Gladbeck. Michael Danowski ist leidenschaftlicher Funkamateur und Vorsitzender des DARC-Ortsverbands in Gladbeck. Was ist die Faszination hinter dem Hobby?

Schon von weitem ist klar, in welchem Haus Michael Danowski wohnt. Höher als alle Dächer, hier in einer Wohnsiedlung in Gladbeck-Zweckel, thront ein Antennenmast, der eigentlich so gar nicht in das Ambiente des Wohnviertels passt. Wie eine Pinnnadel markiert der Mast das außergewöhnliche Hobby, das hier ausgeübt wird: Michael Danowski ist Funkamateur.

„Amateurfunk ist wie ein Diamant. Es gibt so viele Facetten“, beginnt Danowski zu erzählen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das Hobby auszuüben. Kurz- oder Langwellenfrequenzen entscheiden unter anderem über die Reichweite und die Art des Funkens. Oder wird sogar ein Satellit angepeilt? Die Kommunikation läuft per Morsen, Sprechen oder mittels Abkürzungen. Nutzt man dafür ein kleines Funkgerät oder besitzt man eine eigene Funkstation samt Computer und Antenne? Und von wo aus wird gefunkt? Danowski reiste etwa schon nach Luxemburg oder auf die Färöer Inseln und vernetzte sich dort mit anderen Amateurfunkern.

Heute Morgen funkte Danowski noch von Gladbeck aus bis in die Mongolei

Seit über 40 Jahren funkt Danowski um die halbe Welt. Und das ist keine Übertreibung: „Heute Morgen habe ich schon in die Mongolei gefunkt“, erzählt er. Der Gladbecker war schon zu Schulzeiten technikbegeistert, zu dieser Zeit baute er alte Fernseher auseinander, um an die Einzelteile zu gelangen. Als Jugendlicher hatte Danowski bereits ersten Kontakt zum Amateurfunk. Doch erst mit 25 Jahren trat er dem DARC, also dem Deutschen Amateur-Radio-Club, bei. Inzwischen ist Danowski, der als Elektrotechniker unter anderem für NOKIA arbeitete, 70 Jahre alt und Vorsitzender des Gladbecker DARC-Ortsverbandes.

Der Antennenmast im Garten von Michael Danowski überragt die umliegenden Häuser bei Weitem.
Der Antennenmast im Garten von Michael Danowski überragt die umliegenden Häuser bei Weitem. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Sein Hobbyraum befindet sich auf dem Dachboden. Eine schmale Holzleiter führt hinauf in den verwinkelten Raum. Der wacklige Aufstieg sollte in Anbetracht der beachtlichen Funkanlage, die sich Danowski über die Jahre hier aufgebaut hat, erwähnt werden. Immerhin mussten die teilweise über 30-Kilogramm-schweren Geräte ja hier hochgetragen werden. Nun surrt, piept und blinkt alles vor sich hin.

So hilft der Amateurfunk im Katastrophenfall

In Deutschland gibt es insgesamt 60.736 Funkamateure (Stand Dez. 2023). Rund die Hälfte davon ist Mitglied im Deutschen Amateur-Radio-Club, kurz DARC. Der eingetragener Verein ist in 24 Distrikte und rund 1000 Ortsverbände untergliedert.

Funkamateur ist, wer bei der Bundesnetzagentur eine Prüfung in den Bereichen Technik, Betriebstechnik und Gesetzeskunde  abgelegt hat und ein individuelles Rufzeichen besitzt. Insgesamt gibt es drei Klassen, die zu unterschiedlichen Möglichkeiten des Funkens berechtigen.

In Katastrophenfällen kann der Amateurfunk die ausgefallene Kommunikation für Verwaltungen und die Bevölkerung zum Teil ersetzen. Laut Angaben des DARC existieren diverse Kooperationen mit Organisationen aus dem Bereich des Katastrophenschutzes und der Verwaltung, zumeist auf Ebene der Städte und Landkreise. Auch mit dem Bundesamt für Bevölkerungs- und Katastrophenschutz (BBK) besteht eine Zusammenarbeit. Der DARC ist an das modulare Warnsystem des BBK angeschlossen. In einem Notfall, wie einem längeren Stromausfall und dem Ausfall von Telefon und Mobilfunk, können mittels batteriebetriebener Funkgeräte schnell und einfach eine Kommunikation gewährleistet werden und z. B. Notrufe an die Behörden weitergeleitet werden, heißt es von Seiten des BBK.

Weitere Informationen zum Amateurfunk sowie Kontaktmöglichkeiten zu den jeweiligen Ortsverbänden finden sich auf der Website des DARC (www.darc.de).

Polarlichter dienten Danowski als Reflektoren der Funksignale

Von seiner Schaltzentrale aus kann Danowski die Antenne im Garten ausrichten, je nachdem, in welche Richtung gefunkt und aus welcher Richtung Funk empfangen werden soll. Auf seinem Computer sind die empfangenen Signale anderer Funkamateure durch Abkürzungen sichtbar. Grundsätzlich, erklärt Danowski, gibt es beim Amateurfunk zwei Gruppen: „Die einen rufen an, und die anderen antworten.“

Michael Danowski an seiner Funkzentrale auf dem Dachboden seines Hauses.
Michael Danowski an seiner Funkzentrale auf dem Dachboden seines Hauses. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Ein Reiz des Amateurfunkens liegt darin, so weite Verbindungen wie möglich herzustellen. Das sei die Faszination dahinter, meint Danowski. „Mit dem Telefon kann ich überall anrufen, das Funken aber ist eher Zufall.“ Die Funkbedingungen und damit auch die Reichweite unterscheiden sich je nach Jahreszeit, Sonnenzyklus und Tagesrhythmus. Und natürlich spielen auch Wetter und andere äußere Einflüsse wie störende Elektrogeräte eine Rolle. Die Physik, die hinter dem Funken steckt, erlaubt aber auch jede Menge Tricksereien. Danowski funkte vor einiger Zeit nach England, die Antenne war aber Richtung Skandinavien ausgerichtet. Dort nutzte er die Polarlichter als Reflektoren, um seine Signale Richtung England abzulenken. Klingt verrückt – aber es klappte!

Der Zusammenhalt unter Funkamateuren ist groß

Sein Equipment hat Danowski mit der Zeit immer weiter aufgebaut. Seine Erfahrungen als Elektrotechniker kommen ihm bei seinem Hobby zugute, denn einige technische Komponenten bastelt er sich selber zusammen. Doch auch Menschen ohne solche Vorerfahrungen können problemlos Funkamateur werden, sagt Danowski. Anfänger können auf fertige Funksysteme zurückgreifen. Oder man lässt sich von anderen Funkamateuren in den Ortsverbänden helfen.

Der gelernte Elektrotechniker baut sich einige Bestandteile seiner Funkanlagen selbst zusammen.
Der gelernte Elektrotechniker baut sich einige Bestandteile seiner Funkanlagen selbst zusammen. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

„Funkamateure kommen aus allen gesellschaftlichen Schichten“, sagt Danowski. Auch mit geringem Budget ließe sich ein Funksystem zusammenstellen. In den Ortsverbänden stellen sich die Mitglieder das Equipment zudem gegenseitig zur Verfügung oder man funkt gemeinsam auf dem Vereinsgelände. Danowski schätzt diese Gemeinschaft sehr: „Für dieses Hobby ist der Beruf oder der Verdienst egal.“

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Elektrogeräte können Empfang der Funkamateure stören

Ebenso gilt beim Amateurfunken: politische Äußerungen sind Tabu! „Man kann sich über alle Themen unterhalten, aber nicht über Politik“, sagt Danowski. „Denn beim Funken sind alle gleich.“ Funkamateure wollen sich vernetzen und Grenzen überwinden. Die Funkwellen unterscheiden auch nicht zwischen Armut und Reichtum. „Und das ist auch gut so!“ Ebenso sind Kraftausdrücke und Werbung verboten. Manchmal kenne man den einen oder anderen Funkamateur aber schon etwas besser, erzählt Danowski. Dann kann es in den Themen, über die sich ausgetauscht wird, auch mal persönlicher werden.

Michael Danowski.

„Beim Funken sind alle gleich“

Michael Danowski

Übrigens: in seiner Nachbarschaft gab es trotz des eher unüblichen Antennenmastes im Garten noch keine kritischen Nachfragen. Teilweise ist der Mast auch älter als die Häuser drumherum, erzählt Danowski. Beim Aufbau Mitte der 1990er-Jahre hatten Mitglieder des Ortsverbandes geholfen. Durch die große Antenne hat Danowski trotz der städtischen Lage einen besseren Empfang. War es früher noch so, dass Funkamateure den Empfang der heimischen Fernsehgeräte störten, ist es heute umgekehrt. Die elektronischen Bauteile aus Elektrogeräten oder auch Solaranlagen – häufig mit billigen Bauteilen aus China – sorgen beim Amateurfunk für Rauschen. In Danowskis Nachbarschaft war es sogar mal eine günstige Lampe vom Flohmarkt, die das Funken verhinderte und schlussendlich durch Mitarbeiter der Bundesnetzagentur aufgespürt wurde. Seitdem herrscht wieder Ruhe. Solange, bis Michael Danowski wieder zum Funkgerät greift.

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