Oberhausen. Oberhausen kann sich der tiefen Deutschlandschwäche nicht entziehen - mit Verzögerung hagelt es schlechte Nachrichten. Es gibt aber Hoffnung.

Der über zehn Jahre währende Wirtschaftsaufschwung in Deutschland vor der Pandemie hat auch Oberhausen gutgetan: Unter zehn Prozent Arbeitslose, Rekordniveau der Beschäftigten, stabilisierte Finanzlage der Stadt, Rekordsummen an Infrastruktur-Investitionen, um aufzuholen. Doch die jetzige tiefe Deutschland-Schwäche trifft nun verzögert die lokale Ebene.

Höhere Grundsteuer, höhere Abgaben für städtische Dienste, höhere Friedhofsgebühren - das Leben in Oberhausen wird teurer, weil sich nun die hohen Inflationsraten auf die Gebühren auswirken. Neubauprojekte sind angesichts eines zweistelligen Millionenlochs im Haushalt kaum noch zu stemmen. Vor allem die gestiegenen Baukosten (seit Ende 2020 plus 40 Prozent laut Index), zerschreddern die Planungen wichtiger Bauprojekte: Die neue Gesamtschule wird doppelt so teuer, die Sportkirche kostet fünf Millionen Euro mehr, die Sanierung des Hallenbades Sterkrade schlägt mit 18 statt 5 Millionen Euro zu Buche.

Gleichzeitig schnürt das Land seinen Gürtel enger, will kein Geld für die Gartendom-Sanierung ausgeben. Sozialkosten explodieren: Mal eben zehn Millionen Euro mehr für den Schutz von Kindern. Und die Bahn lässt Oberhausen im Stich: Das mangels Lokführer angeleierte Sparprogramm trifft Oberhausen besonders hart, ganze Zuglinien verschwinden; der Sterkrader Bahnhof wird erst in den 30er Jahren saniert, die zugesagten Lärmschutzwände in Lirich und Grafenbusch kommen nicht. Selbst kleine Brücken werden nur gesperrt - und erst nach einem Jahrzehnt vom Wasseramt saniert.

Peter Szymaniak Kommentarbild WAZ Oberhausen
Ein Kommentar zur Lage in Oberhausen von Redakteur Peter Szymaniak. © funkegrafik nrw | Anna Stais

Erstaunlich: Ein Aufschrei der Oberhausener Politik bleibt aus. Sogar die engagiertesten Lokalpolitiker und Rathaus-Fachleute wirken von jahrzehntelanger Sparpolitik zermürbt, weil sie wieder vor einem Finanzloch in zweistelliger Millionenhöhe stehen und Handlungsspielräume nur im Peanuts-Bereich haben. Die Vergeblichkeitsfalle schlägt zu.

Und dennoch führt die akute Fülle schlechter Nachrichten für Oberhausen in die Irre. Die Zahl an nervenden Baustellen ist ja deshalb so hoch, weil Stadt und Energieversorger massiv in die Infrastruktur investieren. Gut so. Oberhausen erhält von Land, Bund und Emschergenossenschaft Gelder in dreistelliger (!) Millionenhöhe: für den Multifunktionskomplex in Osterfeld, für den Umbau des Sterkrader Rathauses in eine Musikschule, für die Umgestaltung der Sterkrader City in ein Klima-Quartier, für die Neugestaltung der Marktstraße. Das Metronom-Theater ist erfolgreich wiederbelebt; die Logistik-Branche hat in Oberhausen dreistellige Millionenbeträge investiert.

Es gibt keinen Grund, zu verzweifeln, aber tausende Gründe, laut die Protesttrommel zu schlagen, wenn Oberhausener Interessen ignoriert werden. Wer schweigt, verliert.