Bochum/Dortmund/Herne. Auf dem Westenhellweg in Dortmund „ist alles wie immer“: Momentaufnahmen, wie das Ruhrgebiet das erste Wochenende im zweiten Lockdown erlebt hat.
Erstes Wochenende im zweiten Lockdown. Durch die Bevölkerung im Ruhrgebiet geht ein erster Riss „Übertrieben“, finden die einen die neuen Beschränkungen, „immer noch viel zu lasch“, sagen die anderen. Momentaufnahmen aus Einkaufsstraßen und Naherholungsgebieten, wo es am Wochenende auch dank des guten Wetters teilweise ziemlich voll war.
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„Corona, Corona, Corona: Ich kann es nicht mehr hören“
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10 Uhr. Immerhin, die Sonne scheint. „Traumhaft“, sagt Dietmar Weber, der am Samstag den milden Morgen auf einer Bank im Bochumer Stadtpark genießt. „Genau richtig, um mal alles zu vergessen“. Anschlag in Wien, Wahlen in den USA und natürlich „Corona, Corona, Corona“. „Ich kann es nicht mehr hören.“
Den zweiten Lockdown findet der 57-Jährige schlimmer als den ersten auch wenn er nicht hart ist. „Damals hat man gedacht, dass Ende des Jahres alles vorbei ist, heute ahnt man, dass uns Corona noch lange Zeit begleiten wird.“ Er lebt in einer Dreizimmerwohnung ohne Balkon. „Da fällt einem irgendwann die Decke auf den Kopf.“ Zur Langeweile gesellt sich die Sorge. „Mittlerweile kennt jeder jemanden, der infiziert ist. Oder zumindest in Quarantäne sitzt. Man hat das Gefühl, die Einschläge kommen immer näher.“
„Die Tage können lang werden, wenn man den ganzen Tag zu Hause sitzt“
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Im Park in Bochum ist die Wahrscheinlichkeit getroffen zu werden allerdings gering. Am Spielplatz herrscht Betrieb aber kein Gedränge. Ansonsten aber haben Spaziergänger und Jogger reichlich Platz. „Das wird sich im Laufe des Tages ändern“, weiß Leonie (36) aus Erfahrung. Deshalb war sie mit ihrem Mann dem kleinen Sohn schon früh am Spielplatz. „Damit der Kleine müde wird.“ Aber auch, um selbst mal wieder rauszukommen. „Die Tage können lang werden, wenn man sonst den ganzen Tag nur zu Hause sitzt.“
Viele Menschen braucht sie derzeit nicht, große Partys gibt es nicht, Treffen nur mit einer befreundeten Familie. „Wir machen nur, was erlaubt ist.“ Auch wenn Freundin Jessica findet, dass manche Regeln „einfach sehr schwierig zu verstehen sind“. „Einiges ergibt keinen Sinn.“ Aber sie wollen nicht meckern, auf keinen Fall resignieren. „Wir kommen schon da durch.“
„Manche Corona-Regeln wirken willkürlich“
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Ein paar Kilometer weiter in Herne hat Rene am Kanal seine Angeln ausgeworfen. „Von montags bis freitags malochen, da brauche ich am Wochenende etwas, um den Kopf frei zu kriegen.“ Hier am Ufer kann er das. Viele andere Möglichkeiten hat er ja auch nicht. „Ist ja alles zu“, sagt der 50-Jährige. Findet er das übertrieben?
Rene zuckt die Schultern. Restaurants müssen schließen aber seine Kinder weiter zur Schule. „Manches wirkt willkürlich.“ Einkaufen geht der Mitarbeiter einer Spedition nur, wenn es gar nicht anders geht. „Ich habe keine Lust mehr, mich von allen Seiten böse angucken zu lassen, wenn ich hinter meiner Maske mal husten muss.“ Deshalb bestellt Rene immer öfter online. „Ist auch viel bequemer.“
Auf dem Dortmunder Westenhellweg ist es „fast wie immer“
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Mag sein, dennoch ist es auf dem Dortmunder Westenhellweg am Samstagnachmittag voll. „Es ist fast wie immer“, sagt die Mitarbeiterin einer Bäckerei. Und schiebt nach: „Zum Glück“. Ein älteres Ehepaar auf dem Weg zum Bahnhof sieht das anders. „Schrecklich, man kriegt Angst, wenn man die vielen Menschen sieht“, sagt die Frau. Und ihr Mann ist überzeugt: „Wenn wir nicht alles für ein paar Wochen schließen, wird das nichts mit Weihnachten.“
Auf dem Boden sind Mahnungen aufgemalt. Das scheint zu reichen. Kaum jemand ist ohne Maske zu sehen. Nur in manchen Hauseingängen stehen sie mit heruntergezogenem Mundschutz und ziehen hektisch an einer Zigarette. Bei der Einhaltung der Kontaktverbote sieht das hier und da anders aus. Vor einem Schnellimbiss stehen vier Teenager zusammen in der langen Schlange und warten auf ihre Bestellung. Kommen sie aus einem Haushalt? Ein junges Mädchen schüttelt den Kopf: „Nee, aber aus einer Klasse. Da sitzen wir jeden Tag in einem geschlossenen Raum. Warum sollen wir uns am Wochenende dann nicht treffen? Ist ja auch draußen.“
Reger Betrieb am Dortmunder Phoenixsee: Verwirrung um Maskenpflicht
Draußen ist in Dortmund auch der Phoenixsee. Und dort herrscht am Samstagnachmittag reger Betrieb. Aber anders als in der City gibt es hier viele, die ohne Maske spazieren gehen - trotz der kleinen Schilder, mit dem Schriftzug „Stop Corona“ und einer Maske darauf.
„Schlecht gemacht“, findet die ein Mann in den 30ern. Das wirke eher wie ein Appell als wie eine Anordnung. Und – „ganz ehrlich“- auch etwas übertrieben. Seine Freundin sie das ähnlich. „Den ganzen Sommer hat die Regierung gepennt und jetzt sollen wir das wieder ausbaden. Irgendwie kann man sich auf nichts mehr freuen. Ich bin echt genervt.“