Gladbeck. Ein Junge ist aus einer Kita in Gladbeck verschwunden – ein Alptraum für alle Eltern. Sogar ein Polizei-Suchhund sollte nach dem Kind suchen.

Der Schock bei den Eltern sitzt tief. Am Montagvormittag bekamen sie einen Anruf aus der Kita, der wohl alle Mütter und Väter in Angst und Schrecken versetzt: Ihr Sohn war aus der Kita weggelaufen, die Erzieherinnen konnten den Sechsjährigen nirgends finden. Besonders dramatisch: Der Junge ist Autist, daher völlig hilf- und orientierungslos.

„Unser Sohn ist aufgrund seiner Erkrankung hilflos. Er spricht nicht und war völlig orientierungslos.“

Die Mutter gegenüber der Lokalredaktion

Die Kita Superhelden an der Uhlandstraße liegt unweit der stark befahrenen B224 – und genau die überquerte der Junge. „Wohl an der Stelle, an der 70 km/h gefahren werden darf“, so die Mutter des Kindes. In der Zeitung möchte die Familie ihren Namen nicht öffentlich nennen. Ein Passant fand den Sechsjährigen schließlich rund eine Stunde nach seinem Verschwinden an der Steinstraße. „Ihm kam es komisch vor, dass der Junge allein unterwegs war“, sagt Annette Achenbach, Sprecherin im Polizeipräsidium Recklinghausen. Ein Glück für die Eltern und das Kind. Denn auch die Polizei war längst eingeschaltet, war mit einigen Streifenwagen unterwegs, um nach dem Kind zu suchen. „Der Suchhund war schon bestellt“, so Annette Achenbach.

Der Mann nahm den Jungen mit nach Hause, verständigte von dort aus die Polizei

Der Mann, der den Jungen schließlich fand, nahm ihn gleich mit nach Hause, verständigte von dort aus die Polizei. „Mein Sohn hatte sich die Hose und die Socken ausgezogen, dabei regnete es in Strömen“, berichtet die Mutter. Ihr Sohn ziehe sich ständig aus. „Autisten mögen es oft nicht, gekleidet zu sein.“ Rund eine Stunde sei er so barfuß unterwegs gewesen. „Er hätte sich auch stark erkälten können.“

Dass der Mann das Kind fand, ist unfassbares Glück für die Familie. „Unser Sohn ist aufgrund seiner Erkrankung hilflos. Er spricht nicht und war völlig orientierungslos.“ Auch gerade daher sind die Eltern froh und dankbar, dass nichts passiert ist. „Man muss ja nur an den autistischen Jungen aus Niedersachsen denken, der seit Wochen vermisst ist.“

Unklar ist, wie das Kind aus der Kita verschwinden konnte

Nach dem Anruf der Kita lief sie selbst durch die Straßen, um ihren Sohn zu suchen. Nachdem ihr Sohn endlich gefunden war, konnte sie ihn bei dem Mann abholen, der die Polizei verständigt hatte. „Seine Frau hatte sogar für meinen Sohn etwas gekocht. Als ich ihn abholte, aß er gerade.“

Wie der Junge aus der Kita verschwinden konnte, ist unklar. Die Mutter kann es sich nur so erklären, dass er über den Spielplatz an der Kita weggelaufen sei. „Der ist zwar eingezäunt, aber dort gibt es ein Tor.“ Über einen Zaun sei er wohl nicht geklettert. „Ich habe mir seine Hose genau angesehen, sie ist an keiner Stelle zerrissen.“ Über die Eingangstür, so vermutet die Mutter, kann er auch nicht aus dem Kita-Container gekommen sein. „Es gibt dort eine Tür, die oben einen Griff hat, sodass er für Kinder nicht erreichbar ist.“

Kita-Träger: „Wir sind froh und erleichtert, dass der Junge schnell gefunden wurde

Der Träger der Kita sei an einer „schnellen und vollständigen Klärung interessiert“, wie Maike Stiel, Geschäftsführerin der Falken, die die Kita an der Uhlandstraße betreiben, auf Anfrage der WAZ erklärt. Sie sagt: „Wir haben in dieser Angelegenheit die zuständigen Behörden informiert und kooperieren mit diesen vollumfänglich. Um Ermittlungen nicht zu stören und auch die Persönlichkeitsrechte der Familie zu wahren, können wir zum jetzigen Zeitpunkt keine weitergehenden Auskünfte zum Sachverhalt geben.“ Alle Mitarbeiter der Kita, die die Suchaktion nach dem Jungen unterstützt haben, seien sehr froh und erleichtert, dass er schnell gefunden wurde. „Wir freuen uns, dass er jetzt wieder in unserer Einrichtung betreut wird.“ 

Tatsächlich besucht der Junge nach wie vor die Kita. „Unser Sohn würde es nicht verstehen, warum er nicht in die Kita gehen soll.“ Zudem sei sie selbst berufstätig und habe einen weiteren autistischen Sohn, sei also auf die Betreuung angewiesen, so die Mutter. Nach den Sommerferien wechselt das Kind in die Schule. „Nur noch kurze Zeit, dann sind wir aus der Kita weg“, so die Mutter. Denn eins steht für die Familie fest: Das Vertrauen in die Einrichtung ist weg. „Es gibt kein Wort, das den Vorfall entschuldigt.“

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