Witten. 1945 verlieben sich ein Kriegsgefangener und eine Deutsche ineinander. Sie zieht später nach Witten. Nun sucht ein Filmteam ihre Verwandten.

Alles beginnt mit einem Brief: Im Jahr 1945 schreibt eine junge deutsche Frau einen Abschiedsbrief an ihren italienischen Geliebten, der zu dieser Zeit Kriegsgefangener in Hamburg ist. Edith wird später nach Witten ziehen und dort einen großen Teil ihres Lebens verbringen. Sebastiano kehrt zurück nach Italien und gründet dort eine Familie. Seine Enkelin Maria Elorza arbeitet jetzt an einem Film über die Liebesgeschichte der beiden. Dafür sucht sie Freunde oder Verwandte von Edith, der ersten großen Liebe ihres Großvaters.

Produziert wird der Film – halb Dokumentar-, halb Spielfilm – von der Firma „Txintxua Films“, ansässig im Baskenland. Denn Regisseurin Elorza ist in dieser autonomen Region Spaniens geboren und aufgewachsen. Als ihr Großvater vor 20 Jahren starb, räumte die Familie sein Haus auf Sardinien aus - und stieß dabei auf besagten Liebesbrief, verfasst in deutscher Sprache. Sebastiano Deias hatte die Abschiedsworte seiner deutschen Geliebten bis zu seinem Lebensende aufbewahrt.

Großvater hat nie von seiner Wittener Geliebten gesprochen

„Die ganze Familie ist sehr erstaunt über den Brief gewesen“, sagt Linda Krüger von Txintxua Films. Ab und zu habe der Landwirt von seinen Erlebnissen in Hamburg erzählt, aber er habe den Brief geheim gehalten und nie eine Frau namens Edith erwähnt. Gleichzeitig habe die Angehörigen aber auch beeindruckt, wie schön der Liebesbrief an den Vater und Großvater geschrieben war. Besonders Enkelin Maria ließ das Ganze nicht los. Für ihren mittlerweile neunten Film begab sich die 36-jährige Regisseurin also auf die Spuren ihres Großvaters.

Maria Elorza, Spanische Regisseurin, sucht für ihren neuen Film Verwandte einer Wittenerin
Die spanische Regisseurin Maria Elorza arbeitet an einem Film über ihren Großvater - und dessen erste große Liebe. © Maria Elorza | Maria Elorza

„Sebastiano war als italienischer Kriegsgefangener von 1943 bis 1945 in Hamburg interniert“, sagt Krüger, die selbst gebürtige Hamburgerin ist, aber seit 20 Jahren in Spanien lebt. Über das dortige Staatsarchiv fand das Film-Team auch eine alte Hausmeldekarte von Edith Knapp geb. Maass, der Frau, die den Brief verfasst hat. „Wir wissen, dass sie in Schwerin geboren wurde und dann nach Hamburg zog“, so Krüger. Dort heiratete sie 1947 Günter Knapp, 1950 ging es für die beiden nach Witten.

Edith lebte wohl bis in die 70er Jahre in Witten

Auch mit dem Stadtarchiv Witten hat die Filmproduktionsfirma schon Kontakt aufgenommen. Bis in die 1970er-Jahre hat das Ehepaar in der Ruhrstadt gelebt - das geht aus alten Adressbüchern hervor. „Die beiden haben drei Kinder bekommen“, sagt Krüger. Damit erschöpfen sich die Informationen über Edith und ihren weiteren Lebensweg aber auch schon.

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Doch Maria Elorza würde gerne noch mehr über Edith Knapp erfahren. Denn deren Großvater sei nicht frustriert aus Deutschland zurückgekommen, erzählt Linda Krüger. Vielmehr habe er immer Interesse an der deutschen Sprache gehabt. Und trotz der widrigen Umstände seiner Zeit in Hamburg habe er immer den Eindruck erweckt, dass er auch schöne Erinnerungen mitgebracht habe. Daran könnte Edith nicht ganz unschuldig sein, so die naheliegende Vermutung.

„Mein lieber guter Bastiano!“

„Caro Bastiano“ heißt denn auch der Film. So wie der Anfang des Briefes, nur übersetzt ins Italienische. „Mein lieber guter Bastiano!“ ließ Edith am 26. Juli 1945 ihren Abschiedsbrief beginnen. Es war der Tag der Potsdamer Erklärung, in der Amerikaner, Briten und Chinesen ihre Bedingungen für die Kapitulation Japans am Ende des Zweiten Weltkriegs festschrieben. Schon im Mai hatte Deutschland die Waffen gestreckt.

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Ein kleiner Auszug aus dem Liebesbrief, der Ursprung war für den Film „Caro Bastiano“ der spanischen Regisseurin Maria Elorza. © Maria Elorza | Maria Elorza

Was zur Trennung des Liebespaares geführt hat, ist aber unklar. Wie so vieles. „Es ist auch schon spannend, wie sie sich überhaupt kennenlernen konnten“, sagt Krüger. Denn die Kriegsgefangenen lebten in Hamburg in Lagern, wurden gemeinsam zur Arbeit gebracht und auch wieder zurück, waren ansonsten bewacht. „Es war eine richtig ‚verbotene Liebe‘“, so die 46-Jährige. Die trotzdem ihren Weg gefunden hat.

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Nun hoffen Regisseurin Elorza und das Produktionsteam, dass sich in Witten jemand an Edith und Günter Knapp erinnert - oder dass sich sogar ein Familienmitglied angesprochen fühlt und sich meldet. Um vielleicht noch etwas Licht ins Dunkel zu bringen. Neue Erkenntnisse könnten dann auch in den Film einfließen. Aktuell läuft die Vorproduktion, Drehbeginn soll im Laufe des nächsten Jahres sein. Und wer weiß, vielleicht kommt ja auch noch Witten in einer Szene groß raus.

>>> Kontaktdaten: maider@txintxua.com 

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