Mülheim. Die Friedrich-Wilhelms-Hütte ist zu einem wichtigen Standort für die Rüstungsindustrie geworden. Nun war Verteidigungsminister Pistorius vor Ort.
Dieses Mal geht alles glatt: Um kurz nach 14 Uhr biegt die Limousine von Boris Pistorius auf das Gelände der Friedrich-Wilhelms-Hütte in Mülheim ein. Bei seinem letzten bekannten Besuch in der Stadt sah das noch anders aus – da war der gepanzerte Wagen des Verteidigungsministers nach einem Essen bei einem Speldorfer Edel-Italiener nicht mehr angesprungen. Am Samstag sind keine Defekte zu verzeichnen, und der SPD-Politiker ist auch nicht aus privaten Gründen in Mülheim, sondern in dienstlicher Funktion.
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Ein Rundgang durch die traditionsreiche Hütte steht auf dem Programm des Verteidigungsministers, bevor er am Nachmittag weiterfährt zum Wahlkampftermin mit dem Mülheimer Bundestagskandidaten Sebastian Fiedler in der Luftschiffhalle am Flughafen.
Der Industriebetrieb direkt an der Ruhr ist kein zufälliges Ziel für den Bundesminister: Seit Ende 2022 besitzt das Rüstungsunternehmen KNDS Deutschland (früher bekannt als Krauss-Maffei Wegmann) 80 Prozent der Anteile an der Friedrich-Wilhelms-Hütte, die hohe Qualität der Mülheimer Stahlguss-Produkte spielt eine wichtige Rolle beim Bau von Panzern.
Verteidigungsminister besucht Mülheimer Firma, die Panzerteile baut
Der Verteidigungsminister lässt sich am Samstag von Hütten-Geschäftsführer Lars Steinheider und einigen Mitarbeitern den Betrieb in der Halle an der Friedrich-Ebert-Straße erklären. Bei einem Abguss zeigen die Stahlkocher, wie die für Soldatinnen und Soldaten im Zweifel überlebenswichtigen Teile gegossen werden. Wegen ihrer außergewöhnlichen Härte werden die Produkte aus Mülheim vor allem in Wannen von Panzern eingesetzt werden – also dort, wo die Menschen in den Kampffahrzeugen sitzen. Es ist ein beeindruckender Vorgang: Der 1650 Grad heiße Stahl fließt aus einem Fass glühend in eine Gussform. Hier kommt es auf jedes Detail an, denn schon kleine Abweichungen bei der Temperatur können zu Qualitätsmängeln führen.

„Das ist großartige Arbeit, die hier geleistet wird“, sagt Boris Pistorius nach dem Rundgang durch das Werk. „Ich bin immer wieder beeindruckt, wenn ich sehe, was hier malocht wird unter wirklich schwierigen Bedingungen.“ In dem Mülheimer Betrieb arbeiteten Menschen, die hochprofessionell ausgebildet seien und ganz genau wüssten, was sie tun. In der Hütte werde, das machte Pistorius in seiner Stellungnahme auf Nachfrage der Redaktion deutlich, der „mit Abstand beste Panzerstahl der Welt hergestellt. Das kann man ohne Übertreibung, aber mit Stolz sagen.“ Es gebe in der europäischen Rüstungsindustrie keinen vergleichbaren Standort, der Stahl in einer solchen Qualität und in dieser Größenordnung herstellen könne.
Für das Mülheimer Traditionsunternehmen ist der Einstieg der Rüstungsindustrie ein Glücksfall gewesen. Denn die Hütte war 2020 in arge Turbulenzen geraten, die Eisengießerei musste daraufhin schließen – 235 Mitarbeiter den Betrieb verlassen. Seither existiert von dem 214 Jahre alten Unternehmen, das einst einer der größten Arbeitgeber der Stadt war, nur noch die hoch spezialisierte Stahlgießerei. Die hier produzierten Bauteile werden unter anderem im Kampfpanzer Leopard und im Schützenpanzer Puma eingesetzt, auch im Radpanzer GTK Boxer und unterschiedlichen Haubitzen sind sie verbaut.
Boris Pistorius in Mülheim: Hütte gehört zur Schlüsseltechnologie
Der Verteidigungsminister stellte bei seinem Besuch in Aussicht, dass die Aufträge für Unternehmen aus der Rüstungsindustrie auf längere Sicht nicht abreißen werden. „Panzerbau ist Schlüsseltechnologie in Deutschland und verdient deshalb unsere Aufmerksamkeit“, sagte Pistorius. Das beinhalte aber auch die Verantwortung, für eine nachhaltige Kooperation mit der Rüstungsindustrie zu sorgen. „Und das heißt, die Verteidigungsausgaben stabil nach oben wachsen zu lassen.“
Das sei im langfristigen Interesse Deutschlands und sichere Arbeitsplätze – eben auch in Mülheim. Derzeit arbeiten gut 300 Menschen in der hoch spezialisierten Stahlgießerei, die Tendenz geht seit einigen Jahren nach oben. Hergestellt werden in der Hütte nicht nur Bauteile für Panzern, sondern unter anderem auch Produkte für den Maschinen- und Anlagenbau oder für Brücken. Der Betrieb solle keine Monokultur werden, hatte die Geschäftsführung bei der Übernahme durch KNDS betont.

Pistorius ist übrigens nicht der erste prominente Politiker, der in der jüngeren Vergangenheit die Friedrich-Wilhelms-Hütte besucht hat. Im April 2022 war Bundeskanzler Olaf Scholz in Mülheim zu Gast und verschaffte sich ebenfalls einen Eindruck von der Stahlproduktion für die Rüstungsindustrie. Im Jahr darauf schaute der SPD-Parteivorsitzende Lars Klingbeil vorbei. Und bereits im September 2021 besichtigte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Mülheimer Hütte – sein Besuch stand im Zusammenhang mit dem 60. Jahrestag des deutsch-türkischen Anwerbeabkommens. Steinmeier sprach auf dem Mülheimer Industriegelände mit Nachkommen ehemaliger Gastarbeiter.
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