Rheinsberg. Jetzt ist es offiziell: Oskar Lafontaine gibt seinen Fraktionsvorsitz der Linkspartei im Bundestag auf. Stattdessen soll er bei Rot-Rot-Grün im saarländischen Landtag bleiben. Der linke SPD-Flügel freut sich.

Linken-Chef Oskar Lafontaine gibt überraschend den Fraktionsvorsitz seiner Partei im Bundestag auf. Auf einer Klausurtagung der neugewählten Abgeordneten im brandenburgischen Rheinsberg verzichtete der 66-Jährige am Freitag auf eine neuerliche Kandidatur. Parteivorsitzender will Lafontaine aber bleiben und entgegen ersten Meldungen auch sein Bundestagsmandat behalten.

Der Schritt habe nichts mit der angestrebten Bildung einer rot-rot-grünen Landesregierung im Saarland zu tun, versicherte er. Er wisse auch nicht, wie sich die Grünen auf ihrem Landesparteitag am Sonntag entscheiden werden. Dabei wollen sie darüber befinden, ob es im Saarland zu Koalitionsverhandlungen mit SPD und Linken über Rot-Rot-Grün oder aber mit CDU und FDP über eine Jamaika-Koalition kommt.

Offen ließ Lafontaine zunächst auch, ob er den Vorsitz der Linksfraktion im Saarbrücker Landtag auf Dauer neben seinem Bundestagsmandat behalten will oder nicht. «Diese Entscheidung werde ich Ihnen mitteilen, wenn sie getroffen ist», sagte er.

Grünen-Landeschef Hubert Ulrich hatte Lafontaine zuvor gewarnt, sich im Saarland als «Neben-Ministerpräsident» unter SPD-Chef Heiko Maas einzurichten und von einem «Affront» sowie einer Belastung der Koalitionssondierungen gesprochen.

Frauen für Partei- und Fraktionsspitze gesucht

Mit seinem Rückzug von der Fraktionsspitze in Berlin will Lafontaine nach eigenen Angaben den Weg für neue Doppelspitzen von Partei und Bundestagsfraktion frei machen, zu denen jeweils auch eine Frau gehören soll. Am Freitag sollte allerdings zunächst der bisherige Kovorsitzende Gregor Gysi zum alleinigen Fraktionschef gewählt werden. Längerfristig werde es aber wieder eine Doppelspitze geben, bei der sowohl die Frauenquote als auch der Ost-West-Proporz beachtet werden sollten, kündigte Lafontaine an.

Der mittlerweile ins Europaparlament gewählte Mitparteichef Lothar Bisky will nächstes Jahr nicht mehr für dieses Amt antreten. Für ihn wird neben Lafontaine eine Nachfolgerin aus Ostdeutschland erwartet, für den Fraktionsvorsitz neben Gysi eine Frau aus Westdeutschland. Lafontaine sagte, er habe die Entscheidung zur Aufgabe der Fraktionsführung im Bundestag schon vor einiger Zeit getroffen. Schließlich sei das Ziel erreicht, die Linkspartei als deutschlandweite Kraft zu etablieren. Jetzt wolle er sich auf die Aufgabe als Parteivorsitzender konzentrieren.

Während die Grünen gereizt auf den möglichen Verbleib Lafontaines als Fraktionschef im Saarbrücker Landtag reagierten, sah ihn die SPD positiv. Landesgeneralsekretär Reinhold Jost sagte, die in Erwägung gezogene dauerhafte Übernahme des Fraktionsvorsitzes in Saarbrücken könne auch in Hinblick auf die die bevorstehende Entscheidung der Grünen als «Angebot zur weiteren Stabilisierung einer möglichen rot-rot-grünen Regierungsarbeit» gewertet werden. Es wird vermutet, dass Lafontaine nur beim Zustandekommen von Rot-Rot-Grün Fraktionschef im Landtag blieben wird.

SPD-Linke: "Kein Sozialdemokrat weint ihm eine Träne nach"

Linken-Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch sagte im Bayerischen Rundfunk: «Es ist so, dass Oskar Lafontaine uns gesagt hat, dass er eine besondere Verantwortung für die Regierungsbildung an der Saar habe.» Wenn es dort und auch 2010 in Nordrhein-Westfalen zum Regierungswechsel komme, habe die Linke über den Bundesrat Gestaltungsmöglichkeiten gegenüber der schwarz-gelben Bundesregierung.

Grünen-Landeschef Ulrich warnte aber, Lafontaine als Fraktionschef auf Dauer würde ein «permanentes Gerangel um Öffentlichkeitswirksamkeit, um Positionen und um Stabilität» in einer rot-rot-grünen Koalition bedeuten. Der saarländische CDU-Generalsekretär Stephan Toscani sprach von einer «zweiten Flucht aus Berlin» des ehemaligen SPD-Vorsitzenden.

Lafontaines Rückzug erfreut den linken SPD-Flügel. «Es gibt keinen Sozialdemokraten, der ihm eine Träne nachweint, höchstens aus Freude», sagte SPD-Präsidiumsmitglied Ralf Stegner der in Düsseldorf erscheinenden «Rheinischen Post». «Lafontaine war ein zentrales Hindernis für einen unverkrampften Umgang mit der Linkspartei im Bund. Das ist nun weg», betonte der Fraktionschef der SPD im Landtag von Schleswig-Holstein. Allerdings blieben auch nach dem Weggang Lafontaines die inhaltlichen Unterschiede zwischen SPD und Linkspartei bestehen, stellte Stegner klar. (ap/ddp)