Berlin. . Nato-Generalsekretär Rasmussen fordert angesichts der Ukraine-Krise den Westen dazu auf, die Verteidigungsausgaben zu erhöhen - um Stärke gegenüber Russland zu demonstrieren. In Berlin trifft er damit auf Ablehnung. Man will einerseits das Geld nicht ausgeben, andererseits Moskau nicht provozieren

Angesichts der Krise in der Ukraine und dem Vorgehen Russlands hat Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen den Westen zum Schwenk bei den Verteidigungsausgaben aufgefordert. Sie müssten erhöht werden. Er und andere sicherheitspolitische Experten glauben nicht, dass Russlands Expansionsdrang in der Ukraine Halt mache. Vielmehr sei szu befürchten, dass der Kreml auch die baltischen Staaten ins Visier nehme, da auch dort eine große russisch-stämmige Minderheit lebe und sich das Szenario wie auf der Krim oder der Ukraine wiederholen ließe.

In Berlin sorgt das für Widerspruch.

Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin wünschte Rasmussen „fröhliche Diskussionen“ in den Nato-Staaten, „wenn sie die Militärbudgets hochfahren, während Pensionären die Rente gestrichen wird und jugendliche Arbeitslose auf die Straßen gehen“.

Für „unrealistisch“ hält auch der CDU-Außenpolitiker Andreas Schockenhoff die Forderung nach höheren Wehretats. Aber wie Rasmussen zieht er aus der Krise in der Ukraine die Lehre, dass die Nato sich besser wappnen müsse. Nach der Annektierung der Krim „haben wir eine neue Bedrohungssituation.“ Der CDU-Verteidigungspolitiker Henning Otte hält den Wehretat zwar noch für ausreichend für das kommende Jahr, doch müsse er fortführend überprüft, gegebenenfalls verändert werden. Schockenhoff und Arnold glauben, dass die Nato effizienter werden kann. „Wir geben viel Geld aus und bekommen zu wenig dafür, weil jedes Land vor sich hin wurstelt“, so Arnold.

Die Linke attackiert Rasmussen

Wer nach Aufrüstung rufe, trägt nach Ansicht von Linken-Fraktionschef Gregor Gysi nichts dazu bei, den Konflikt in der Ukraine friedlich zu lösen. „Der Nato-Generalsekretär spielt mit dem Feuer“, sagte er.

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SPD-Mann Arnold hat bei Rasmussen „langsam den Eindruck, dass er versucht, die Gunst der Stunde zu nutzen, um die Nato stärker zu machen“. Dazu Trittin: „Das ist Krisengewinnlertum.“ Der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich sieht insbesondere keinen Grund, von der Zusage der Nato aus dem Jahr 1997 abzurücken, keine Waffen und Truppen in großem Stil an die Ostgrenzen zu verlegen. Gysi warf Rasmussen vor, das Denken in militärischen Kategorien verhindere eine neue Sicherheitsordnung. Die könne nicht ohne, geschweige denn gegen, „sondern nur mit Russland gefunden werden kann“, so Gysi.

„Wenn ein Nato-Mitglied angegriffen wird, muss die Allianz zusammenstehen“

CDU-Mann Otte gibt zu bedenken, dass sich Nato-Partner wie Polen oder die baltischen Staaten bedroht fühlten. Man müsse zeigen, „dass die Nato den Schutz des Bündnisgebietes zu jeder Zeit sichert.“ Trittin bemerkte, Russland müsse wissen, dass es keine Nato-Mitglieder zweiter Klasse gebe. „Wenn ein Nato-Mitglied angegriffen wird, muss die Allianz zusammenstehen und es auch verteidigen“, beteuerte der Grüne.

Für Otte wie für Arnold führt die Ukraine-Krise dazu, dass sich die Nato auf ihre Ur-Aufgabe besinnt: An vorderste Stelle steht nach Ottes Worten die Bündnisverteidigung. Im Augenblick herrsche eine große Enttäuschung über Russland, so Arnold. „Natürlich haben sich viele von uns gewünscht, dass man nicht nur pragmatisch zusammenarbeitet. Unsere Vision war, dass aus dieser Interessenpartnerschaft irgendwann eine feste Freundschaft wird.“