Saarlouis. Die Grünen haben sich im Saarland gegen Oskar Lafontaine und für ein Bündnis mit der CDU und FDP entschieden. Kommt das Jamaika-Bündnis zustande, wäre es die erste schwarz-gelb-grüne Landesregierung. Lafontaine und die SPD sind die großen Verlierer in dem Machtpoker.
Im Saarland bahnt sich die bundesweit erste «Jamaika-Koalition» an. Die Grünen sprachen sich am Sonntag auf einem Landesparteitag mit klarer Mehrheit für Koalitionsverhandlungen mit CDU und FDP und damit gegen ein ebenfalls mögliches rot-rot-grünes Bündnis aus. Die CDU von Ministerpräsident Peter Müller begrüßte die Entscheidung, Linken-Chef Oskar Lafontaine warf den Grünen Wahlbetrug vor.
Große Mehrheit
Für das Bündnis mit Christdemokraten und Liberalen sprachen sich auf dem Parteitag in Saarlouis 117 von 150 Delegierten aus, das entspricht 78 Prozent. Dagegen stimmten 32 Delegierte, es gab eine Stimmenthaltung.
Grünen-Landeschef Hubert Ulrich hatte zuvor seine Empfehlung für «Jamaika» vor allem mit erheblichen Zweifeln an der Stabilität einer rot-rot-grünen Landesregierung begründet. In diesem Punkt habe Lafontaine mit seinem Rückzug vom Vorsitz der Bundestagsfraktion für letzte Klarheit gesorgt. Grundlage bei den Sondierungsgesprächen mit SPD und Linken sei es immer gewesen, dass Lafontaine Rot-Rot-Grün an der Saar von Berlin aus unter die Arme greifen werde. Mit einem «Neben-Ministerpräsidenten» könne ein Bündnis nicht funktionieren.
Lafontaine warf den Grünen vor, sie hätten ihr zentrales Wahlkampfversprechen gebrochen, die Regierung von Ministerpräsident Müller abzulösen und SPD-Landeschef Heiko Maas zum Regierungschef zu wählen. «Das Saarland wird in den nächsten Jahren von einer Koalition regiert, die durch Wahlbetrug und Wählertäuschung zu Stande gekommen ist», erklärte Lafontaine, der Chef der Linken-Fraktion im Landtag ist. Ulrich sei von Beginn an fest zu einer Koalition mit CDU und FDP entschlossen gewesen. «Das Saarland hat diese Regierung der Wahlbetrüger nicht verdient.»
Inhaltliche Zugeständnisse
Ulrich und die Co-Vorsitzende Claudia Willger-Lambert warben vor den Delegierten aber auch mit den inhaltlichen Zugeständnissen, die die Grünen CDU und FDP abgerungen hätten. Ulrich nannte die Abschaffung der Studiengebühren, den Verzicht auf weitere Kohle-Großkraftwerke, das definitive Auslaufen des Bergbaus, Vorrang des ÖPNV vor dem Straßenbau, eine Reform des Umweltrechts und die Einführung einer Verbandsklage im Tierschutz. Vor allem in der Bildungspolitik habe man im bürgerlichen Lager einen Paradigmenwechsel erreicht. Dazu gehörten ein längeres gemeinsames Lernen in der Schule, ein echtes Wahlrecht zwischen acht- und neunjährigem Gymnasium und die Abschaffung des Sitzenbleibens bis zum zehnten Schuljahr. Ulrich ließ sich Berichten zufolge bereits die Zusagen aus den Sondierungsgesprächen schriftlich bestätigen.
Pofalla und Niebel zufrieden
CDU-Generalsekretär Stephan Toscani sagte, das «Jamaika»-Büdnis könne Brücken über die politischen Lager hinweg bauen und möglicherweise Modellcharakter für die Parteienlandschaften in Deutschland entfalten.
Der FDP-Landesvorsitzende Christoph Hartmann betonte im AP-Gespräch, alle Beteiligten beträten Neuland. Bei diesem Projekt gebe es «besondere Chancen, Ökologie und Ökonomie miteinander zu verbinden». Der FDP-Chef kündigte an, im Landesvorstand am Dienstagabend um Zustimmung zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen zu bitten.
Auch CDU und FDP im Bund begrüßten die Entscheidung. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte der «Financial Times Deutschland» (Montagausgabe): «Die Grünen haben sich für stabile Verhältnisse im Saarland entschieden. Es ist zu begrüßen, dass sie sich weigern, als Mehrheitsbeschaffer für rot-rote politische Experimente zu dienen.»
FDP-Generalsekretär Dirk Niebel sagte dem «Tagesspiegel»: «Wenn die Grünen jetzt im Saarland anders als vergangenes Jahr in Hessen erkennen, dass die Linke unfähig zur Zusammenarbeit ist, dann gehen sie in die richtige Richtung.»
Bei der Landtagswahl Ende August hatte die CDU ihre absolute Mehrheit verloren und nur noch 34,5 Prozent der Stimmen erreicht. Die FDP kam auf 9,2 Prozent, die SPD auf 24,5 und die Linke auf 21,3 Prozent. Damit wurden die Grünen mit 5,9 Prozent zum Zünglein an der Waage. (ap)