Ruhrgebiet. Sind 58 Euro für einige Pendler schon zu teuer? Wir haben die Verkehrsvertriebe gefragt, wie die Kunden auf den Preissprung reagieren.
Das Deutschlandticket ist zum Jahreswechsel teurer geworden – hat das Kunden gekostet? Immerhin ist der Preis von 49 Euro auf nun 59 Euro geklettert, ein Sprung von rund 18 Prozent. Wir haben bei den Verkehrsbetrieben der Region nachgefragt.
Hat die Verteuerung zu einem Kundenrückgang geführt?
Nein – oder kaum. „Aktuell sind unsere Zahlen in Essen und Mülheim stabil“, meldet die Ruhrbahn. Auch die Dortmunder DSW21 „beobachtet keine Auffälligkeiten bei den Kündigungsquoten“, auch wenn grundsätzlich mit dem monatlich kündbaren Deutschlandtickets mehr Bewegung in den Abo-Markt gekommen sei. Es werde öfter bedarfsbezogen genutzt. Ebenso sieht es in Bochum, Gelsenkirchen und Witten bei der Bogestra aus. Die detaillierten Auswertungen laufen hier wie in vielen Städten noch.
Die Vestische Straßenbahnen GmbH im Emscher-Lippe-Raum stellt allerdings einen Rückgang von fast zwei Prozent fest. „Dieser ist allerdings nicht allein auf die Preisanpassung zurückzuführen“, sagt Pressesprecher Jan Große-Geldermann. Im Dezember hätten viele Menschen gezielt Deutschlandtickets für die Vorweihnachtszeit gekauft, um beispielsweise entspannter zum Einkaufen und zu Weihnachtsmärkten zu fahren. Einige sind nun offenbar wieder abgesprungen.
Beim DeutschlandTicket Sozial sind zudem einige Berechtigungsnachweise zum Ende des Jahres ausgelaufen. Damit endeten rund 400 Verträge im Bereich der Vestischen automatisch. „Wir gehen davon aus, dass viele der KundInnen zurückkehren, sobald sie neue Berechtigungsnachweise haben“, erklärt Große-Geldermann. „Die ersten Anträge sind bereits eingegangen.“ Berücksichtige man diese Aspekte, liege der tatsächliche Rückgang bei etwa einem bis eineinhalb Prozent – vermutlich durch die Preisanpassung.
Wechseln Kunden in klassische VRR-Tarife zurück?
Eher das Gegenteil sei der Fall, erklärt Frank Fligge für die DSW21. „Denn auch im VRR-Bereich wurden die Preise zum neuen Jahr bekanntlich um 5,5 % angepasst.“
Zudem kommt im März eine große Tarifreform. Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr streicht 500 seiner aktuell 650 unterschiedlichen Tickettypen. Seine Preisstufen reduziert der VRR von sieben auf drei. Für Abokunden rückt das Deutschlandticket damit noch mehr in den Mittelpunkt, für die Gelegenheitsfahrer steht der Tarif „eezy“ im Fokus – der ist freilich nur per App verfügbar, die den Preis nach zurückgelegten Kilometern berechnet.
Warum gibt es überhaupt noch andere Abotarife als das Deutschlandticket?
Tatsächlich sind zwischen 95 und 97 Prozent der Abokunden längst umgestiegen auf den Deutschlandtarif. Auch die Semestertickets für Studenten funktionieren mittlerweile nach diesem Prinzip. Aber es gibt Fälle, in denen sich andere Tickets durch ihre Zusatzleistungen doch rechnen.
Das Ticket2000 etwa wird die Reform im März überleben. In diesem Tarif ist man freilich limitiert auf seine Stadt (Preisstufe A), die Nachbarschaft (B) oder das VRR-Reich (C). Dafür kann man sein Fahrrad mitnehmen. Das allein würde das Ticket2000 aber immer noch nicht konkurrenzfähig machen. Bucht man die Fahrradmitnahme (+33,45 Euro) im Deutschlandtarif dazu, liegt man immer noch ein paar Euro günstiger ist als das Ticket2000 in der Preisstufe A1 für kleine Städte. Man kann allerdings nach 19 Uhr und am Wochenende eine weitere Person und maximal drei Kinder mitnehmen. In der Preisstufe D mit 221,90 Euro dürfte das aber auch nicht mehr attraktiv sein. Und sobald man mal nach Köln möchte, sind selbst bei diesem Preis noch Zusatztickets nötig.
Das Bärenticket für Senioren zum Beispiel bietet für 112 Euro die gleichen Leistungen wie das Ticket2000 in Preisstufe D plus Fahrten in der 1. Klasse – aber es wird im März eingestellt. Wahrscheinlich, weil es das günstige Deutschlandticket noch unterbot. Das gleiche Schicksal erleiden das Ticket1000, das YoungTicketPLUS und das FirmenTicket-Rabattmodell.