Herne. Das Bewerbungsverfahren ist abgeschlossen, und nun ist klar, wer neuer Stadtkämmerer in Herne werden soll. Überraschung: Es ist ein Herner.

Marc Ulrich soll Kämmerer in Herne werden. Der 44-jährige Herner soll am 1. Mai Hans Werner Klee (65) ablösen, der in den Ruhestand tritt. Ulrich, Kämmerer in Bergkamen, ist der bislang einzige Kandidat. Gewählt wird der Herr der städtischen Finanzen am Dienstag, 12. März, im Rat.

Das Vorschlagsrecht für den Chefposten im Dezernat II hat in der rot-schwarzen Ratskoalition die SPD. Nach Abschluss des Bewerbungsverfahrens inklusive einer Vorstellungsrunde in den Fraktionen hat sich die SPD-Fraktion nun einstimmig dafür ausgesprochen, dem Rat Ulrich zur Wahl vorzuschlagen, bestätigt SPD-Fraktionschef Udo Sobieski. Der Kooperationspartner CDU sei damit einverstanden, damit gilt die Wahl als sicher. Ulrich könne seine langjährige Erfahrung als Kämmerer, aber auch in der Politik einbringen, er überzeuge nicht nur fachlich, sondern auch menschlich, sagt Sobieski. Auch bei der Vorstellungsrunde in der SPD-Fraktion habe der 44-Jährige, auch SPD-Mitglied, „in allen Disziplinen restlos überzeugt“. Ein weiterer Vorteil sei, dass Ulrich in Herne lebe, also die Stadt bereits kenne.

Herne: Im Rathaus gingen nur zwei Bewerbungen ein

Hat bei seiner Vorstellungsrunde in der SPD-Fraktion „restlos überzeugt“: Marc Ulrich (44).  
Hat bei seiner Vorstellungsrunde in der SPD-Fraktion „restlos überzeugt“: Marc Ulrich (44).   © Ulrich

Nachdem die Stadt den Job in der Stadtspitze ausgeschrieben hatte, gingen im Rathaus nur zwei Bewerbungen ein. Ein Kandidat erfüllte nicht alle Voraussetzungen, deshalb blieb Ulrich einziger Kandidat. Die Hürden waren aber auch nicht niedrig: Die Stadt suchte einen Kämmerer, der zugleich auch Jurist ist. Grund: Einer der Dezernenten - in Herne sind es fünf - muss Jurist sein. Seit dem Abschied von Sozialdezernent Johannes Chudziak erfülle nur noch Rechtsdezernent Frank Burbulla diese Voraussetzung. „Politik und Verwaltung erachten es als sinnvoll, eine zweite Person mit dieser Qualifikation im Verwaltungsvorstand zu haben“, sagt Stadtsprecher Christoph Hüsken zur WAZ. Das habe sich in der Vergangenheit in vielerlei Hinsicht bewährt: in Krisenzeiten, aber auch für den Fall, dass ein Jurist das Rathaus verlässt.

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Marc Ulrich, in Pinneberg geboren, wuchs in Bochum auf, wo er auch das Abi machte. Er studierte in Bochum, Linz und Speyer, beruflich war er unter anderem Justiziar bei der Stadt Wetter. 2017 wurde er in Bergkamen zum Kämmerer gewählt, der zugleich auch als Dezernent für Recht und Kultur zuständig ist. Zwei Jahre lang habe er vertretungsweise auch das Baudezernat geleitet, er bringe also auch in diesem Bereich praktische Erfahrungen mit, sagt er zur WAZ. Er wohnt mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern (fünf und drei Jahre) seit fast zehn Jahren in Sodingen. Das dritte Kind ist unterwegs.

Die Bank der Herner Dezernenten im Ratssaal: vorne von links Sozialdezernentin Stephanie Jordan, Schuldezernent Andreas Merkendorf und Kämmerer Hans Werner Klee, hinten Rechtsdezernent Frank Burbulla (l.) und Baudezernent Karlheinz Friedrichs.
Die Bank der Herner Dezernenten im Ratssaal: vorne von links Sozialdezernentin Stephanie Jordan, Schuldezernent Andreas Merkendorf und Kämmerer Hans Werner Klee, hinten Rechtsdezernent Frank Burbulla (l.) und Baudezernent Karlheinz Friedrichs. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Warum er sich auf die Stelle in Herne beworben hat? Herne und Bergkamen verbinde sehr viel: „einkommensschwache Bevölkerung, hohe SGB II-Quote, hohe Belastung durch Soziallasten, Migration und Integration, keine starke Gewerbesteuer-Struktur, Belastungen und Sanierungsstau aus den letzten Jahrzehnten“, zählt Ulrich gegenüber der WAZ auf. Positiv dagegen sei „der Wille und die Kraft der Stadtgesellschaft, die Spätfolgen des Strukturwandels zu überwinden und den Stadtumbau so voranzutreiben, dass künftige Generationen eine stärkere, modernere, grünere und lebenswertere Stadt vorfinden“. Dabei helfe die zentrale Lage und die Erneuerungskraft, wie man sie fast nur in Ruhrgebietsstädten finde. Außerdem seien die Herner Projekte wie das Funkenbergquartier oder General Blumenthal motivierend, und er schätze sehr, wie die Verwaltung, OB und Politik im Rathaus an einem Strang zögen - „immer das Wohl der Bürger im Blick“. Das habe er so aus Bürgersicht beobachtet.

Darüber hinaus würde er sich freuen, erstmals in einer kreisfreien Stadt - einer Ruhrgebiets-Großstadt - zu arbeiten, bekennt er. Und auch „die weichen Faktoren“, ergänzt er, hätten bei der Bewerbung eine Rolle gespielt: Für ihn als Familienvater von bald drei kleinen Kindern seien auch die kurzen Wege zur Arbeit attraktiv sowie die Möglichkeit, in einer Stadt wohnen und arbeiten zu können, eine Motivation.

>>> Fünf Dezernenten: Verwaltungsvorstand ist die Stadtspitze

Die Stadtspitze im Rathaus bilden der Oberbürgermeister und die Dezernenten, auch Beigeordnete genannt. Sie zusammen sind der sogenannte Verwaltungsvorstand. In Herne gibt es unter OB Frank Dudda vier Dezernenten und eine Dezernentin. Der Nachfolger von Hans Werner Klee wird nicht nur Kämmerer, sondern, wie Klee, auch Dezernent für Finanzsteuerung, Immobilien und Wahlen, Steuern und Zahlungsabwicklung sowie Gebäudemanagement.

Besonderheit: Kämmerer Hans Werner Klee, seit 2013 im Amt, ist auch Stadtdirektor, also Stellvertreter des Oberbürgermeisters. Nach seinem Abschied wird ein neuer Stadtdirektor ernannt. Das Vorschlagsrecht für diesen Posten hat innerhalb der rot-schwarzen Ratskoalition die CDU. Sie wird, so hatte sie bereits angekündigt, den einzigen CDU-Vertreter im Verwaltungsvorstand nominieren: den Rechtsdezernenten Frank Burbulla.