Herne. Während naturnahe (Baum-)Bestattungen anderswo beliebt sind, scheiterte dies in Herne bislang an der Stadt. Nun zeichnet sich eine Wende ab.
Die Stadt gibt offenbar ihren Widerstand auf: Schon im Jahr 2026 könnte es auf städtischen Herner Friedhöfen zu den ersten naturnahen Baumbestattungen kommen. Das hat Stadtgrün-Chef David Hucklenbroich gegenüber der Politik signalisiert.
Unter seinem Vorgänger Heinz-Jürgen Kuhl - er ging Ende 2023 in den Ruhestand - hatte das noch etwas anders geklungen. Kuhl hatte sich vor einem Jahr deutlich gegen diese anderswo stark nachgefragte Bestattungsform positioniert und dafür ausschließlich finanzielle Gründe angeführt. Es drohten „deutliche Gebührenerhöhungen“, so sein Hauptargument. Die Stadt habe auf ihren Friedhöfen viel Geld in Kolumbarien und Grabkammern investiert. Falls die Nachfrage durch das zusätzliche Angebot Baumbestattungen sinke, werde eine Gebührenspirale in Gang gesetzt, die nicht mehr zurückgedreht werden könnte, warnte Kuhl. Das sei umso problematischer, weil schon jetzt Entscheidungen der Vergangenheit die Hernerinnen und Herner im Friedhofsbereich erheblich belaste.
Der Planungsausschuss des Rates widersetzte sich diesen Warnungen und forderte auf Antrag der Grünen die Stadt noch kurz vor dem Ende der Ära Kuhl einstimmig zu einer Prüfung auf. Im (etwas sperrigen) Wortlaut: „Die Stadtverwaltung wird beauftragt, Varianten zur Einrichtung und zum Betrieb eines Bestattungswaldes in einem geeigneten städtischen Waldgebiet bzw. Freigabe von Gedenkbäumen und ein Konzept zur Einführung weiterer Bestattungsarten (zum Beispiel nicht-anonyme Baumbestattungen) auf städtischen Friedhöfen zu prüfen und zu erarbeiten sowie einen entsprechenden Arbeitskreis zu bilden.“
Stadt hat zwei Herner Friedhöfe im Auge
Der Arbeitskreis habe inzwischen die Arbeit aufgenommen, erste Ergebnisse lägen vor, berichtete Hucklenbroich jüngst in der Sitzung der Bezirksvertretung Sodingen. Eine Erkenntnis: In einer „waldarmen Kommune“ wie Herne werde es schwierig sein, einen Bestattungswald in einem vorhandenen Waldstück einzurichten. „Zwischen Hundegassirunde, Mountainbikes und wilden Müllkippen“ sei es wohl unmöglich, die nötige Pietät einzuhalten, so der neue Stadtgrün-Chef.
Der Hauptfriedhof an der Wiescherstraße und der Ostfriedhof in Horsthausen böten dagegen mit ihrem Altbaumbestand und ihren grünen Anlagen Potenzial. Der Arbeitskreis gehe davon aus, dass der Nachfrage von Bürgerinnen und Bürgern dort entsprochen werden könne, sagte Hucklenbroich. Zunächst gelte es jedoch, noch zahlreiche Fragen zu klären, wie zum Beispiel: Bestehende Bäume oder Neupflanzungen? Anonyme oder nicht anonyme Bestattungen?
Dass die Bezirksvertretung Sodingen in dieser Angelegenheit bislang so etwas wie die Diskussionshoheit hat, ist übrigens kein Zufall. Der erste Vorstoß für einen Fried- oder Ruhewald ging im vergangenen Jahr von der SPD-Bezirksfraktion aus, die in einer Anfrage eine entsprechende Anregung einer Bürgerin aufgriff.
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Wie geht es weiter? Im Frühjahr 2025 werde Stadtgrün dem Arbeitskreis ein, zwei Vorschläge für naturnahe Bestattungsfelder auf städtischen Friedhöfen vorlegen, kündigte Hucklenbroich an. Falls diese auf Zustimmung stießen, wäre mit einer Umsetzung aber frühestens im Jahr 2026 zu rechnen, so der Stadtgrün-Chef auf Nachfrage von Bezirksbürgermeister Mathias Grunert (SPD).
Stadt: Vorerst keine Kolumbarien auf Holthauser Friedhof
- In Sodingen stand auch noch ein weiteres Bestattungsthema auf der Tagesordnung. Auf dem städtischen Friedhof in Holthausen sollten vorerst keine Kolumbarien errichtet werden, sagte David Hucklenbroich. Die Bezirksvertretung folgte seiner Bitte, einen Prüfauftrag für Holthausen vorerst zurückzustellen.
- Man müsse zunächst mal abwarten, wie sich die Belegung der Kolumbarien auf dem Hauptfriedhof und dem Ostfriedhof entwickele, so der Stadtgrün-Chef. Die ersten Nutzungsrechte dieser recht neuen Bestattungsform liefen in Kürze ab. Die Stadt könne derzeit „nicht seriös“ einschätzen, ob und für wie lange Nutzungsrechte verlängert würden.
- Vor einer Entscheidung für Holthausen gelte es zudem, die Entwicklung bei Baumbestattungen abzuwarten.