Herne. In Herne gibt es große Kritik an der geplanten Einführung einer „Bettensteuer“. Was Hotelbetreiber fürchten und was das Stadtmarketing sagt.

Die geplante Einführung einer Beherbergungssteuer in Herne stößt bei Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen auf Widerstand. Das Rathaus will ab 2026 von Gästen, die in Herne übernachten, eine „Bettensteuer“ kassieren. Geplant sind fünf Prozent der Übernachtungskosten. Diese Pläne seien „großer Murks“, schimpft Lars Martin, stellvertretender Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) Westfalen, gegenüber unserer Zeitung. Kritik kommt auch von den Hotelbetreibern.

Mit der Beherbergungssteuer will Hernes Kämmerer Marc Ulrich bis 2029 rund 540.000 Euro einnehmen. Das Geld soll helfen, das Millionenloch im städtischen Haushalt zu füllen. Auch eine Zweitwohnungssteuer will der städtische Finanzchef ab 2026 einführen. Im November stimmt der Rat über die beiden Vorschläge ab. Lars Martin von der Dehoga ist gegen die Beherbergungssteuer. Die Abgabenlast im Hotel- und Gastronomiegewerbe sei zuletzt ohnehin schon gestiegen - ein Stichwort: Erhöhung der Mehrwertsteuer. Außerdem wirke Corona nach. Die Politik sage zwar, dass sie die Branche stützen wolle, „auf der anderen Seite wird die Kuh gemolken, bis sie tot ist“. Einnahmen durch die Bettensteuer kämen nicht mal der Branche zugute, sondern versickerten im Haushalt. Hinzu komme: Gerade für Herne wäre eine solche Steuer fatal, denn die Stadt brauche dringend ein weiteres Hotel. Da wäre eine Bettensteuer „eine super Werbung für Investoren“, so Martin ironisch.

Herner Hotelbetreiber über Abgabe: „Sie wird den Haushalt sowieso nicht retten“

Kritik übt auch Hendrik van Dillen, Betreiber des Parkhotels mit 70 Zimmern in Herne-Mitte. Eine Bettensteuer „tut sehr weh - vor allem dem Gast“, sagt er. Denn dieser müsste für jede Übernachtung automatisch mehr zahlen. Er selbst könne die Abgabe nicht für den Kunden oder die Kundin übernehmen, sondern müsste sie 1:1 weitergeben. Van Dillen fürchtet, dass das nicht jeder mitmache. Seine Gäste seien zum großen Teil Geschäftstreibende, viele Firmen buchten für sie größere Kontingente. Er sieht die Gefahr, dass diese Firmen künftig in umliegende Städte ohne Bettensteuer abwandern, um Geld zu sparen. Sein Appell: Die Stadt soll auf die Abgabe, die verächtlich auch „Matratzen-Maut“ genannt wird, verzichten: „Sie wird den Haushalt sowieso nicht retten.“

„Sie wird den Haushalt sowieso nicht retten“: Parkhotel-Chef Hendrik van Dillen.
„Sie wird den Haushalt sowieso nicht retten“: Parkhotel-Chef Hendrik van Dillen. © Funke Foto Services GmbH | Rainer Raffalski

Ähnlich äußert sich Arthur Schemp, Geschäftsführer des Ruhrstadt-Arena-Hotels in Horsthausen. Sein Hotel mit 14 Zimmern punkte damit, dass es zentral im Ruhrgebiet an der A42 liege. Deshalb übernachteten an der Sodinger Straße vor allem Menschen, die irgendwo im Revier zu tun hätten, vor allem Geschäftsleute. Seine Befürchtung: Komme die Bettensteuer, dann führen viele Gäste künftig einfach ein, zwei Ausfahrten weiter in eine andere Ruhrgebietsstadt ohne Abgabe und übernachteten dort. Die Abgabe wäre also ein klarer Wettbewerbsnachteil. Hinzu komme: Menschen, die in einer anderen Stadt übernachteten, gingen auch dort tanken, essen und einkaufen. Der Wettbewerbsnachteil würde sich also ausweiten.

Das Hotel Ruhrstadt-Arena liegt verkehrsgünstig mitten im Revier an der A42.
Das Hotel Ruhrstadt-Arena liegt verkehrsgünstig mitten im Revier an der A42. © FUNKE Foto Services | Kim Kanert

Und noch eine Stimme: Auch Patricia Sicking vom Hotel Sicking auf der Bahnhofstraße ist nicht amüsiert. Die Herberge hat acht besondere Jugendstilzimmer im Angebot. Die Branche habe unter Corona ohnehin sehr gelitten, da könne sie weitere Tiefschläge nicht gebrauchen, so die Hotelchefin. Höhere Übernachtungskosten will sie vermeiden, um Gäste nicht zu vergraulen. Deshalb habe sie die Preise seit Jahren nicht erhöht. Ob sie auch die Bettensteuer für die Gäste übernehme? Das wisse sie noch nicht.

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Und was sagt das Stadtmarketing? Die Skepsis der Hotelbetreiber gegenüber einer neuen Steuer sei nachvollziehbar, meint Sprecher Alexander Christian. Um anzufügen: „Wohl niemand mag zusätzliche Steuern“. Aus Sicht des Stadtmarketings ist die Höhe der Steuer mit 5 Prozent aber „moderat gewählt“. Christian: „Die Attraktivität des Standorts sollte dadurch nicht gefährdet sein.“ Herne punkte vor allem durch seine zentrale Lage im Ruhrgebiet und vergleichsweise günstige Übernachtungsmöglichkeiten. Hinzu komme: „Viele vergleichbare Städte haben ähnliche Steuern eingeführt“. Für den Ballungsraum Ruhrgebiet wäre allerdings eine einheitliche Abgabenregelung sinnvoll, räumt er ein.

Bekannt für seine Jugendstilzimmer: das Hotel Sicking an der Herner Bahnhofstraße.
Bekannt für seine Jugendstilzimmer: das Hotel Sicking an der Herner Bahnhofstraße. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

>>> Stadtmarketing: Herne fehlt ein großes Drei-Sterne-Hotel

  • Laut Datenbank des Landesamtes für Statistik IT NRW gibt es in Herne zehn Beherbergungsbetriebe mit 714 Betten. Auf der Internetseite von Stadtmarketing sind auch Ferienwohnungen aufgelistet, deshalb ist die Zahl mit 14 Betrieben dort etwas höher.
  • Herne habe aber noch deutlich mehr Potenzial. Gemessen an der Einwohnerzahl und der Lage, so Stadtmarketingsprecher Alexander Christian, biete sich noch reichlich Spielraum für eine Erhöhung der Bettenzahl. Was Herne im Vergleich zu Nachbarstädten fehle, sei ein großes Drei-Sterne-Hotel mit hoher Kapazität, um größere Gruppen beherbergen zu können. Zuletzt waren in Herne die Pläne für ein Hilton-Hotel im Shamrockpark geplatzt.