu wachsen, wären mehr Möglichkeiten natürlich schön, auch im VIP-Bereich.

Gibt es die Basketball-Euphorie denn auch bei Unternehmen und Sponsoren, oder nur bei den Fans?

Die gibt es auf jeden Fall auch dort. Wir sind sehr stolz auf unsere treue Partnerfamilie – als solche betrachten wir sie, nicht als Sponsoren, und ein großer Teil des Wachstums kommt auch von innen. Viele Partner haben sich auch beim Trainingszentrum etwa zusätzlich engagiert. Es gibt bei uns aktuell keine VIP-Tagestickets, sondern die sind nur für Partner – und im Moment haben wir im Prinzip keine freien Tische mehr im VIP-Bereich. Dabei ist das Thema ähnlich wie im Fußball ein wichtiges, wenn es um das Wachstum des Vereins geht – mit dem Unterschied, dass für uns TV-Einnahmen keine Säule bei der Finanzierung sind, Sponsoring also eine im Verhältnis noch wichtigere Rolle einnimmt.

News und Hintergründe zum VfL Bochum

Bochum in der Tabelle unten: „Wissen, dass die Lage ernst ist“

Zum Sportlichen: Sie stehen nach 14 Spielen mit drei Siegen auf dem drittletzten Platz. Ab wann ist die Tabellensituation mehr als ein Wermutstropfen für Sie? Wenn es nach den beiden Heimspielen gegen Jena und Düsseldorf nicht besser wird?

Ich kann da keinen Zeitpunkt nennen – es ist aber jetzt auch nicht so, dass wir die Lage unterschätzen. Wir wissen um die Herausforderung, wissen, dass das nicht die Sonnenseite der Tabelle ist. Wir vertrauen aber dem Kader und sind dazu auf der Suche nach Verstärkung und hoffen, kurzfristig Vollzug melden zu können. Dass das Team einiges kann, hat es schon mehrfach gezeigt – umso mehr wurmen mich Spiele wie in Gießen, wo wir eine Halbzeit verschlafen, das Spiel mit hohem Aufwand drehen, am Ende aber unnötig verlieren. Wir wissen, dass die Lage ernst ist.

Auch interessant

Wenn wir auf 2024 und darüber hinaus blicken: Denken Sie öfter an das Szenario, wieder in die ProB abzusteigen oder an die Basketball-Bundesliga?

Auch für die ProB zu planen, gehört zu meinem Job, alles andere wäre blauäugig. Natürlich stellen wir auch da einen Lizenzantrag und haben einen Finanzplan für den Fall der Fälle. Das ist aber die Sache, an die ich nicht so gerne denke – ich denke mit Blick auf unsere Organisation lieber in Herausforderungen und frage mich, welche Schritte wir machen müssen, damit das Mittel- bis Fernziel BBL realistisch wird. Das macht mir mehr Freude.

Tabellenführer kommt mit Olympiateilnehmer

Mit dem Heimspiel gegen den Medipolis Jena starten die Sparkassen Stars am Mittwoch ins neue Jahr. Die Gäste haben als Tabellenführer der ProA überwintert und sind klarer Favorit. Jenas Blake Francis ist aktuell der drittbeste Scorer der Liga. Francis wird am Spieltag 26 Jahre alt und erzielte in den bisherigen 14 Saisonspielen 18,3 Punkte im Schnitt.

Bochums Headcoach Felix Banobre sagt: „Wir werden wohl das solideste und körperlich stärkste Top-Team der Liga empfangen. Sie werden gut gecoacht, sind sehr variabel und werden von Francis angeführt. Wir sind ein komplett anderes Team und es wird aufregend zu sehen sein, wie das Match zwischen zwei Teams, die so unterschiedliche Spielstile haben, laufen wird.“

Der bekannteste Spieler der Gäste ist aber sicher Joshiko Saibou. Saibou machte als Nationalspieler und Olympia-Teilnehmer 2021 auf dem Parkett, mit seinen Äußerungen und Aktionen im Kontext der Corona-Pandemie aber auch neben dem Parkett für Schlagzeilen. 2020 trennten sich die Telekom Baskets Bonn deshalb von ihm, am Ende einigten sich beide Parteien vor Gericht. Nach langer Verletzungspause wegen einer Knieverletzung ist er nun zurück für Jena: In drei Einsätzen erzielte er durchschnittlich 10,7 Punkte und verteilte 4,3 Assists.

Bochum hofft darauf, wie in den Partien gegen Hagen und Trier ein Topteam ärgern zu können. Das Spiel beginnt um 19.30 Uhr in der Rundsporthalle, der Kartenvorverkauf läuft auf sparkassenstars.de.

News und Hintergründe zum Fußball in Bochum & Wattenscheid