Gelsenkirchen. Die AfD Gelsenkirchen hatte zum Protest gegen die Coronaschutzmaßnahmen und die „Panikmache“ der Regierung aufgerufen. So verliefen die Demos.
Nach und nach beziehen am Samstagmorgen immer mehr Polizisten rund um das Hans-Sachs-Haus Stellung. Ein inzwischen schon wieder ungewohntes Bild in Gelsenkirchen, seitdem die Fußballbundesliga ohne Zuschauer fortgeführt wird. Während es andernorts – wie etwa in Berlin – bereits mehrfach zu teilweise eskalierten Demonstrationen gegen die Coronaschutzmaßnahmen gekommen ist, verlaufen die Kundgebung der AfD vor dem Rathaus und die Gegendemonstrationen drumherum friedlich und ohne jegliche Zwischenfälle.
Im Vorfeld gab es Hinweise, dass sich Rechtsextremisten aus Dortmund und Essen-Steele dem Protest der AfD anschließen könnten. Die Demo-Anmelderin und stellvertretende Fraktionsvorsitzende der rechtspopulistischen Partei, Enxhi Seli-Zacharias, hatte nicht zuletzt auch deshalb im Vorfeld angekündigt, dass die AfD ihre Reihen für Rechtsextremisten und Verfassungsfeinde schließen werde.
Ob es nun an dieser Aussage liegt oder es andere Gründe dafür gibt, ist ungewiss. Augenscheinlich jedenfalls sind keine Mitglieder der rechtsextremen Partei „Die Rechte“ oder Aktivisten der „Steeler Jungs“ in Gelsenkirchen aufgekreuzt.
Kreidebotschaften vor dem Hans-Sachs-Haus gegen die AfD entfernt
Wer hingegen da ist – und das schon deutlich vor den ersten AfD-Demonstranten – sind mit Kreidestiften ausgestattete Gegner der Partei. Und so ist der Kundgebungsplatz vor dem Hans-Sachs-Haus großflächig mit Botschaften wie „Maske auf, Nazis raus. FCK AfD“ bemalt. Auf Anraten der Polizei jedoch, die deeskalierend wirken will, lässt die Stadt die Kreidebotschaften kurzerhand mit einem Reinigungsfahrzeug der Gelsendienste entfernen.
Plakate mit politischen Botschaften hat selbstverständlich auch die AfD mitgebracht und an ihre etwa 70 Demo-Teilnehmer ausgeteilt. „Schluss mit der Panikmache. Grundrechte sofort wiederherstellen“, heißt es darauf, was auch den Kern der vielen Reden zusammenfasst, die bei strahlendem Sonnenschein und begleitet von „Nazis-raus“-Sprechchören in der Innenstadt gehalten werden.
Aus dem Protestzug der AfD über die belebte Bahnhofstraße wird indes nichts. Weil die Fußgängerzone zu hoch frequentiert ist, lässt sich die Rechtsaußen-Partei von der Polizei davon überzeugen, dass eine Demonstration ein zu hohes Infektionsrisiko darstellt.
Weniger einsichtig hingegen zeigt sich die AfD im Vorfeld ihrer Demo auf Facebook. „Aus welchem Grund sollte man unter diesen Bedingungen auch einkaufen gehen? Überall muss man diese lästigen, unwirksamen Masken tragen. Nirgends kann man sich gemütlich hinsetzen und einen Kaffee trinken. Je heftiger die Auswirkungen des Lockdowns sind, umso mehr wird die Mutti aller Probleme den Zorn der Bürger zu spüren bekommen“, heißt es dort in Bezug auf einen Welt-Artikel, der die Folgen de Teil-Lockdowns für den Handel thematisiert.
Jörg Schneider, Bundestagsabgeordneter und Chef der Gelsenkirchener AfD, spricht bei der Demo hingegen davon, dass man „natürlich auch seine Maske tragen soll, wenn man beispielsweise seine Oma besucht. Um sie zu schützen“, betont der wortgewandte Berufspolitiker. Schneider und Seli-Zacharias beteuern, „die AfD ist keine Corona-Leugner-Partei, aber Kritiker einiger Schutzmaßnahmen.“
Und wie passen die Aussage auf Facebook von der „unwirksamen Maske“ und die Rede Schneiders vor dem Rathaus nun zusammen? Wofür steht die AfD Gelsenkirchen jetzt?
„Es gibt auch AfD-intern kontroverse Diskussionen. Nicht jeder Satz, der auf unserer Facebookseite steht, ist auch durch den Vorstand oder unser Programm gedeckt“, versucht Schneider diesen Widerspruch zu erklären. Es sei nachvollziehbar, dass Mund-Nasen-Bedeckungen dort getragen werden müssten, wo Menschen dicht beieinander sind, aber die Wirksamkeit einer grundsätzlichen Maskenpflicht – wie etwa in den Fußgängerzonen Gelsenkirchens – lasse sich sehr wohl hinterfragen.
Keine Zwischenfälle bei Demos in Gelsenkirchen
Unmissverständlich dagegen ist der Sprechchor der verbliebenen Gegendemonstranten, die bis zum Ende der AfD-Kundgebung Stellung halten: „AfD-Rassistenpack, wir haben euch zum Kotzen satt“, schallt es noch einmal über den Platz. Die entsprechende Replik folgt auf dem Fuß und so endet dieser Demo-Samstag in Gelsenkirchen im Wortgefechtsscharmützel. Die Polizei zieht zufrieden Bilanz: „Zu Ingewahrsamnahmen oder Festnahmen kam es nicht. Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren mussten ebenfalls nicht eingeleitet werden.“
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