Witten. Jan Bockholt wollte nie Oldtimer sammeln. Inzwischen hat der Wittener doch einen. Hinterm alten Hanomag steckt eine besondere Geschichte.
Bauer Jan Bockholt wollte niemals Oldtimer aus der Landwirtschaft haben. Doch vor zwei Jahren wurde der 39-jährige Wittener seinem Vorsatz untreu. Ein Hanomag-Trecker Brillant R 442, Baujahr 1962, steht inzwischen in seiner Scheune. Ein Fahrzeugsammler hatte bei Bockholt den richtigen Nerv getroffen. Und zwar einen sehr persönlichen.
„Vor drei Jahren kriege ich einen Anruf aus Stockum“, sagt der Landwirt, der Flächen im Wittener Norden und Bochumer Süden beackert. „Ob ich Interesse an einem Oldtimer habe, an einem alten Hanomag.“ Als erstes erteilte er seinem Gesprächspartner eine Absage, bot ihm aber an, sich umzuhören, ob jemand anderes das Fahrzeug haben wolle. Doch schnell kam der Mann am Telefon auf den Punkt: „Nee, nee, der interessiert Sie. Kennen Sie Otto Bockholt? hat er gefragt“, erinnert sich der junge Landwirt. Er habe dessen Trecker.
Sammler aus Witten-Stockum arbeitete Trecker auf
Und natürlich kannte Jan Bockholt den Otto gleichen Namens - schließlich handelt es sich dabei um seinen Großvater. Also fackelte er nicht lange, fuhr zu dem Sammler, „ein ganz netter Kerl“. Der Stockumer erzählte, das Fahrzeug habe bei einer Spedition an der Cörmannstraße auf dem Hof gestanden: unbenutzt. Der Stockumer fand Gefallen am Trecker und kaufte ihn – obwohl das Fahrzeug auch bei ihm lediglich im Hausgarten stand.
„Der hatte gar keinen Acker“, kommentiert Jan Bockholt amüsiert. Der Technikfan aus Stockum hat das alte Schätzchen nachgestrichen und technisch wieder aufbereitet - und wollte ihn wieder loswerden: „Er hat tatsächlich nach mir recherchiert. Ich fand das ganz nett. Der Vorbesitzer hätte den Trecker auch bei Ebay zum Höchstpreis verhökern können.“ Verkäufer und Käufer wurden handelseinig – zu einem fairen Preis, wie Bockholt sagt.
Landwirt kannte den Trecker des Opas bislang nur aus Erzählungen
Dabei kannte der junge Landwirt den Hanomag gar nicht. „Das war vor meiner Zeit.“ Der Landwirt ist Baujahr 1985, der Ackerschlepper Jahrgang 1962. „Ich kenne den nur aus Geschichten meines Vaters.“ Jan Bockholt hat das Treckerfahren in jungen Jahren auf ähnlichen Fahrzeugen gelernt, deren Kupplung aber deutlich leichter zu treten waren.
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In Jan Bockholts Scheune steht der Hanomag neben der neuesten Trecker-Generation. Alt trifft neu, klein trifft groß. Das neue Fahrzeug in Grasgrün hat alles, was das Herz eines modernen Landwirts höherschlagen lässt: Kabine, Sitzheizung, GPS. Der Hanomag indes steht für Landwirtschaft pur. Allein die Kupplung zu treten, ist körperliche Arbeit. Die Fünf-Gang-Schaltung – für die frühen 60er hochmodern – erfordert indes besonders Feingefühl. Die Vibrationen des 42-PS-Dieselmotors spürt der Fahrer mit jeder Faser seines Körpers. Der Hanomag ist laut, er riecht nach Motoröl und Diesel: Jan Bockholt liebt ihn dafür.
Hanomag ist eine Reise in die Kindheit
„Für mich ist der Hanomag eine Reise in die Kindheit“, sagt er, und seine Augen glänzen. „Mit meiner Mutter spreche ich immer wieder darüber, wie es früher bei uns war.“ Großvater Bockholt hatte noch Tiere, Schweine, auch Kühe, ein Teil der Kartoffeln und des Getreides sowie sämtliche Runkelrüben dienten als Tierfutter. „Mein Opa hat immer erzählt, er habe mit elf Kühen eine Familie ernährt.“
In den 60ern war der Hanomag ein modernes Fahrzeug, hinten mit Vorrichtungen für Anhänger oder landwirtschaftliches Gerät, vorn ein mechanisch bedienbarer Vorderlader. „Den hat mein Opa gebraucht, um Futtermittel zusammenzuschieben“, berichtet Jan Bockholt.
Hanomag darf heute noch fahren
Und die Zukunft? „Der Hanomag ist zugelassen. Der Trecker darf fahren“, sagt Jan Bockholt. „Ich find‘ das gut, dass er wieder im Betrieb ist.“ So hat zum Kauf des Hanomag auch ein kleiner Deal gehört: „Der Enkel des Verkäufers wollte einmal mitfahren. Das Versprechen habe ich gegeben, und ich habe es auch eingelöst. Hinter den alten Trecker habe ich einen Kartoffelroder gehängt, und der Enkel durfte Kartoffeln roden.“ Jan Bockholt und der Vorbesitzer des Treckers wissen nämlich eines: Die schönsten Erlebnisse lassen sich nicht kaufen.
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