Herne. Shirin Kopietz (26) ist Verkäuferin im Fischhaus Lichte. Die 26-Jährige hat keine Ausbildung, aber sie liebt ihren Job mit besonderer Aussicht.

Autos stoppen. Handwerker steigen aus und kaufen sich ein Fischbrötchen. In der Fritteuse brutzelt unterdessen der Backfisch. Shirin Kopietz hält in dem Verkaufsstand neben der Waschanlage von Klaeser an der Dorstener Straße auf Crange die Stellung. Die 26-Jährige hat von hier aus alles im Blick. Der Verkaufsstand an „Lichtes Heimathafen“ ist binnen weniger Jahre zum Kult geworden. Shirin Kopietz arbeitet gerne hier. Wir treffen sie spontan – eine von vielen Zufallsbegegnungen auf unserer großen Wanderung durch die Stadt.

Der Mama in den Job als Verkäuferin gefolgt

„Ob Fahrradfahrer, ob Wanderer, Autofahrer, welche mit dem Lkw. Hier halten viele Kunden“, sagt Kopietz. Auch von der benachbarten Tankstelle neben Klaesers großem Waschcenter komme der eine oder andere Gast hinüber und entdecke den Fisch. Sie selbst steht bei Wind und Wetter hinter der Theke, meist bestens gelaunt.

„Meine Mama arbeitet seit 18 Jahren hier und ich mittlerweile seit achteinhalb Jahren“, sagt die 26-Jährige. Was ist denn das Schöne am Fischverkauf? „Ich habe da einfach total Spaß dran“, sagt Kopietz. Sie habe sich schon im Einzelhandel und an der Tankstelle durchprobiert. Das sei alles nichts für sie gewesen. „Hier habe ich Spaß. Ich weiß auch nicht, warum. Ich komme mit den Kunden klar. Ich habe meine eigene Arbeit, die ich machen muss.“ Sie könne sich die Aufgaben in einem gewissen Rahmen selbst organisieren. Das mache Spaß.

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Die Arbeit im Fischstand ist nichts für Empfindliche. Aus der Fritteuse steigen die Fettdämpfe auf. Man muss viel Saubermachen. Das Fett schlägt sich in der Kleidung nieder. Wird man den Geruch von Fett überhaupt wieder los? „Ich merke den gar nicht mehr nach den ganzen Jahren.“ Am Anfang sei das noch anders gewesen: „Man riecht wie so ein Backfisch, wenn man nach Hause kommt. Man bekommt den Geruch aber auch wieder weg, wenn man duschen geht.“

Geschichten vom Leben aus dem Leben

WAZ-Reporter Arne Poll und Fotograf Uwe Ernst wandern durch Herne und Wanne-Eickel und treffen spontan Menschen von der Straße. Wie sind ihre Geschichten? Warum leben Sie gerade hier? Was lieben Sie an ihrer Stadt? Die Tour startete im Oktober am Kanal in „Unser Fritz“ und dauert, soweit die Füße tragen. Wo lohnt sich besonders ein Besuch? Schreiben Sie an arne.poll@funkemedien.de

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Ohne Ausbildung zur Langzeit-Angestellten

Die Lichtes hatten den Verkaufsstand vor der Kneipe „Lichtes Heimathafen“, die ein Jahr später eröffnet wurde, in Corona-Zeiten hochgezogen, als bekannt wurde, dass die Cranger Kirmes 2020 abgesagt werden muss. Das Abholgeschäft funktionierte besonders gut, als alle Restaurants geschlossen hatten. Die Adresse ist vielen Kundinnen und Kunden in Erinnerung geblieben. Das Hauptgeschäft des Wanne-Eickeler Unternehmens sind aber weiter die großen Volksfeste. Neben Crange sind das zum Beispiel die Düsseldorfer Rheinkirmes, Sterkrade, das Werner Volksfest Sim Jü. Shirin ist gerne dabei.

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Shirin hat keine Ausbildung. „Ich verkaufe einfach nur“, sagt die 26-Jährige. Sie sei froh, diesen Job zu haben und zufrieden mit den Bedingungen. Auch über die Entlohnung wolle sie nicht meckern. „Ich bin zufrieden mit meinem Verdienst.“

Was ist bei Fischhaus Lichte am meisten gefragt?

Was ist denn bei den Kundinnen und Kunden am meisten gefragt? „Backfisch, Kibbelinge, Frikadelle, Knusperhappen oder natürlich der Matjes“, sagt Shirin. In der Mittagszeit zwischen 13 und 14 Uhr sei am meisten los. Das sei eine klassische Stoßzeit. Auch gegen Abend sei es noch einmal voll. „Kurz vor Feierabend kommen sie noch mal.“

Aus dem Verkaufsstand hat man alles im Blick. Shirin Kopietz kennt viele Kunden schon am Auto, wenn sie noch an der Ampel stehen. Das Auto, das bei Rotlicht auf der anderen Seite an der Kreuzung wartet, könnte der Senior-Chef sein, mutmaßt die 26-Jährige. Und Recht hat sie: Keine Minute später kommt Wolfgang Lichte auf den Hof gefahren.

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