Witten. Wittens Wohnungsmarkt ist eng. Häuslebauer wie Mieter spüren das. Doch Neubaugebiete sind teils umstritten. Jetzt hat Haus und Grund eine Idee.

Die Wohnungsmarktsituation bleibt in Witten wie andernorts im Ruhrgebiet „weiter angespannt“. Das geht aus dem aktuellen Wohnungsmarktberichten des Regionalverbandes Ruhr und des Ennepe-Ruhr-Kreises hervor. Witten ist mit verfügbarem Bauland aber besser aufgestellt als Städte im nördlichen Ruhrgebiet. Doch zusätzlicher Wohnraum muss nicht zwangsläufig Fläche verbrauchen. Der Vorsitzende des Wittener Eigentümerverbandes Haus und Grund, Fabian Krüger, hat einen Plan.

Doch der Reihe nach. Der Immobilienmarkt steht nach wie vor unter Druck, wie RVR und Ennepe-Ruhr-Kreis für die Jahre 2022 und 2023 notiert haben. Die Nachfrage sei im vorigen Jahr ungebrochen groß gewesen, heißt es beim Kreis. Doch das Angebot sei geschrumpft. Gegenüber den Vorjahren seien „deutlich weniger Kaufverträge“ abgeschlossen worden. Das gelte gerade für Neubauten. Der Kreis führt die Entwicklung auf die „stark angestiegenen Baukosten“ zurück, aber auch auf „die lang anhaltende Debatte um das Gebäudeenergiegesetz“.

Neubauten im Außenbereich umstritten

Die Kommunen können den Wohnungsmarkt laut RVR durch Neubaugebiete entlasten, wenn Fläche vorhanden ist – wie in Witten. Dennoch könne nicht ohne Weiteres gebaut werden, selbst wenn keine Umweltbedenken bestehen, wie Stadtbaurat Stefan Rommelfanger auf Anfrage sagt.

Fachanwalt Krüger von Haus und Grund bestätigt das. Er stellt auf Anfrage fest, im Außenbereich seien nur wenige Vorhaben zulässig. Allerdings lässt er durchblicken, dass Häuslebauer und Stadtverwaltung den Begriff „Außenbereich“ unterschiedlich auslegen. Krüger: „Viel zu oft wird vorschnell und pauschal darauf verwiesen, dass es sich um ein Vorhaben im Außenbereich handele und deshalb eine geplante Bebauung nicht zulässig sei. Der Bürger muss dann sein Baurecht vor dem Verwaltungsgericht einklagen.“

Stadt ist bei Neubauten auf Investoren und Eigentümer angewiesen

Außenbereich hin, Einschränkungen her: Für die Kommune gibt es ein weiteres Problem, wie Stadtbaurat Stefan Rommelfanger auf Anfrage sagte: „Der Stadt gehören nur relativ wenige Gebiete. Wir sind darauf angewiesen, dass Investoren oder Eigentümer etwas machen.“

Das geplante Wohngebiet Waldstraße/Ardeystraße ist umstritten. Am 5. Dezember legt der Investor im Planungsausschuss einen neuen Entwurf vor (Archivbild).
Das geplante Wohngebiet Waldstraße/Ardeystraße ist umstritten. Am 5. Dezember legt der Investor im Planungsausschuss einen neuen Entwurf vor (Archivbild). © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Dennoch haben Rat und Verwaltung Weichen für neue Wohngebiete gestellt. Am Stockumer Bruch seien 120 Wohneinheiten vorgesehen. Rommelfanger: „Das ist für Witten viel.“ Am Fischertalweg in der Innenstadt sollen gleich zwei neue Wohngebiete mit insgesamt 160 Wohneinheiten errichtet werden, verbunden durch einen Grünstreifen. Dazu kommt ein Bebauungsplan für rund 30 Einheiten in der Waldstraße in Rüdinghausen.

Neuer Entwurf für Baugebiet Waldstraße

Allerdings kollidieren ausgerechnet dort Interessen. Eine Bürgerinitiative hat sich gegen eine verdichtete Bauweise ausgesprochen. Die Stadtverwaltung hat reagiert. In der kommenden Sitzung des Planungsausschusses am Donnerstag, 5. Dezember, legt sie einen überarbeiteten Entwurf des Investors vor. Er soll Bürgerbedenken Rechnung tragen.

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Den Immobilien-Experten Krüger überzeugt das kaum. Er hat grundsätzliche Bedenken gegen das Baugebiet Waldstraße. Der Jurist spricht von „einer architektonisch wenig ansprechenden Einfamilienhausbebauung auf verhältnismäßig kleinen Grundstücken“. Obendrein seien derlei Siedlungen „energetisch nicht nachhaltig“. Stadtplanung in dieser Form sei daher „wenig sinnvoll“ - auch wenn diese Form des Wohnens „populär“ sei. Krüger weiter: „Ich wünschte mir etwas mehr Mut zu einer attraktiveren und nachhaltigeren Gestaltung, denn schließlich prägt die gebaute Realität uns alle für viele Jahrzehnte.“

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Dennoch bringt Krüger einen lösungsorientierten Vorschlag in die Debatte ein: Nachverdichtung. So kann er sich vorstellen, zusätzlichen Wohnraum in Siedlungen mit langgestreckten zweigeschossigen Baukörpern und Satteldach durch den Aufsatz eines weiteren Geschosses zu schaffen: In Witten könnte die Stadt dabei mit den Wohnungsgenossenschaften zusammenarbeiten. Die Lösung hätte für Krüger den Charme, dass sie die Umwelt schonen würde. Es würde kein zusätzlicher Boden versiegelt.

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