Gladbeck. Hunderte Anrufe nimmt die Polizeileitstelle Recklinghausen täglich entgegen. Die Fälle sind sehr unterschiedlich. Auch Kuriositäten sind dabei.

Wer in Gladbeck den Polizei-Notruf 110 wählt, spricht kurze Zeit später mit der Leitstelle in Recklinghausen. Innerhalb kürzester Zeit müssen die sogenannten Einsatzbearbeiterinnen und -bearbeiter einordnen, wie die Lage ist. Eine anspruchsvolle Aufgabe, erklärt Andreas Lesch, Pressesprecher im Polizeipräsidium Recklinghausen.

Rund 10.000 Einsätze im Jahr fahre die Polizei im Stadtgebiet. Diese Einsätze koordiniert die Leitstelle. „Im Durchschnitt haben wir mit Blick auf die vergangenen vier Monate 825 Einsätze in Gladbeck gehabt“, sagt Lesch. Seiner Einschätzung nach sticht diese Zahl aber nicht besonders heraus. „Im ganzen Kreis Recklinghausen hat die Leitstelle 18.000 bis 20.000 Einsätze im Monat eingeleitet“, so der Pressesprecher. Darunter seien auch Weiterleitungen, zum Beispiel von oder an die Feuerwehr oder den Rettungsdienst.

Sich auf jedes Telefonat neu einzustellen, ist nicht immer leicht

Die Beamten an den Telefonen müssen alles aus der Ferne bewerten können, ohne aber die Person zu sehen – und das auch, wenn Letztere erst einmal unsortiert wirkt. „Vielleicht kann jemand gerade gar nicht richtig sagen, was passiert ist, weil die Person unter Schock steht“, so Lesch. „Dennoch gilt es, möglichst schnell herauszufinden: Ist jemand in Not? Braucht das Einsatzteam Sonderrechte wie Blaulicht? Bei vielen Einsätzen müssen die Einsatzbearbeiter auch priorisieren, welcher Einsatz dringlicher ist, und das alles anhand eines Telefonats.“

 

„Ist jemand zum Beispiel wegen eines Unfalls verletzt, schicken wir noch während des Telefonats einen Rettungswagen raus“

Andreas Lesch
Polizeisprecher

Hinzu komme die Herausforderung, immer wieder umzuschalten, denn die Situationen der Anruferinnen und Anrufer sind ebenso unterschiedlich wie die Menschen selbst. „Wir brauchen eine Menge an Angaben, fragen die klassischen W-Fragen ab und die Kollegen müssen auch viel suchen“, sagt Lesch. Während des Telefonats passiere bereits viel im Hintergrund. „Ist jemand zum Beispiel wegen eines Unfalls verletzt, schicken wir noch während des Telefonats einen Rettungswagen raus.“ Außerdem kümmere sich die Leitstelle darum, dass etwa ein Abschleppwagen anrückt, andere Abteilungen informiert werden oder auch darum, den Halter oder die Halterin eines Autos zu ermitteln.

Kuriose Anrufe gibt es jeden Tag in Gladbeck

Mitunter komme auch einiges Kurioses vor. „Die meisten erleben jeden Tag irgendetwas, das Außenstehende als kurios betrachten würden.“ Ein äußerst ungewöhnlicher Anruf ist aber besonders in Erinnerung geblieben: „Es ist schon einige Jahre her, da haben wir die Meldung bekommen, dass jemand im Bus eine Tasche mit 4000 Euro und Drogen vergessen hat“, berichtet Lesch.

Leider komme es auch häufig vor, dass sich jemand einen Spaß erlaube. „In vielen Kommunen gibt es sogar Leute, die häufiger anrufen, aber auch Personen, die einfach mal mit der Polizei sprechen wollen oder aber auch psychische Auffälligkeiten haben.“ Doch auch die Supermarktöffnungszeiten oder den Weg zur Wache wollten Menschen unter der 110 erfragen. Spaßanrufe sind mitnichten eine Mutprobe oder ein Streich, macht Lesch deutlich. „Ein Scherzanruf kann eine Strafanzeige nach sich ziehen“, so Lesch. Der Missbrauch von Notrufen könne mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe geahndet werden.

Bagatellschäden erfordern keinen Notruf

Geschätzt seien 30 bis 40 Prozent der Anrufe kein Notfall – nicht immer handele es sich dabei aber um einen Streich. Eine Statistik gebe es dazu allerdings nicht. „Die Schätzzahl beinhaltet auch mal eine Infofrage“, so Lesch. Auch Bagatellunfälle, etwa auf einem Parkplatz, bei dem weder ein großer Schaden entstanden ist, noch jemand verletzt wurde, müsse nicht über die 110 gemeldet werden. „Da bekommt niemand Ärger, aber so etwas lässt sich auch über die Polizeiwache Bottrop klären.“ Infofragen könne auch die Telefonzentrale Recklinghausen unter 02361 550 beantworten. „Es schadet nicht, die Nummer einzuspeichern.“ Im Zweifel sollten Bürgerinnen und Bürger aber lieber einmal zu viel als zu wenig die Notrufnummer wählen.

Wie viele Personen in der Leitstelle arbeiten, verrät Lesch aus strategischen Gründen nicht. „Die Leitstelle ist eine Poolleitstelle, sodass es keine festen Dienstgruppen gibt, sondern sich die Einsatzbearbeiter ihren eigenen Dienstplan zusammenstellen.“ Wie viel Arbeit das Team hat, unterscheide sich erfahrungsgemäß je nach Tag, Zeit und auch Jahreszeit. „In einer lauen Sommernacht gibt es zum Beispiel oft wegen Ruhestörungen mehr zu tun“, sagt Lesch. Die Menschen seien gern draußen, es gebe viele Gartenpartys und das mache auch die Einsatznacht wuseliger. „In einer Sommernacht hatten wir für den ganzen Kreis 900 Anrufe.“ Im Winter hingegen blieben die Menschen lieber drinnen. „Dafür gibt es zum Beispiel häufiger Unfälle wegen Glatteis.“

„Kein Notruf geht verloren“

Ein Einsatz aus dem vergangenen Sommer dürfte einigen Gladbeckerinnen und Gladbeckern ebenfalls im Gedächtnis geblieben sein. Ende Juli hatte sich eine Massenschlägerei von Gelsenkirchen-Horst in den Gladbecker Stadtteil Rosenhügel verlagert. Bis zu 30 Personen waren in das Gemenge verwickelt. Die Polizei hatte eine Mordkommission eingerichtet und ermittelt, ob der Vorfall der Clan-Kriminalität zuzuordnen wäre. Organisierte Kriminalität soll jedoch nicht hinter der Schlägerei stehen. Auslöser soll ein privater Streit zwischen zwei Familien gewesen sein.

Sorge, dass ein Anruf verloren gehe, müsse aber niemand haben. „Kein Notruf geht verloren“, betont Lesch. Sollten alle Leitungen belegt sein, werde der Anruf an eine andere Leitstelle durchgestellt oder der Anruf gehe in eine Warteschleife. „Auch wenn es schwerfällt, wenn man in Not ist, man sollte auf jeden Fall in der Warteschleife bleiben“, betont der Sprecher. „Auflegen und neu anrufen wirft einen nur wieder zurück.“

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