Berlin/Düsseldorf. Jamaika an der Saar: Das bewegt die Parteien in der gesamten Republik und vor allem in NRW, wo die nächsten Landtagswahlen stattfinden. Doch die Grünen in NRW betonen, schwarz-gelb-grüne Gedankenspiele sind tabu. Zu groß seien hierzulande die politischen Unterschiede.
Es gab ihn in verschiedenen Ausführungen. Aber in der Substanz war der Satz, den tonangebende Grüne aus NRW am Montag zum Jamaika-Ausflug der Kollegen aus dem Saarland im Angebot hatten, stets der gleiche: „Die Entscheidung im Saarland hat keine Signalwirkung auf andere Bundesländer, auch nicht auf NRW.”
Dem schloss sich die zwischen lauter Zustimmung und leisem Zweifel lavierende Bundesspitze an und bemühte, wie Grünen-Chef Cem Özdemir, das Bild vom „regionalen Experiment”. Experimente können klappen – „oder eben auch nicht”.
Und an „Eben-auch-nicht” bestand am Montag kein Mangel, je näher man nach NRW vorstieß. Zum Beispiel Daniela Schneckenburger: „Die FDP führt einen ideologischen Kampf gegen die Windenergie.” So verbaue sie die Chance auf die Energiewende und verhindere Zukunftsjobs. Als weitere Hindernisse für Jamaika nannte die Grünen-Chefin in NRW das dreigliedrige Schulsystem sowie die Privatisierungspolitik der CDU/FDP-Landesregierung. „Beide Parteien zerschlagen den sozialen Wohnungsmarkt. Die Privatisierung der LEG-Wohnungen war falsch.”
Grüne sehen mit Schwarz-Gelb wenig Schnittmenge
Auch Vize-Fraktionschef Reiner Priggen sieht derzeit keine Grundlage für Jamaika. „Die Energiepolitik der FDP hat nichts mit Klimaschutz zu tun.” Eine FDP, die etwa auf Studiengebühren und weitere Kohlekraftwerke verzichte, könne er sich wiederum kaum vorstellen. Fraktionschefin Sylvia Löhrmann wehrte sich generell gegen den Versuch, Parallelen zu ziehen zwischen einem Kleinstbundesland und dem bevölkerungsreichen NRW. „Unsere Linie ist und bleibt: Wir setzen auf inhaltliche Eigenständigkeit.” Auf die Frage, wie groß die Schnittmengen mit der schwarz-gelben Landesregierung seien, sagte Löhrmann spontan: „Da fällt mir verdammt wenig ein.”
Zu vital sind im Grünen-Lager die Erinnerungen daran, von der FDP der Technologiefeindlichkeit und Staatsgläubigkeit geziehen zu werden. „Herr Westerwelle hat uns als Schutzmacht der Windrädchen und Feldhamster verspottet. So etwas vergisst man nicht”, sagt ein Grüner hinter vorgehaltener Hand. Löhrman sagt es so: „Wir verstehen uns als klare Alternative zur FDP, nicht als Ergänzung.”
Özdemir lässt Kurs offen
Wie der Kurs der NRW-Grünen mit Blick auf 2010 aussehen sollte, ließ Parteichef Özdemir gleichwohl offen. „Auch in NRW sind die Grünen der SPD näher”, sagte er. Doch mache die CDU in der Ausländerpolitik „Lockerungsübungen”. Für Bündnisse müsse gelten, dass eine „grüne Handschrift” erkennbar sei – wie im Saarland eben.
„CDU und FDP zahlen einen sehr hohen Preis”, sagte Özdemir, etwa die Abschaffung der Studiengebühren oder die Einführung von Gemeinschaftsschulen. Auch sollen Volksbegehren ohne Finanzvorbehalt in der saarländischen Verfassung verankert und der Bau weiterer Kohlegroßkraftwerke ausgeschlossen werden.
Vorstellen, dass CDU und FDP in NRW auf vergleichbare Forderungen eingehen würden, können sich derzeit wenige Grüne. Aber noch bleibt Zeit. Anfang Februar 2010 will der mitgliederstärkste Landesverband übers Wahlprogramm beraten - mögliche Wahlaussage inklusive.