Herne. Christoph Bußmann (CDU) war noch nie außerhalb von Europa. Wanne-Eickel ist seine Heimat. Warum er aber nach Berlin will - in den Bundestag.
Die Aussicht ist grandios. „Ich mag diesen Blick“: Christoph Bußmann, der Herner CDU-Bundestagskandidat, hat sich die Pluto-Halde in Herne für das Treffen mit der WAZ ausgesucht. Kalt ist es in 80 Metern Höhe, und ganz oben, auf der fünf Meter hohen Aussichtsplattform, umweht den 36-Jährigen ein eisiger Wind. Es ist Winter-Wahlkampf. „Schöner ist es hier natürlich im Sommer“, sagt Bußmann fast entschuldigend. Er schaut herab auf Wanne-Eickel. „Das erste, was ich sehe, ist Heimat“, sagt er. Dort unten ist er aufgewachsen, hat er gespielt, ist er zur Schule gegangen. Wanne sei ein Dorf, sagt er, man kenne sich, man hilft sich: „Ich möchte die Stadt nicht missen.“
Das kann aber schnell passieren, wenn er am 23. Februar, nach der Bundestagswahl, nach Berlin gehen sollte. Zum zweiten Mal hintereinander ist er der CDU-Kandidat im Wahlkreis Herne/Bochum II. 2021 landete er auf Platz zwei, deutlich hinter SPD-Kandidatin Michelle Müntefering, die nicht mehr antritt. Diesmal rechnet sich Bußmann gute Chancen auf einen Einzug in den Bundestag aus.
CDU-Sieg in Herne? „Wir waren noch nie so nah dran“
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Dass die SPD, wie gefühlt immer, auch bei diesen Wahlen in Herne/Bochum II das Rennen macht, das sei längst nicht mehr ausgemacht: „Wir waren noch nie so nah dran.“ Er verweist auf die Europawahl 2024. Gerade mal fünf Stimmen mehr als die Union hatte da die SPD. Nun, endlich, soll die CDU die Mehrheit bekommen, dafür will er kämpfen. Sollte das nicht reichen, dann geht womöglich was über die Landesliste. Auf Platz 43 steht Bußmann, die Chancen stünden nicht schlecht, über die Liste ins Parlament einzuziehen, meint der Kandidat.
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Die Menschen im Land, so Bußmann, wollten kein „Weiter so“. Er wolle sich in Berlin dafür einsetzen, dass Herne und Bochum endlich die finanziellen Spielräume erhalten, die sie brauchten, um weiter nach vorne zu kommen, sprich: die Städte weiterentwickeln zu können: „Sie wurden lange genug allein gelassen, das muss sich ändern.“ Das sei sein Kernziel.
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Auch wenn SPD und CDU im Stadtrat in ihrer Ratskooperation gut zusammenarbeiteten: Im Bund wünscht sich Bußmann, auch Partei- und Fraktionschef in Herne, einen anderen Koalitionspartner: die FDP. Mit den Liberalen sei es einfacher, die wichtigsten Punkte im Wahlprogramm umzusetzen. Auch die SPD kann er sich noch als Koalitionspartner vorstellen; auch dort gebe es gute Köpfe, um das Land voranzubringen. „Ich rede nicht von Esken“, fügt er an.
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Und was ist mit den Grünen? Immerhin dem Juniorpartner der CDU im Land? Bußmann schüttelt den Kopf: „Das Thema Migration bekommen wir mit den Grünen nicht gelöst.“ Abschiebungen gingen mit den Grünen gar nicht, das dürfe nicht sein. „Jeder, der einen Fluchtgrund hat, ist in Deutschland willkommen“, betont Bußmann. Anschließend gelte aber auch: Der oder die Geflüchtete müsse Deutsch lernen, für einen „gesellschaftlichen Mehrwert“ sorgen, sprich: sich Arbeit suchen, sowie die deutsche Kultur und die deutschen Gesetze respektieren. Sei das nicht Fall, dann müssten die Menschen, wenn nötig, auch in ihre Heimat zurück geschickt werden können.
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Zurück auf die Aussichtsplattform. Den Kirmesplatz kann man von oben erahnen, hinter den Häuserreihen links. Dort ist Bußmann groß geworden. Seine Oma und sein Opa hatten auf Crange von den späten 1960er bis in die 1990er Jahre den Getränkestand „Unser Fritz“. Nicht weit entfernt war früher Haus Bußmann, das die Großelten betrieben - wenn nicht gerade Crange war, versteht sich. Und am Kanal, da hinten, unter der Halde Hoheward, da war sein Vater in den 1990er Jahren Pächter des Bootshaus. In den Gaststätten, vor allem in der der Großeltern, hätten auch viele CDU-Mitglieder verkehrt, darunter Urgesteine wie Ingo Bontempi, Andrea Oehler, Peter-Klaus May, Egbert Lewicki oder Horst Severin. Sie hätten ihn in die Union gelotst und gesagt: „Du wist mal unser Bundestagsabgeordneter“. Das sei dann sein Traum geworden.
+++ Die Direktkandidaten für die Bundestagswahl 2025 im Wahlkreis Herne/Bochum II: +++
- Hendrik Bollmann (SPD)
- Christoph Bußmann (CDU)
- Anna di Bari (Grüne)
- Daniel Zerbin (AfD)
- Patrick Gawliczek (Linke)
- Moritz Ritterswürden (FDP)
- Markus Schröder (Bündnis Deutschland)
- Peter Weispfenning (MLPD)
- Christian Sontag (Volt)
Die Orte und Straßen, auf die er von der Halde aus zeigt, kennt er alle im Schlaf. Nach dem Grundwehrdienst bei der Bundeswehr war er von 2011 bis 2020 Taxifahrer, erst in Vollzeit, dann in Teilzeit. Sein Chef: sein Vater, mittlerweile Betreiber von Taxi Bußmann, dem größten Taxi-Unternehmen der Stadt. Da gibt es wohl keine Straße, die er noch nicht befahren hat.
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„Das ist Ruhrpott-Romantik. Ich kann mir keinen besseren Ort vorstellen.“
Aber auch die Halde, erzählt er, kenne er in- und auswendig: „Sie war für uns der größte Abenteuerspielplatz.“ Als Kind, als der Zugang eigentlich noch verboten war, baute er dort Buden, spielte Verstecken oder Räuber und Gendarm. Später als Jugendlicher sei er dort, am Fuße der Halde, auf seine erste Demo gegangen - mit den Großeltern, gegen den Bau der Forensik, die dann doch genau dort, im Schatten des Förderturms, gebaut wurde.
Ob sein Blick von der Aussichtsplattform nicht doch etwas getrübt sei? Unten links brummt lautstark die A42, rechts sieht man zwischen der Bäumen die Forensik-Mauern, und ringsherum thronen die Ungetüme von Nordfrost und Duvenbeck, die Müllhalde Emscherbruch und das Steag- Kraftwerk. Nein, sagt Bußmann: „Das ist Ruhrpott-Romantik. Ich kann mir keinen besseren Ort vorstellen.“
Entweder/Oder
Pizza oder Currywurst?
Currywurst. Spätestens alle zwei Wochen, mit Pommes und Mayo - wenn schon, dann richtig.
Bürgergeld oder Hartz IV?
Dann lieber Hartz IV. Da konnte man durchgreifen.
Urlaub in Europa oder auf einem anderen Kontinent?
Europa. Ich war noch nie auf einem anderen Kontinent. Mich zieht‘s nicht so in die Ferne.
Streaming oder TV?
Streaming. Gerade gucke ich die Serie „The Rookie“. Filmempfehlung: die Ocean‘s-Reihe, besonders Ocean‘s Eleven und Ocean‘s 13. Ich schaue auch gerne Geschichts- und Gesellschaftsdokus auf Arte - gerne vor dem Einschlafen im Bett.
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>>> Zur Person: Bundestagskandidat, Kreisvorsitzender, Fraktionschef
- Christoph Bußmann (36), wurde in Hagen geboren, besuchte die Laurentius-Grundschule und machte sein Abitur 2008 an der Gesamtschule Wanne. Nach dem Grundwehrdienst fuhr er Taxi und studierte Politikwissenschaften an der Uni Duisburg-Essen. Seit 2021 ist er Mitarbeiter im Jobcenter Gelsenkirchen. Sein Hobbys: Fußball (passiv: BVB-Fan), Politik und Gaming.
- 2011 trat Bußmann der CDU bei, 2013 wurde er Mitglied im Kreisvorstand, 2017 Mitarbeiter im Wahlkreisbüro von Ingrid Fischbach. 2021 trat er erstmals als Bundestagskandidat an. 2022 wurde er CDU-Kreisverbandsvorsitzender, ein Jahr später CDU-Fraktionschef im Stadtrat.