Berlin. Die Steuersenkungs-Pläne von Union und FDP könnten am Widerstand der Bundesländer scheitern. Mehrere Länderchefs aus der Union drohen mit einem Boykott im Bundesrat, sollte es zu massiven Steuerausfällen in den Ländern kommen. Auch die Städte warnen vor den Folgen einer Senkung.
Die Steuersenkungspläne von Union und FDP sorgen weiter für Unmut in den Ländern. Die designierte Thüringer Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) kündigte am Dienstag Widerstand gegen die Pläne der schwarz-gelben Koalition in der Steuer- und Gesundheitspolitik an, sollten sie den Landeshaushalt belasten. Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) drohte damit, die Steuersenkungen im Bundesrat abzulehnen.
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Sollten sich die Steuerpläne negativ auf den Landeshaushalt auswirken, «werden wir damit nicht einverstanden sein können», sagte Lieberknecht der «Welt» vom Dienstag. Im Koalitionsvertrag mit der SPD in Thüringen sei verabredet worden, dass die Interessen Thüringens vorgingen. Auch in der Gesundheitspolitik will die CDU-Landesvorsitzende nicht alle geplanten Veränderungen mitmachen. «Thüringen kann mit dem Gesundheitsfonds gut leben, der Status quo ist für uns akzeptabel», sagte sie. Wenn es jetzt den Plan gebe, das Geld stärker regional zu verteilen, «dann darf Thüringen nicht ins Hintertreffen geraten».
Müller meldete Zweifel an, ob sein Land die geplanten Steuersenkungen von Union und FDP im Bundesrat billigen kann. «Wir haben Diskussionsbedarf», sagte Müller dem «Kölner Stadt-Anzeiger». «Darüber, wie ein finanzschwaches Land wie das Saarland das hinbekommt, muss einfach geredet werden.» Zwar fügte Müller hinzu: «Wenn wir die Lasten tragen können, dann tragen wir sie.» Die beabsichtigten Mehrausgaben für die Bildung und die ab 2011 greifende Schuldenbremse im Grundgesetz müssten aber mit den Steuersenkungen in Einklang gebracht werden.
Rheinland-Pfalz spricht von Plünderung der Haushalte
Der rheinland-pfälzische Finanzminister Carsten Kühl (SPD) lehnt die Berliner Pläne strikt ab. «Was Schwarz-Gelb vorhat, macht den Ländern die Haushalte auf Jahre hinaus kaputt», sagte er der «Berliner Zeitung». «Wer vorgibt, bessere Bildung zu wollen, darf die Länderhaushalte nicht plündern.»
Für das schwarz-grün regierte Hamburg ließ Antje Möller, stellvertretende Vorsitzende der GAL-Bürgerschaftsfraktion bereits ausrichten: Sollten die Pläne der Bundesregierung den Bewegungsspielraum des Stadtstaats weiter einschränken, werde sich die Hamburger Koalition im Bundesrat «bei diversen Beschlüssen der Bundesregierung enthalten».
Zuvor hatten bereits Bremen und Berlin mit einer Verfassungsklage gegen die Steuersenkungspläne gedroht.
Auch die Kommunen warnten vor den Folgen der geplanten Steuersenkungen. «Die Steuerausfälle nehmen uns die Luft zum Atmen», sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, der «Hamburger Morgenpost». Sollten die Pläne Wirklichkeit werden, müssten Städte und Gemeinden im kommenden Jahr Steuerausfälle von 3,6 Milliarden Euro verkraften. «Das trifft uns hart angesichts der ohnehin katastrophalen Kommunal-Finanzen», sagte Landsberg. Städte und Gemeinden könnten ihre Aufgaben so nicht mehr erfüllen.
Nach Berechnungen des Bundes der Steuerzahler fallen die Steuergeschenke von Schwarz-Gelb weniger üppig aus als nach den Koalitionsverhandlungen verkündet. Zwar würden die Steuerzahler im kommenden Jahr um insgesamt 21 Milliarden Euro entlastet, berichtete die «Welt». Mit 14 Milliarden Euro gehe der Großteil davon allerdings noch auf die Beschlüsse der Vorgängerregierung zurück. Lediglich Familien mit einem Jahreseinkommen von über 60.000 Euro würden laut Steuerzahlerbund von einer zusätzlichen Entlastung profitieren.
"Eine große Steuerreform sieht anders aus», sagt Olaf Schulemann vom Bund der Steuerzahler der Zeitung. Nun komme es darauf an, dass die mittleren Einkommen ab 2011 richtig entlastet würden.
Wirtschaftsexperte begrüßt Steuersenkungen
Der Wirtschaftsexperte Thomas Straubhaar hält dagegen Steuersenkungen trotz des Haushaltsdefizits für richtig. «In der Zeit der größten Staatsverschuldung der Bundesrepublik Steuern zu senken, ist hochriskant. Aber dieser Weg ist alternativlos», wird der Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) in der in Hannover erscheinenden «Neuen Presse» zitiert. Der andere Weg wären Steuererhöhungen gewesen, die hätten jedoch das Wachstum «stranguliert».
Mittel- und langfristig werde die Regierung um eine Sparpolitik aber nicht herumkommen, prognostizierte der Wirtschaftsexperte. Noch gegen Ende dieser Legislaturperiode müsse der Rotstift angesetzt werden. «Die schwarz-gelbe Regierung sollte gegen Verschwendung und falschen Einsatz staatlicher Mittel vorgehen. Es geht auch um weniger Bürokratie und Deregulierung», betonte er. (afp/ap)