Gladbeck. Bisher standen jüdische Opfer des Nationalsozialismus‘ im Fokus des Bündnisses für Courage. Manfred Samen will an eine weitere Gruppe erinnern.

Manfred Samen hat intensiv geforscht zur Geschichte Gladbecks unter dem Hakenkreuz. Aufzuklären und die Erinnerungen wach zu halten, das ist das Anliegen des Bündnisses für Courage Gladbeck. Standen bislang die Opfer in der jüdischen Bevölkerung im Fokus der Aktiven, nimmt Manfred Samen als zukünftige Aufgabe eine weitere Gruppe, die unter Hitler verfolgt wurde, in den Blick.

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„Der Holocaust ist und bleibt ein unsagbares Verbrechen an der Menschheit“, betont Manfred Samen. Es sei angesichts der Gräuel unter den Nationalsozialisten „erschütternd und kaum zu verstehen, dass Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sich verstärkt ausgebreitet haben“ – mit „aktuellen Geschehnissen in Deutschland, Gesamteuropa und punktuell in aller Welt“.

Der Gladbecker Manfred Samen sieht eine weitere Aufgabe für das Courage-Bündnis

Jahrelang hat der heute 89-Jährige im Bündnis für Courage mit Jugendlichen mehrerer Gladbecker Schulen zur Lokalgeschichte recherchiert, Biografien ermordeter und verschleppter jüdischer Opfer erforscht.

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Aber: „Es muss festgestellt werden, dass die Schwerpunktsetzung unserer Arbeit, das Schicksal der Gladbecker Sinti und Roma – damals ,Zigeuner‘ genannt – übersehen hat.“ Der „um sich greifende Antiziganismus“ erfordere, dass sich die Aktivgruppe im Bündnis für Courage in nächster Zeit mit dieser Thematik beschäftige. Dazu will Manfred Samen Akten aus dem Stadtarchiv heranziehen. Denn: „Das Schicksal dieser ehemaligen Gladbecker Mitbürger darf nicht in Vergessenheit geraten.“

Manfred Samen, Lokalhistoriker, engagiert gegen Rechts, sitzt am Donnerstag, 09. Januar 2025, in einem Sessel in seiner Wohnung in Gladbeck. Foto: Thomas Gödde / FUNKE Foto Services

„Das Schicksal dieser ehemaligen Gladbecker Mitbürger darf nicht in Vergessenheit geraten“

Manfred Samen
Mitglied des Bündnisses für Courage Gladbeck

Bisher erinnern in Gladbeck ein Mahnmal in den Arkaden des Neuen Rathauses und Stolpersteine an Opfer der Euthanasie und in der jüdischen Einwohnerschaft Gladbecks. Das Bündnis für Courage hat bislang mehr als 130 Gedenktafeln verlegen lassen. Der „Vater der Stolpersteine“, Künstler Gunter Demnig, hat gerade erst im Oktober 2024 weitere Plaketten in Gehwege eingesetzt.

Stolpersteine erinnern an das Schicksal der Opfer

„Im vergangenen Jahr waren es 15 neue Steine“, berichtet Samen. Plus ein weiteres der quadratischen Exemplare als Ersatz für jenes gestohlene, das an das Schicksal des ehemaligen jüdischen Kaufmanns Mendel Friedmann vor dem Haus an der Rentforter Straße 16 erinnert. Manfred Samen: „Die Kosten für diesen Stein hat lobenswerter Weise ein Gladbecker Bürger durch eine Spende übernommen.“

Nachkommen der Opfer besuchten Gladbeck

Das 89-jährige Courage-Mitglied ergänzt: „Hervorzuheben ist, dass zur Verlegung im vergangenen Jahr an der Karlstraße 7 für den jüdischen Mitbürger Bleiweiß dessen Enkel aus Chicago angereist war. Ebenfalls war Chaja Kaufmann aus den Niederlanden anwesend für die verfolgten, beziehungsweise ermordeten Verwandten, die einst im Haus Horster Straße 54 lebten.“

Jugendliche aus Gladbecker Schulen werden zum Gedenken an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am 27. Januar 1945, wie in den Vorjahren, die Stolpersteine reinigen. Mitglieder des Gladbecker Bündnisses für Courage wollen an jedem einzelnen eine Blume niederlegen.

Das alljährliche Auschwitz-Gedenken beginnt am 26. Januar um 15 Uhr im Heisenberg-Gymnasium an der Konrad-Adenauer-Straße 1. Da der Gastredner Herbert Rubinstein, ein Holocaust-Überlebender, zum eigentlichen Datum anderweitig terminlich gebunden ist, wird die Veranstaltung um einen Tag vorgezogen.