Berlin. Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Andrea Nahles gibt Linken-Chef Oskar Lafontaine die Schuld fürs Scheitern einer rot-rot-grünen Regierungsbildung im Saarland. Doch die Meinungen der Bundespolitiker gehen auseinander.
Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Andrea Nahles hat nach dem Scheitern einer rot-rot-grünen Regierungsbildung im Saarland scharfe Kritik an Linken-Chef Oskar Lafontaine geübt. «Absicht oder nicht: Lafontaine agiert als Steigbügelhalter für einen abgehalfterten Ministerpräsidenten», sagte Nahles der «Berliner Zeitung». Dem gescheiterten SPD-Landeschef Heiko Maas stärkte Nahles den Rücken. Maas bleibe zu Müller die einzige echte Alternative. «Sein klarer und kompetenter Kurs wird sich auszahlen, auch wenn dieser Schlag weh tut», sagte die designierte SPD-Generalsekretärin.
Doch die Reaktionen aus der Politik könnten unterschiedlicher nicht sein: Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) etwa sieht nach der Entscheidung der Grünen im Saarland für Koalitionsverhandlungen mit CDU und FDP Bündnisse zwischen Christdemokraten und Grünen auf dem Weg zur politischen Normalität. «Das ist eine gute Nachricht», sagte er dem «Hamburger Abendblatt». «Die CDU in Hamburg hat nur gute Erfahrungen mit den Grünen gemacht. Mich freut, dass auch andere Länder diesen Weg jetzt einschlagen und wir in Hamburg damit keine Ausnahmeerscheinung mehr sind.» In Hamburg regiert seit 2008 ein Bündnis aus CDU und Grünen.
Özdemir sieht «Jamaika» nicht als Option für den Bund
Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir hat dagegen die sogenannte Jamaika-Koalition mit CDU und FDP als «saarländisches Modell» bezeichnet. Das Bündnis sei ein «Experiment, aber sicher kein Modell», sagte Özdemir am Montag im Deutschlandfunk in Bezug auf die Bundesebene. Ein Experiment könne klappen, aber auch schief gehen.
Eine Koalition mit Union und FDP im Saarland bringe einen Politikwechsel, die Einigung über Mindestlöhne, Atomausstieg und in der Bildungsspolitik seien «ungefähr 100 Prozent das Gegenteil dessen, was Herr Müller bislang als alleiniger Ministerpräsident im Saarland gemacht hat», sagte Özdemir. Es wäre schwer erklärbar gewesen, dem Bündnis abzusagen, «wenn die CDU grüne Politik machen möchte».
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Für eine Koalition mit der Saar-SPD um den Vorsitzenden Heiko Maas habe es «halt nicht gereicht». Die Koalition müsse fünf Jahre halten, «dann muss man sich in die Augen schauen und vertrauen», sagte Özedmir. Dies sei mit der Linkspartei nicht möglich gewesen. Den Grünen gehe es um Inhalte, «und da haben wir die Sorge gehabt, dass das mit der Linkspartei eine schwierige Sache ist: Kann man sich auf die verlassen?» Dass es diesbezüglich Probleme gebe, könne man auch in anderen Bundesländern sehen.
Lötzsch kritisiert Saar-Grüne
Die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Gesine Lötzsch, widerum hat die Entscheidung der Grünen im Saarland gegen eine Koalition mit Linkspartei und SPD kritisiert. «Ich halte das für ein sehr merkwürdiges Demokratieverständnis», sagte Lötzsch am Montag im Deutschlandfunk. Die Grünen hätten ihre Wahlversprechen «weggeworfen». Linkspartei-Chef Oskar Lafontaine sei im Saarland als Spitzenkandidat in den Wahlkampf gezogen und habe frühzeitig angekündigt, unter dem SPD-Vorsitzenden Heiko Mass als Ministerpräsident nicht in die Regierung zu gehen. Die Linke sei nicht unehrlich mit den Wählern umgegangen.
Lafontaine und der Thüringer Linke-Spitzenkandidat Bodo Ramelow seien von kleineren Parteien «als starke Persönlichkeiten wahrgenommen» worden. Die Entscheidung gegen Koalitionen mit der Linkspartei sei eine Schwäche der Grünen im Saarland und des Thüringer SPD-Vorsitzenden Christoph Matschie. Wer Angst vor starken Persönlichkeiten habe, müsse über sich selbst nachdenken.
In Brandenburg, wo Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) die Wahl zwischen Linken und CDU hat, hätten die Wähler das Personal der Linkspartei akzeptiert, sagte Lötzsch. Die Ankündigung der Linke-Fraktionsvorsitzenden Kerstin Kaiser, wegen der Kritik an ihrer Stasi-Vergangenheit auf ein Ministeramt zu verzichten, sei eine persönliche Entscheidung gewesen, sagte Lötzsch. Kaiser sei von den Wählern in Kenntnis ihrer Biografie dreimal mit einem Direktmandat ausgestattet worden. Sie könne als Fraktionsvorsitzende in Brandenburg womöglich mehr in die Politik eingreifen als von einem Ministerposten aus. (ddp/afp)