Essen. Unwetter haben in der Nacht zu Freitag eine Spur der Verwüstung in Teilen von NRW hinterlassen. Ministerpräsident Wüst dankte den Einsatzkräften.
Mit teils heftigen Regenfällen und Gewittern ist ein Unwetter über Nordrhein-Westfalen gezogen. Einsatzkräfte rückten bis Freitagmorgen zu zahlreichen Wasserschäden und umgestürzten Bäumen aus. Landesweit seien mehr als 4350 Einsätze gezählt worden, hieß es am Mittag aus dem NRW-Innenministerium. Wetterbedingt sei es zu 126 Verkehrsunfällen gekommen, dabei seien neun Menschen schwer und 32 Menschen leicht verletzt worden.
Sturmtief „Lambert“ hatte am Donnerstag eine heftige Unwetterfront nach NRW gebracht. Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) tobte das Unwetter seit dem frühen Nachmittag zunächst im Süden des Landes. Später erreichte das Sturmtief auch das Ruhrgebiet und zog dann weiter Richtung Nordwesten. Laut DWD wandere das Tief jetzt langsam nach Polen ab.
Der DWD hatte am späten Abend die höchste Unwetterwarnstufe für Teile des Sauerlandes wieder aufgeboben. Zuvor musste Einsatzkräfte der Feuerwehr bei Überflutungen von Kellern und Straßen sowie örtlichen Überschwemmungen an Bächen und Flüssen helfen. Es kam räumlich begrenzt zu schweren Schäden - im Hochsauerlandkreis verbeulten taubeneidicke Hagelkörner die Autos. Die Einsatzkräfte in der Gemeinde Finnentrop setzten Tauchpumpen und Wassersauger ein.
Unwetter in NRW
Unwetter in NRW: 5500 Einsatzkräfte mussten "kräftig arbeiten"
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sagte am Freitag, „die beteiligten Stellen waren gut vorbereitet und waren Tag und Nacht da, wo sie sein mussten.“ Er dankte den rund fünfeinhalbtausend Einsatzkräften, die „kräftig arbeiten“ hätten müssen.
Es sei zunächst zu keinen „außergewöhnlich großen Schadensereignissen“ gekommen, unterstrich Wüst. Die Helfer seien vor allem mit umgestürzten Bäumen, vollgelaufenen Kellern, Straßenräumungen und vermehrten Verkehrsunfällen konfrontiert gewesen. Auch am Freitagvormittag waren die Einsätze demnach mancherorts noch nicht abgeschlossen.
Sturmtief "Lambert": Emscherdeich in Dinslaken drohte zu brechen
Die Lage an den Gewässern sei aktuell beherrschbar, sagte NRW-Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) am Freitagmorgen in Vogelsang in der Eifel. An fünf Gewässern sei durch das Unwetter die Informationsstufe 1 überschritten worden. „Hier sind aber nach unseren ersten Erkenntnissen die Überflutungen in einem übersichtlichen Maß geblieben.“ Betroffen seien die Twiste, Wurm, Hönne, ein Zufluss zur Sieg in Siegen-Weidenau sowie der Neffelbach. Die Informationsstufe 1 entspricht nach Angaben des Landesamts für Natur und Umwelt (LANUV) einer möglichen Ausuferung des Gewässers mit Überflutung land- und forstwirtschaftlicher Flächen sowie leichten Verkehrsbehinderungen.
An der Emscher sollten am Freitag die Deiche überprüft werden, wie Krischer weiter berichtete. Einen Einsatz gab es bereits am Vormittag in Dinslaken am Niederrhein, wo es zu einer Deich-Erosion gekommen war. Vorerst bestehe keine akute Gefahr, sagte ein Sprecher der Emschergenossenschaft am Mittag. Aktuell sei man dabei, den Deich mit Steinen zu sichern. >> Aktuelle Infos dazu in unserem Live-Blog
Mindestens 420 Einsätze wegen Starkregens in Duisburg
Alleine in Duisburg kam es in der Nacht zum Freitag zu mindestens 420 Einsätzen der Feuerwehr. Dabei handelte es sich um vollgelaufene Keller, überschwemmte Straßen und umgestürzte Bäume, so die Feuerwehr. Einige Menschen seien in ihren Fahrzeugen eingeschlossen worden und hätten befreit werden müssen. Verletzt worden sei aber niemand.
Mehrere Straßen waren wegen Überflutung nicht mehr befahrbar. Daher kam es zu zahlreichen Verkehrsbehinderungen. Die Feuerwehr war nach eigenen Angaben mit rund 350 Einsätzen vor Ort - das Technische Hilfswerk mit etwa 42.
Zug in Essen von Ast getroffen
Die Feuerwehr Essen rückte zwischen 22 bis 3 Uhr zu rund 50 Einsätzen aus. Keller waren vollgelaufen, Straßen überflutet, Äste und Bäume umgestürzt. In Altenessen-Süd wurde eine vorbeifahrende Bahn von einem Ast getroffen. Der Lokführer erlitt einen Schock und konnte die Fahrt nicht fortsetzten, die Reisenden blieben unverletzt.
Auch in Dortmund hat das Unwetter große Schäden angerichtet - es gab zahlreiche Einsätze am Abend und in der Nacht. An einem Pflegeheim musste ein Damm errichtet werden, so die Feuerwehr. In einem Krankenhaus sei das Wasser aus der Decke gelaufen.
Dortmund: Sturm beschädigt Oberleitung von U-Bahn
Ab 1 Uhr war das gesamte Stadtgebiet durch Tief "Lambert" betroffen. Vor allem rund um den Nordmarkt liefen Keller voll und mussten leergepumpt werden. Auf der Strecke der U47 wurde eine Oberleitung beschädigt. Die Stadtbahn kann zurzeit nicht fahren, hieß es am Freietag. Die Schadensbeseitigung werde einige Tage dauern.
Ausfälle gebe es im Raum Dortmund auch auf den S-Bahnlinien S4 (Dortmund-Unna) und S5 (Dortmund-Hagen). Angaben zur Dauer der Sperrungen seien noch nicht möglich, teilte die Bahn am Morgen mit. Im Sauerland komme es zu Verspätungen auf den Regionallinien RE17 und RE57, im Märkischen Kreis seien die Linien RE34 und RB91 von Verspätungen betroffen.
Erdrutsch in Gelsenkirchen
Auf einer Straße in Gelsenkirchen kam es in der Nacht zu einem Erdrutsch. Die Ostpreußenstraße im Stadtteil Röhlinghausen musste gesperrt werden. Am Freitag sollte der Schaden nach Angaben der Polizei Gelsenkirchen behoben werden, dazu seien schwere Baumaschinen nötig, hieß es.
Die Feuerwehr Krefeld war nach eigenen Angaben bis tief in die Nacht beschäftigt, um sich um vollgelaufene Keller und Straßenunterführungen sowie herabgestürzte Äste zu kümmern. Sie zählte mehr als 70 wetterbedingte Einsätze. Die Feuerwehr Gladbeck erklärte, das Abpumpen überfluteter Straßen werde voraussichtlich bis in die Morgenstunden dauern.
Starkregen: Zahlreiche Notrufe in Oberhausen
In Oberhausen hielt der Starkregen die Feuerwehr in Atem. Zahlreiche Notrufe gingen ein wegen vollgelaufener Keller oder umgestürzter Bäume. Über einen Zeitraum von fünf Stunden rückte die Feuerwehr Oberhausen zu insgesamt 40 Einsätzen aus. Es wurden rund 60 zusätzliche Kräfte zur Unterstützung angefordert.
Umgestürzte Bäume in Düsseldorf
In Düsseldorf kam es zu rund 50 Einsätzen. Dabei handelte es sich meist um Wassereinbrüche in Kellerräumen und Wohnungen, aber auch umgestürzte Bäume und abgeknickte Äste mussten von den Einsatzkräften beseitigt werden. Die ersten Niederschläge erreichten die Landeshauptstadt gegen 14 Uhr, zu den ersten Einsätzen rückte die Feuerwehr gegen 16.30 Uhr aus.
Unwetter: Nahezu alle Stadtteile in Bottrop betroffen
Der am späten Abend anhaltende Starkregen verursachte viele Einsätze in Bottrop. Auch hier wurde die Feuerwehr hauptsächlich wegen vollgelaufener Keller und abgebrochener Äste gerufen. Die Einsatzstellen waren dabei auf nahezu alle Stadtteile verteilt. Auch die Kellerräumen eines Gewerbebetriebs standen unter Wasser. DasTiefbauamt wurde zum Einsatz hinzugezogen, da zusätzlich Wasser aus der Kanalisation nachfloss. Insgesamt gab es 27 Einsätze.
Unwetterschäden behindern Bahnverkehr in NRW
Durch die Unwetter wurde in weiten Teilen Deutschlands der Zugverkehr nach Angaben der Deutschen Bahn bundesweit erheblich beeinträchtigt. Das schwere Unwetter in Teilen von NRW sorgt auch am Freitag für einzelne Ausfälle und Einschränkungen im Bahnverkehr. Derzeit betrifft dies die Zugstrecke zwischen Siegen und Letmathe. Diese sei derzeit noch gesperrt, wie die Deutsche Bahn (DB) am Freitag mitteilte. Laut einer Sprecherin sei noch nicht abzusehen, wann die Unwetterschäden behoben sind.
Bahn: Gebuchte Bahnreisen können verschoben werden
Die Deutsche Bahn stellt sich auf Probleme ein: „Reparaturtrupps und Einsatzfahrzeuge sind in Bereitschaft versetzt, um Unwetterschäden an Oberleitungen und Hindernisse im Gleisbett wie umgestürzte Bäume oder Teile von Dächern, Planen und Unrat zu beseitigen“, sagte ein Bahnsprecher. Insbesondere in der Mitte Deutschlands und im Norden kommt es zu Verspätungen und Zugausfällen, hieß es bereits am Donnerstagabend.
Wer für Freitag ein Bahn-Ticket gebucht habe, könne die Fahrt auf einen späteren Termin verschieben. „Die Zugbindung ist aufgehoben. Das Ticket gilt dabei für die Fahrt zum ursprünglichen Zielort, auch mit einer geänderten Streckenführung. Sitzplatzreservierungen können kostenfrei storniert werden“, teilte die Bahn mit.
Ferien-Reiseverkehr möglicherweise vom Unwetter betroffen
Am Flughafen Düsseldorf war nach Auskunft einer Sprecherin am frühen Abend der Flugbetrieb kurzzeitig eingeschränkt und die Abfertigung der Flugzeuge unterbrochen. Das sei das übliche Vorgehen etwa bei Gewittern, erläuterte sie. Mehrere Flüge seien von Airlines annulliert worden.
Das betreffe aber nur einen sehr kleinen Teil der Starts und Landungen am Flughafen Düsseldorf am ersten NRW-Ferientag. Am Flughafen Köln/Bonn gab es bis zum Donnerstagabend keine Einschränkungen, wie eine Sprecherin des Airports sagte.
Versicherungswirtschaft: Unwetter-Schäden halten sich „im Rahmen“
Die Unwetter in Deutschland haben nach Einschätzung der Versicherer keine allzu großen Schäden verursacht. „Seriöse Schadenschätzungen sind erst Anfang nächster Woche zu erwarten. Unser erster Eindruck ist, dass die Schäden sich im Rahmen halten, auch wenn es sicherlich lokale Unterschiede gibt“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft, Jörg Asmussen, am Freitag laut Mitteilung. „Aus Sicht der Versicherer handelt es sich um ein stärkeres Sommerunwetter, wie wir es häufiger haben - also kein Extremwetter“, ergänzte Asmussen.
So berichten unsere Lokalredaktionen:
- Nur leichte Schäden durch nächtliches Unwetter in Bochum
- Unwettertief in Bottrop: Feuerwehr pumpt etliche Keller leer
- Unwetter in Dortmund: Wassereinbruch im Krankenhaus
- Unwetter trifft Duisburg hart: Menschen aus Autos befreit
- Unwetter über Gelsenkirchen: Erdrutsch und Straßensperrungen
- Unruhige Unwetter-Nacht für die Feuerwehr in Hattingen
- Nur ein Einsatz: Heiligenhaus bleibt vom Unwetter verschont
- Unwetter in Herne: Baum stürzt in der Nacht auf ein Auto
- Sturm in Oberhausen: Keller unter Wasser, umgestürzte Bäume
- Unwetter: Tief Lambert machte der Velberter Feuerwehr Arbeit
- Unwetter in Witten: Feuerwehr muss zehnmal ausrücken
(Red./dpa/afp)
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