Herne. Der Ausbau der A43 auf sechs Spuren feiert zehnten Geburtstag. Es stockt in Herne. Die Arbeiten werden vielleicht 15 Jahre später fertig als geplant.
In diesen Tagen könnte man feiern. Der sechsspurige Ausbau der A43 startete vor zehn Jahren. Nach Feiern ist gerade aber weder Planern noch Pendlern. Der Zeitplan für den insgesamt 28 Kilometer langen Abschnitt zwischen Marl und Witten ist heute längst nicht mehr zu halten. Wann wird Herne die Baustelle los? Wann geht es in den anderen Städten weiter? Mit Zeitangaben halten sich die Verantwortlichen mehr denn je zurück. Eigentlich sollte dieses Jahr, spätestens 2026, alles bis Witten (!) fertig sein. Es wird wohl gut 20 Jahre später.
Es war der 28. Oktober 2014: Damals entfernten Arbeiter und Offizielle ein Brückengeländer der Brücke „Am Leiterchen“ in Recklinghausen. Dass das der Startpunkt für eines der größten Autobahn-Projekte der Republik werden dürfte, war klar. Der damalige Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) zog kräftig mit am Geländer. Man verbreitete Zuversicht, nach langer Zeit wieder kräftig in die Infrastruktur zu investieren. Von zehn bis zwölf Jahren Bauzeit bis Witten war die Rede.
Heute lassen sich nur noch selten Landespolitiker auf der Baustelle blicken. Es gibt etliche Probleme, Abstimmungs-Wirrwarr zwischen den Beteiligten wird öffentlich, Arbeiten dauern viel länger. Bis die Arbeiten in Witten angekommen sind, wird es wohl mindestens bis 2040 dauern. Um sich das mal zu verdeutlichen: Wer zum Baustart geboren wurde, dürfte in der Regel mitten im Berufsleben stehen. Wer damals ins Berufsleben startete, zählt bei Fertigstellung mutmaßlich die letzten Tage bis zur Rente.
Was ist fertig?
Was ist fertig? Ein kleines Stück. Der Bereich zwischen der Abfahrt Recklinghausen/Herten und dem Kreuz Recklinghausen ist seit vier Jahren komplett, eigentlich. Der damalige Verkehrsminister und heutige Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) ließ sich und die Autobahn am 9. August 2020 für die Eröffnung der ersten beiden Bauabschnitte feiern. Das 5,33 Kilometer lange und 104 Millionen Euro teure Stück war schon zwischenzeitlich nahezu uneingeschränkt befahrbar, Richtung Süden ist das Teilstück aber eher Abbremszone vor der seit Anfang 2021 aufgebauten Wiegeanlage und Ampel für die defekte Herner Brücke. Abfahrten (zum Beispiel von der A2 auf die A43) wurden wieder gesperrt. Das Tempo ist reduziert.
+++ Hintergrund: Das ist Projektleiterin Carola Ziebs +++
Woran wird aktuell gebaut?
Der Fokus liegt aktuell weiter auf dem Herner Stadtgebiet: Hauptprojekte sind der sogenannte Emschertal-Brückenzug und das Kreuz Herne. Fertigstellungstermine werden keine mehr genannt. In der ursprünglichen Planung sollte das Kreuz Herne, an dem seit 2017 gebaut wird, mit den Herner Brücken mal etwa 2025 fertig sein, alleine diese Prognose wird wohl um gut fünf Jahre überschritten.
- Emschertal-Brückenzug: Der Brückenzug besteht strenggenommen aus drei Teilstücken, einer Brücke über den Kanal, einer über die Emscher und einer über die Bahnschienen. Die Kanalbrücke sorgte für massive Verzögerungen im ganzen Projekt. Zwei Jahre, bevor sie eigentlich abgerissen werden sollte, wurden Schäden entdeckt. Die Brücke musste am 12. April 2021 von einem Tag auf den anderen für den Lastverkehr ab 3,5 Tonnen gesperrt werden. Weil sich viele Fahrerinnen und Fahrer nicht daran hielten, wurden Abfahrten wie die von der A42 auf die A43 Richtung Norden gesperrt und die Wiegeanlage aufgebaut. Die erste Hälfte der Kanalbrücke wurde im Dezember 2023 abgerissen, der Autoverkehr rollt solange über die andere marode Brückenhälfte.
+++ Schrankenanlage: So halten zwei Männer die Falschfahrer im Griff +++
Aktueller Stand: „Am Emschertalbrückenzug schreiten die Arbeiten sichtbar gut voran – die neue Brücke über die Bahnstrecke wird derzeit auf dem Baufeld neben der A43 montiert“, sagt Autobahn-Sprecher Anton Kurenbach. Die Sperrpause der Bahnstrecke für den Einschub der Bahnbrücke sei für Februar 2025 bereits fest eingeplant. Danach folge der Neu- und Einbau der Emscherbrücke. „Erste Teile dafür werden ab diesem Oktober angeliefert.“ Als letztes Bauwerk auf der Ostseite werde dann die Kanalbrücke montiert. Weitere Zeitangaben macht aktuell keiner mehr zu dem Projekt. Vor Ende 2025, eher 2026 wird die Seite aber wohl nicht befahrbar sein. Das allerdings ist Voraussetzung für den Abbau der Wiegeanlagen, weil dann auch wieder Lastwagen (wenn auch sehr verengt) über den Kanal fahren können. Dann muss noch die andere Seite des Brückenzugs abgerissen und neu gebaut werden. Rechnet man die Bauzeit auf die andere Seite hoch, wird es Ende 2027/Anfang 2028, bis der Brückenzug beidseitig sechsspurig befahrbar ist. - Kreuz Herne: Im Kreuz Herne wird schon seit 2019 nun satte fünf Jahre lang gebaut. Im Endzustand ist aber noch kein Bereich des Kreuzes fertig. Kern des Projektes war der Tunnel Baukau (siehe unten). Einige Stücke und Überflieger sind bereits abgerissen. Die restlichen Bereiche, alle Auf- und Abfahrten, einschließlich der Überquerung der A42 müssen noch neu gebaut werden. Die Schrankenanlage blockiert einige Bereiche. Zum Kreuz Herne gehört auch die Verbreiterung der A42 mit den Zu- und Auffahrten Richtung Crange. An der A42 werden die Lärmschutzwände abgerissen und durch neue ersetzt. Der Hang zum Bahndamm wird neu abgestützt. Für diese Arbeiten hatte die Autobahn GmbH lange Zeit auf die Bahn gewartet, die dort ihre Brücken neu bauen musste. Die Bahn hat seit dem Sommer 2024 ihre Brücken fertig und baut nun die Baustelle zurück. Fertigstellungstermin des Kreuzes: offen!
- Tunnel Baukau: Der Tunnel Baukau soll demnächst den Verkehr von der A43 aus Wuppertal kommend unter allen Fahrbahnen hinweg auf die A42 Richtung Duisburg leiten. Für das Mammutprojekt mussten alle anderen Fahrbahnen untergraben und auch die Bahnstrecke im „bergmännischen Vortrieb“ musste unterquert werden. Der Tunnel ist sehr weit fertig. Im Tunnel Baukau wurde Anfang Oktober der Fahrbahnbeton eingebaut. „Außerdem wird derzeit die Tunneltechnik installiert“, sagt Anton Kurenbach. „Parallel werden die Arbeiten an der Tunneleinfahrt und -ausfahrt durchgeführt, die einen Anschluss an die A43 und die A42 ermöglichen.“ Dazu gehöre der Asphalteinbau, der Aufbau von Schutzeinrichtungen und anderen Dingen. Man könne „keinen belastbaren Termin für den Abschluss der Arbeiten nennen“, heißt es nun. Noch im Jahr 2022 ging man von einer Inbetriebnahme des Tunnels Ende 2023 aus. +++ Alles zum Tunnel Baukau hier! +++
Wo startet jetzt der Bau?
Es geht weiter. Der Ausbau kratzt erstmals am Bochumer Stadtgebiet. Aktuell beginnen die Arbeiten am 4,2 Kilometer langen Abschnitt zwischen Bochum-Riemke und dem Kreuz Herne. Anders als in der ursprünglichen Planung starten die Arbeiten in gegenläufiger Richtung von Bochum in Richtung Herne. Eine Herausforderung sind die drei innerstädtischen Brücken, die die A43 überqueren. Der Baustart war urpsprünglich bereits 2018 für die Brücke Cranger Straße vorgesehen. Auch an der Holsterhauser Straße sollte es bereits 2018 losgehen.
+++ Alles zum Ausbau der A 43 bei Herne im Überblick +++
Jetzt ist erst einmal für 2025 eine zweiwöchige Vollsperrung geplant, um zwei Unterführungen vorübergehend zu verfüllen. Die Brücke Südstraße wird abgerissen und neu gebaut. Auch die Brücke über den Rad- und Wanderweg Wanne-Constantin soll neu entstehen. Danach soll die Brücke Holsterhauser Straße an die Reihe kommen. Ob für einige Monate oder länger ein Loch in der Verbindung klafft, ist aktuell völlig offen. Für die Brücken Rottbruchstraße und Cranger Straße, die nicht parallel gebaut werden, gibt es keine verbindlichen Termine.
Wie geht‘s weiter?
Für den Abschnitt zwischen Bochum-Riemke und dem Kreuz Bochum gibt es aktuell einen Planfeststellungsbeschluss, die Detailplanung läuft. Auch hier wird selbst der aktualisierte Zeitplan nicht aufgehen. Bevor die Autobahn GmbH losbaut (letztes offiziell genanntes Datum: „frühestens 2024“, veranschlagt sind bis zu fünf Jahre Bauzeit), muss die Stadt Bochum gemeinsam mit den Stadtwerken eine Brücke bauen. Die Arbeiten daran haben aber noch nicht einmal begonnen.
+++ Kommentar: Chaos auf der A43: Die Reserven im System sind aufgebraucht +++
Die Abschnitte bis Witten sind erst teilweise in Vorbereitung. Das Kreuz Bochum befindet sich aktuell im „Vorentwurf“, der Abschnitt Kreuz Bochum bis Bochum-Querenburg in Vorbereitung der Planfeststellung, und für Bochum-Querenburg bis Witten-Heven wurde noch nicht mit der Planung begonnen. Und auch das Stück zwischen Recklinghausen/Herten und Marl-Sinsen muss noch geplant und gebaut werden.