Witten. Diesen Abend wird Frank C. (81) kaum vergessen. Er wollte mit dem 320er heimfahren. Stattdessen wurde der Wittener beleidigt und eingeschlossen.
- Frank C. (81) sollte für sein zusammengeklapptes Faltrad im Bus ein Ticket lösen - obwohl es als Handgepäck gilt.
- Der Busfahrer bestand auf einem Fahrschein, verschloss die Tür und rief die Polizei, als der Senior sich weigerte.
- Der dramatische Vorfall belastet den 81-Jährigen bis heute so schwer, dass er in Therapie ist.
Der Vorfall hat sich im vergangenen Sommer ereignet. Doch Frank C. erinnert sich daran, als habe er ihn gestern erlebt. Was passiert ist, belastet ihn noch heute. Dabei wollte der 81-Jährige eigentlich nur mit der Buslinie 320 vom Freizeitbad Heveney nach Hause in die Wittener Innenstadt fahren. Dass er sein zusammengeklapptes Faltrad dabei hatte, wurde ihm zum Verhängnis - obwohl er gar nichts falsch gemacht hatte.
Gegen 21.30 Uhr stieg Frank C. am 8. Juli mit einem gültigen Fahrausweis und dem Rad in den Bus. Er war gerade in der Sauna, für die er eine Jahreskarte besitzt, und eigentlich ganz entspannt. Der Busfahrer forderte ihn auf, auch ein Ticket für das mitgeführte Rad zu kaufen. „Ich habe versucht zu erklären, dass ein zusammengeklapptes Faltfahrrad kostenlos als Handgepäck mitgenommen werden darf“, sagt der Senior. Daraufhin habe ihn der Mann ausgelacht und darauf bestanden, das Ticket zu kaufen.
Wittener Fahrgast als „alter Sack“ beleidigt
„Ich hatte aber gar kein Geld dabei und bat ihn, jemanden von der Bogestra anzurufen.“ Tatsächlich habe er Kontakt zur Leitstelle aufgenommen, die ihm bestätigte, dass ein Ticket für das zusammengeklappte Faltrad nötig sei. Daraufhin habe ihn der Fahrer aufgefordert, den Bus zu verlassen. „Das hätte ich auch trotz des gültigen Fahrausweises getan, wenn es nicht nachts gewesen und der nächste Bus nicht erst eine Stunde später gefahren wäre.“
Erneut kontaktierte der Fahrer die Leitstelle, die erneut bestätigte, dass ein Ticket nötig sei. Frank C.: „Daraufhin schloss der Busfahrer die Türen und teilte mir mit, dass solchen Typen wie mir nur mit der Polizei beizukommen ist. Das würde mich sehr teuer zu stehen kommen.“ Auch Beleidigungen wie „alter Sack“ seien gefallen.
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Tatsächlich sei nach etwa 20 Minuten die Polizei gekommen. Kurze Zeit später stellte sich dann nach einem erneuten Anruf der Leitstelle heraus, dass Frank C. doch kein Ticket für das Rad bräuchte - also im Recht war. „Wichtig ist, dass das Fahrrad zusammengeklappt ist. Nur so zählt es als Handgepäck“, betont die Bogestra später.
Schon während Frank C. mit der Polizei sprach, sei es ihm immer schlechter gegangen. Auch die übrigen Fahrgäste hätten ihm nicht zur Seite gestanden, sondern ihn - im Gegenteil - noch als alten Mann verhöhnt. „Dabei war ich ja unschuldig.“ Der Vorfall, Frank C. spricht von „Freiheitsberaubung“, belastete den Wittener auch Tage danach psychisch so schwer, dass er einen Nervenzusammenbruch erlitt.
Falträder in Bus und Bahn
Nutzer von Falträdern benötigen keine Extra-Fahrkarte für ihr Fahrrad, wenn sie es in Bus und Bahn mitnehmen. Das geht aus den Bestimmungen hervor, die der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) in seinem „Handbuch Tarif und Vertrieb“ veröffentlicht hat. Demnach zählen Falträder, aber auch handelsübliche Tretroller, ob mit oder ohne E-Antrieb, jedoch nur dann als „Handgepäck“ ohne notwendiges Extra-Ticket, wenn sie „auf das kleinstmögliche Packmaß“ vollständig zusammengeklappt sind. (Red.)
Bogestra untersucht den Vorfall
Seitdem werde er medizinisch betreut. Lange ging es ihm schlecht, noch immer macht er eine Traumatherapie. Deshalb schildert er erst jetzt, was vor einem guten halben Jahr passiert ist, redet sich das Ganze im wahren Wortsinn von der Seele.
Natürlich hat sich Frank C. längst selbst an die Bogestra gewandt - die den Vorfall auf Anfrage dieser Redaktion weitestgehend bestätigt. Und sich auch schon ausdrücklich bei dem 81-Jährigen entschuldigt hat. Das Verkehrsunternehmen hat ihm „aus Kulanz“ und „nach Prüfung der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten“ ein kostenloses Deutschlandticket für einen Monat angeboten. „Lächerlich“, findet er und wünscht sich echtes Interesse von Seiten der Bogestra statt bloßer „Floskeln“ und der Mitteilung, dass er keinen Anspruch auf Schadensersatz habe - obwohl er laut eigener Aussage diesbezüglich gar keine Ansprüche geltend gemacht hatte.
Deutschlandticket als Entschädigung
„Die Rückmeldungen unserer Fahrgäste sind uns wichtig und wir nehmen sie sehr ernst“, heißt es von der Bogestra. Beschwerden würden umgehend im Haus weitergeleitet und intern aufgearbeitet. „Dies haben wir in diesem Fall selbstverständlich auch veranlasst.“
Noch einmal entschuldigt sich die Bogestra für den Vorfall. Das Angebot des kostenlosen Deutschlandtickets für einen Monat bestehe weiterhin.
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