Berlin. „Was nun, Herr Habeck?“ Diese Frage stellte am Montagabend das ZDF. Der Vize-Kanzler über Migration und den schwierigen Umgang mit der AfD.

Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck (55) dringt auf eine klare Abgrenzung von Rechtsextremen und -populisten. „Es ist falsch, dem Populismus hinterherzukläffen und hinterherzubellen und hinterherzulaufen“, sagte Habeck am Montagabend in der ZDF-Sendung „Was nun, Herr Habeck?“. Er warf in diesem Zusammenhang CSU-Chef Markus Söder (58) und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (49/CDU) vor, ihre Strategie habe „nicht dazu geführt, die AfD kleinzuhalten“.

Als Gegenbeispiel nannte Habeck CDU-Ministerpräsident Daniel Günther (51) in Schleswig-Holstein. Dort sei es „mit einer anderen politischen Kultur“ bisher gelungen, die AfD sogar aus dem Landtag herauszuhalten. Habeck kritisierte auch erneut das gemeinsame Votum von Union, FDP und AfD im Bundestag zur Migrationspolitik.

Mit den von der Union dabei vorgelegten Vorschlägen etwa für Grenzschließungen werde zudem europäische Solidarität infrage gestellt, auf die Deutschland bei anderen Punkten angewiesen sei, warnte Habeck. Er verwies dabei auf die von US-Präsident Donald Trump angedrohten Strafzölle, die Deutschland als Exportnation besonders treffen würden. In der Migrationsdebatte forderte er, sich mehr um die Integration der hier lebenden Menschen in den Arbeitsmarkt zu kümmern.

Mit dem bisherigen Verlauf des Wahlkampfes zeigte sich Habeck zufrieden. Die Grünen hätten sich immerhin bisher wieder auf 15 Prozent hochgearbeitet, was etwa ihrem Bundestagswahlergebnis von 2021 (14,7 Prozent) entspreche. „Das haben die anderen Ampel-Parteien noch nicht erreicht“, sagte der Grünen-Politiker. Habeck betonte, er strebe weiterhin die Kanzlerschaft an: „Wir müssen auch gewinnen wollen, das mache ich.“ Die Grünen „gehen nach oben“, zeigte er sich zuversichtlich.

Habeck will bei Migration Fokus der Debatte drehen

Beim Streit um die Migrationspolitik möchte Habeck die Frage der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt in den Vordergrund rücken. Im ZDF erklärte er dazu, die Integrationsfrage sei in den letzten Wochen nicht „genug und hart genug“ gestellt worden. „Wir haben eine Aufgabe dort.“ 

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Die frühere Koalition aus Union und SPD habe die Möglichkeit, Menschen, die nach Deutschland geflohen seien, in Arbeit zu bringen, konsequent verhindert. Die Ampel-Koalition habe die Umkehr eingeleitet, aber „noch nicht praxistauglich genug“, sagte Habeck. „Das sind die Arbeiten, die jetzt gemacht werden müssen.“ Die Menschen sollten in den Arbeitsmarkt gebracht werden, um sich in Deutschland integrieren zu können. 

Habeck äußerte zudem erneut Kritik an der Union. Diese fordert dauerhafte Grenzkontrollen und die Zurückweisung ausnahmslos aller Versuche einer illegalen Einreise. „Germany first“, kritisierte Habeck. Das bedeute: „Wir setzen uns über das Recht hinweg. Wir schieben alle zurück und kümmern uns nicht darum, was die Nachbarn dazu sagen.“

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Alice Weidel zur Zusammenarbeit mit Union: „Meine Hand ist ausgestreckt“

Auch AfD-Chefin Alice Weidel (46) war am Montagabend im ZDF zu Gast, entsprechend hieß die Sendung hier „Was nun, Frau Weidel?“. Sie bekräftigte ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der Union, die ihrerseits eine Kooperation ausschließt. „Meine Hand ist ausgestreckt. Man kann in Verhandlungen eintreten“, sagte sie. „Ja, auch gerne als Juniorpartner“, fügte Weidel auf Nachfrage hinzu.

Weidel kritisierte, dass sich die Union mit der sogenannten Brandmauer in Koalitionen mit linken Parteien einzementiere. „Ich glaube, dass Friedrich Merz nicht mehr davon runtergeht und das ganz zum Schaden unseres Landes, weil dadurch keine politische Wende möglich sein wird“, sagte sie mit Blick auf Unionskanzlerkandidat Merz.

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Zu den Wahlaussichten ihrer Partei bei der Bundestagswahl am 23. Februar sagte Weidel: „Ich glaube, wir werden ein sehr, sehr gutes Ergebnis einfahren.“ Konkrete Prognosen wollte sie nicht machen, nannte aber 20 Prozent ein sehr gutes Ergebnis. In den Umfragen liegt die AfD aktuell in diesem Bereich. Bei der Bundestagswahl 2021 hatte die Partei 10,4 Prozent erreicht. 

Die AfD-Kanzlerkandidatin bezeichnete es als wünschenswert, 25 Prozent der Bundestagssitze zu erringen. Dann könnte die AfD im Parlament ohne Mithilfe anderer Parteien Untersuchungsausschüsse einsetzen – dafür ist ein Viertel der Abgeordneten nötig. Weidel nannte etwa einen Corona-Untersuchungsausschuss oder einen Untersuchungsausschuss zum Thema Sprengung der Nord-Stream-Gasleitungen in der Ostsee.