Zwei neue Ministerpräsidenten aus den eigenen Reihen – dieser Doppel-Erfolg schien für die SPD nach den Landtagswahlen in Thüringen und im Saarland noch vor einigen Tagen schon zum Greifen nah. Und nun? Aus der Traum!

Denn nachdem in Erfurt die SPD-Spitze Angst vor der eigenen Courage bekam und statt Rot-Rot-Grün lieber eine weniger gewagte Koalition mit den Christdemokraten anpeilt, machen in Saarbrücken die Grünen den Sozialdemokraten nun einen dicken Strich durch die voreilig aufgemachte Regierungs-Rechnung.

Während die Thüringer Genossen einen hausgemachten Ärger beschwert und deshalb mächtig Druck von der eigenen Basis bekommen, die die Entscheidung zugunsten von Schwarz-Rot nicht wahrhaben will, und die Sozis von der Saar angesichts der Absage der Grünen fürs erste wie begossene Pudel dastehen, eröffnet das Votum für „Jamaika” den Grünen eine willkommene weitere Regierungsoption. Die einstige Alternativ-Partei ist, machtpolitisch betrachtet, inzwischen im Club der Etablierten angekommen. CDU und FDP machten den Grünen ihr Ja zu Schwarz-Gelb-Grün offenbar mit weitreichenden Zugeständnissen leicht – beispielsweise mit dem Verzicht auf Studiengebühren und Änderungen am Schulsystem.

Verlierer Lafontaine

Zu den Verlierern an der Saar gehört Linkspartei-Chef Oskar Lafontaine. Nicht zuletzt seine Ankündigung, künftig in der Heimat wieder politisch mitmischen zu wollen, gab offenbar den Ausschlag für die deutliche Absage der Grünen an ein rot-rot-grünes Bündnis. Lafontaine ist mittlerweile anscheinend auch in weiten Teilen des linken Lagers zu einer Reizfigur geworden. Immer deutlicher wird, dass sein Stern sinkt.

Auch in Nordrhein-Westfalen dürfte ein Saarbrücker „Jamaika”-Experiment auf große Aufmerksamkeit stoßen. Wenn im Mai die Linkspartei den Sprung in den Düsseldorfer Landtag schaffen sollte und es nicht mehr für eine neuauflage der aktuellen schwarz-gelben Landesregierung reichen sollte, werden dort womöglich die Koalitions-Karten neu gemischt. „Jamaika” könnte dann ganz schnell Schule machen.