Witten. Kaum vorstellbar: Nicht jeder in Witten hat ein warmes Bett. Es gibt Menschen, die bei Minusgraden draußen schlafen. Das muss nicht sein.
- Eine Handvoll Menschen in Witten schläft auch bei Minusgaden auf der Straße.
- Wittenerin von „Steffi hilft“ rät: „Obdachlose einfach mal ansprechen.“
- Stadt und Diakonie bieten Betroffenen Unterkunft und Beratung.
Wenn die Temperaturen nachts unter null Grad fallen - wie in diesen Tagen - dann kuscheln sich die meisten von uns in ein warmes Bett. Jetzt draußen schlafen? Fast nicht vorstellbar. Doch drei bis vier Obdachlose nächtigen derzeit in Witten trotz eisiger Kälte im Freien. „Sie verkriechen sich dann“, sagt Stefanie Charlotte Neto Mendonca, in der Ruhrstadt bekannt durch ihre Organisation „Steffi hilft“, mit der sie nicht nur Tiere in Not unterstützt, sondern auch Menschen.
Die 50-Jährige weiß, wo die Obdachlosen ihr Nachtlager aufschlagen. Doch sei es besser, das nicht an die große Glocke zu hängen, weil sie dort sonst wieder vertrieben würden. Einer habe Zuflucht an einem warmen Ort gefunden. Ein anderer finde Unterschlupf in einem Kasten, in dem sonst Mülltonnen stehen. „Einer hat ein Zelt, das er irgendwo im Wald aufbaut.“ Und dann gebe es noch eine Frau, die trotz ihres Hustens keine Hilfe annehmen will.
Wittenerin hilft Menschen in Not
Natürlich sollten sich die Obdachlosen anständig verhalten, wenn sie draußen schlafen, und nicht etwa ihre Bedürfnisse an Ort und Stelle verrichten, sagt auch Steffi Mendonca. Dass sie manchmal ihre Schlafsäcke einfach liegenlassen, weil sie sie nicht den ganzen Tag mit sich herumschleppen wollen, sei vielleicht nachvollziehbar. „Dennoch werden sie oft wie Aussätzige behandelt, die man am liebsten nicht beachtet.“
Steffi Mendonca hat da keine Berührungsängste. Und sie appelliert gerade jetzt im Winter auch an andere Menschen, nicht wegzuschauen, sondern die Obdachlosen einfach mal anzusprechen: „Wie kann ich dir helfen? Möchtest du einen heißen Tee? Oder warme Socken?“ Sie weiß aber auch: Nicht jeder Wohnungslose möchte reden. „Aber das merkt man ja schnell.“
Draußen schlafen - das muss eigentlich keiner, der unfreiwillig obdachlos ist. Die Stadt Witten hat in den vergangenen Jahren 250.000 Euro in ihre Obdachlosenunterkünfte am Mühlengraben investiert. Zuvor hatten sich Bewohner über Missstände in den beiden Häusern beklagt. Dort können rund 40 Menschen untergebracht werden, derzeit wohnen dort 28 Personen, so die Stadt. Dabei handelt es sich aber um einen permanenten Aufenthalt, während die Unterkunft an anderer Stelle in Witten tatsächlich eine Notschlafstelle ist.
„Obdachlose werden oft wie Aussätzige behandelt.“
Diese bietet Platz für acht Männer und sechs Frauen. Aktuell nutzen drei Männer und zwei Frauen das Angebot. „Eigentlich ist dort der Aufenthalt tagsüber nicht gestattet, wegen der eisigen Kälte dürfen derzeit aber alle Personen den ganzen Tag bleiben“, heißt es von der städtischen Pressestelle. Man stelle jedoch keinen „witterungsbedingten Zuwachs“ fest.
Wittener Beratungsstelle für Wohnungslose
Dass etwa „eine Handvoll“ Menschen in Witten auf der Straße schläft, kann auch die Diakonie Mark-Ruhr bestätigen, die an der Röhrchenstraße Menschen in Not berät und Hilfe bietet. „Die Dunkelziffer kann höher liegen“, sagt Leiterin Birgit Land. Rund 500 Personen pro Jahr suchen die Wohnungslosenhilfe auf. „Wir haben immer guten Zulauf.“
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Den größten Anteil machen jene aus, die bei Verwandten oder Freunden auf dem Sofa schlafen. Land: „Sie gelten nicht als obdachlos, sondern als verdeckt wohnungslos und fallen auf der Straße nicht auf.“ Ursache für die hohe Zahl sei nach wie vor die schwierige Lage auf dem freien Wohnungsmarkt. Vor allem für Ein-Personen-Haushalte sei es nicht leicht, eine Bleibe zu finden, deren Miethöhe vom Jobcenter akzeptiert wird. Zudem würden Vermieter häufig nach Schulden fragen oder eine Schufa-Auskunft verlangen.
Tipp: Obdachlose einfach mal ansprechen
Birgit Land rät Passanten ebenfalls, auf der Straße schlafende Menschen anzusprechen und Hilfe anzubieten. Gerade habe noch eine Anwohnerin in der Beratungsstelle nachgefragt, wie sie sich verhalten soll. „Eine Decke anbieten oder auf die Hilfsangebote in der Stadt verweisen, wenn derjenige untergebracht werden will.“ Auch die Polizei wisse, was dann zu tun ist.
In den nächsten Nächten sind erneut Minustemperaturen vorhergesagt. Die Beratungsstelle der Diakonie Mark-Ruhr freut sich dementsprechend über wärmende Spenden: „Schlafsäcke sind immer gerne gesehen.“ Benötigt werden außerdem dicke Socken und Winterjacken.
Wer etwas abgeben möchte, kann dies während der offiziellen Sprechzeiten an der Röhrchenstraße 10 tun: montags bis freitags von 8.30 bis 12 Uhr.
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