Gladbeck. Neue Cannabis-Gesetze lösen Unruhe in Gladbeck aus. Stadtverwaltung ringt mit Herausforderungen. Ein verbreitetes Problem.

Die drei Fragezeichen und das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis, kurz KCanG: Damit beschäftigte sich jetzt der Ausschuss für Sicherheit, Ordnung und Feuerwehr. Die Stadtverwaltung Gladbeck berichtete über die Probleme, die das neue Gesetz für die Kommunen mit sich bringt. Die Beigeordnete Marie-Antoinette Breil zitierte den nordrhein-westfälischen Innenminister Herbert Reul: „Den Sch... brauchen wir wirklich nicht!“ Und die Gladbecker Rathaus-Fachleute würden diesen Satz wohl gerne unterstreichen. Denn: Groß sind die Schwierigkeiten und Irritationen.

Das Gesetz „hat uns Knall auf Fall getroffen, der Bundesgesetzgeber hat leider wesentliche Punkte vergessen“, kritisierte Marie-Antoinette Breil im Ausschuss. Es habe an Vorlaufzeit gefehlt, Informationen seien nachträglich geliefert worden. Das habe, so der Städtetag NRW, dazu geführt, „dass die Gemeinden aus dem Stand eine für sie vollständig neue Aufgabe umsetzen müssen, für die sie weder personell noch technisch aufgestellt sind“.

In den Stadtverwaltungen: Ratloses Achselzucken

Und doch muss sich auch Gladbeck der Aufgabe stellen. Mit dieser Situation befinde sich man sich in großer Gesellschaft, stellte Breil fest. „Das Problem ist für alle Gemeinden gleich.“ Die Stadtverwaltung habe sich erkundigt, wie‘s anderenorts aussieht. Ergebnis: „In allen Kommunen Schulterzucken.“

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Unverhohlen die Kritik der Juristin: „Meine Freude an dieser Gesetzgebung hält sich in Grenzen.“ Da ergeht es ihr offensichtlich wie Minister Reul.

Marie-Antoinette Breil, Beigeordnete in Gladbeck

„Der KOD darf dies auch noch betreuen“

Marie-Antoinette Breil über die Cannabis-Konsumkontrolle

Das wohl dickste Fragezeichen für die Praxis: Wie soll die Einhaltung eigentlich kontrolliert werden? Die Beigeordnete berichtete: „Die Zuständigkeit wurde auf die Landesebene geschoben.“ Am Ende der Kette sei die Aufgabe schließlich auf örtlicher Ebene gelandet. Breil: „Der KOD (Kommunaler Ordnungsdienst, Anmerk. der Redaktion), darf dies auch noch betreuen.“ Nur wie?

NRW-Innenminster Herbert Reul

„Den Sch... brauchen wir wirklich nicht!“

Herbert Reul

„Kontrollieren“ sagt sich leichter, als es getan ist. „Das Personal ist noch nicht geschult“, berichtete Breil, „und ab 1. Juli sollen die Regelungen zum gemeinschaftlichen Eigenanbau und Anbauvereinigungen in Kraft treten. Vielleicht erfahren wir davon früher“ als in den vergangenen Monaten. Sollen die KOD-Kräfte etwa mit Feinwaagen Kiffern auf die Spur kommen, die sich eine Tüte gönnen? Gregor Wirgs, Kopf des Amtes für öffentliche Ordnung, sagte, die Wiegegeräte seien bestellt.

Gregor Wirgs, in Gladbeck Leiter des Ordnungsamtes

„Was genau ist gemeint? Die Blätter oder das, was daraus hergestellt wird?“

Gregor Wirgs

Er wies auf ein weiteres Fragezeichen hin: Der Besitz von was genau ist gemeint? „Die Blätter oder das, was daraus hergestellt wird?“ Grundsätzlich bleiben Besitz, Anbau, Herstellung und Handel verboten. Doch das KCanG erlaubt Ausnahmen. Die es allerdings ebenfalls in sich haben.

Ein Auszug: Volljährige dürfen bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum besitzen. Wirgs erklärte: „Bei 25 bis 30 Gramm haben wir es mit einer Ordnungswidrigkeit zu tun, ab 31 Gramm wird‘s eine Straftat.“ Am Wohnsitz sind sogar bis zu 50 Gramm erlaubt. Noch einmal der Ordnungsamtsleiter: „Bis zu 60 Gramm ist es eine Ordnungswidrigkeit.“ Wer die Nase nicht vollkriegt und noch mehr Cannabis daheim hat, begeht eine Straftat, also ein Fall für die Polizei.

Das Kiffen ist an vielen Orten verboten

Verboten ist das Kiffen in unmittelbarer Nähe von Menschen unter 18 Jahren. Der Cannabis-Konsum ist unter anderem zudem verboten in Schulen, auf Kinderspielplätzen, in Kinder- und Jugendeinrichtungen, öffentlich zugänglichen Sportstätten sowie in jeweiliger Sichtweite. Letztere „ist bei einem Abstand von mehr als 100 Metern von dem Eingangsbereich der genannten Einrichtungen nicht mehr gegeben“. Ebenfalls eine Tabu-Zone: die Fußgängerzone zwischen 7 und 20 Uhr.

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Da der Konsum in unmittelbarer Nähe von Minderjährigen nicht erlaubt ist, sind auch (Volks-)Feste und frei zugängliche Großveranstaltungen vom Verbot betroffen. Schließlich ist anzunehmen, dass sich bei solchen Ereignissen Kinder und Jugendliche befinden. „Der jeweilige Hausrechtsinhaber bzw. Veranstalter ist verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass es nicht zu Verstößen kommt“, heißt es. Hinweis der Stadtverwaltung: „Diese Verpflichtung kann, falls etwa umfassende Kontrollmaßnahmen dem Veranstalter bzw. Hausrechtsinhaber zu aufwändig und personalintensiv sind, auch in einem generellen Cannabis-Konsumverbot bestehen.“

„Die Einsatzkräfte sind ausgebildet, einen potenziellen Konsum zu erkennen“

Pia Weßing
Sprecherin im Polizeipräsidium Recklinghausen

Die eine, allgemeingültige Antwort kann die Polizei zur Thematik nicht geben. Pia Weßling, Sprecherin im Polizeipräsidium Recklinghausen, sagt: „Das ist ein weites Spektrum.“ Jeder Sachverhalt müsse einzeln betrachtet und bewertet werden. Grundsätzlich seien die Zuständigkeiten geregelt. Zum Beispiel obliege die Kontrolle auf Festen sowie die Ahndung von Verstößen den Städten und Gemeinden. Mal abgesehen von Straftaten wie Dealen und die Hasch-Abgabe an Kinder.

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Den Straßenverkehr hat die Polizei im Blick. Bei Verkehrskontrollen seien die Einsatzkräfte ausgebildet, einen potenziellen Konsum zu erkennen. Es gebe ein standardisiertes Verfahren. Weßing: „Wir haben keine Feinwaagen auf den Fahrzeugen.“

Gedenkminute für gestorbene Einsatzkräfte

Mit einer Gedenkminute begannen die Mitglieder des Ausschusses für Sicherheit, Ordnung und Feuerwehr ihre Sitzung am Montag. Marie-Antoinette Breil, Beigeordnete für Recht, öffentliche Ordnung und Kultur, würdigte jene Einsatzkräfte, die für ihre Mitmenschen eingetreten und gestorben sind.

Namentlich nannte die Beigeordnete Rouven Laur. Den 29-jährigen Polizisten hatte in Mannheim ein Attentäter so schwer verletzt, dass der Beamte starb. Marie-Antoinette Breil rief auch die Feuerwehren in Erinnerung. So verunglückte beim jüngsten Hochwasser in Süddeutschland mindestens ein Helfer tödlich.