Gladbeck. Der Zwischenbericht des Klimaschutzkonzepts für Gladbeck fällt bescheiden aus. Wie die Stadt ihr Klimaschutzziel bis 2042 dennoch erreichen kann.
„Höchste Anstrengungen“ sind weiterhin nötig, will die Stadt Gladbeck ihr selbst gestecktes Ziel der Klimaneutralität auf kommunaler Ebene bis 2042 noch erreichen. Das geht aus der Fortschreibung des Klimaschutzkonzeptes hervor, die dem Planungs- und Umweltausschuss vorgelegt wurde. Es seien schon in den letzten Jahren eine Menge Maßnahmen auf den Weg gebracht worden – das reiche aber längst nicht aus. Es müsse sich noch vieles weitere ändern, reduziert und neu gedacht werden, so Gutachter Andreas Hübner von der Ingenieurgesellschaft Gertec, die für die Stadt an dem Klimaschutzkonzept arbeitet.
Allerdings: Sicher sei das Erreichen des Ziels auch dann nicht, so der Gutachter, der der Stadt für die Jahre 2012 bis 2019 nur eine „leichte Abnahme von Treibhausgasen“ attestierte. Diese Reduzierung müsse in den nächsten Jahren dramatisch größer werden. Weitere „immense Bemühungen“ seien dazu dringend notwendig, das anvisierte Ziel sei dann aber gleichzeitig die Basis für eine zukunftsfähige Stadtentwicklung.
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Klimaneutralität in Gladbeck auf Basis des 1,5-Grad-Zieles nicht mehr erreichbar
Gutachter Hübner streute sogar noch Salz in die kommunale Klima-Wunde: Trotz vieler Klimaschutz-Anstrengungen und -Anpassungen seit 2010, und vor allem seit Ausrufen des städtischen Klimanotstandes 2019, sei die Klimaneutralität nicht mehr unter der Marke des 1,5-Grad-Ziels zu erreichen, höchstens auf Basis des 1,75-Grad-Ziels. Aber auch dafür brauche Gladbeck „fortführend Initiierungen und Umsetzungen von Klimaschutzmaßnahmen“, auch konkretere kommunale Vorgaben seien nötig. Allein Motivations- und Sensibilisierungsmaßnahmen oder finanzielle Anreize seien unzureichend.
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Wie schwierig der Weg ist, machte Hübner etwa daran fest, dass allein Gebäudesanierungen und eine Reduzierung des Energiebedarfs nicht ausreichten, um die städtischen Klimaziele im Bereich Wohnen zu erreichen. Zusätzlich müssten hier bei der Stromerzeugung erneuerbare Energien genutzt werden, zur Deckung des Wärmebedarfs sei eine Dekarbonisierung unerlässlich, etwa bei der Fernwärmeerzeugung. Eine zunehmende Biomethanerzeugung müsse konsequent zur Umstellung der Fernwärmeproduktion genutzt werden.
Gladbeck muss Wärmequellen jenseits von Kohle und Gas finden
Da 2045 auch die Erdgasnutzung zum Heizen ende, sei insgesamt zur Wärmeversorgung ein Mix aus Wärmepumpen, Solarthermie, Biomethangas (Erdgasersatz) und Fernwärme (aus Biomethangas, industrieller Abwärme und Solarthermie) sowie Nachtstrom (aus Solar- oder Windenergie) und dezentrale Wärmeproduktion (Nahwärme) notwendig. Hübner: „Eine enorme Herausforderung.“
Ebenso von Bedeutung sei der beharrliche und fortschreitende Ausbau erneuerbarer Energien, wobei die lokalen Potenziale innerhalb Gladbecks aufgrund fehlender Fläche im dicht besiedelten Stadtgebiet nicht ausreichen würden, den künftigen lokalen Strombedarf zu decken. Zu einem künftigen „ausgewogenen Szenario“ gehöre für den Straßenverkehr auch der Einsatz von Wasserstoff, etwa beim Betrieb von Linienbussen.
Vor allem in der Gladbecker Wirtschaft muss vieles klimaneutral umgebaut werden
Wie komplex die Situation ist, machte Experte Hübner auch daran fest, dass private Haushalte, wo die Reduzierung klimaschädlicher Schadstoffe allein schon schwierig genug sei, „nur“ mit 23 Prozent die Umwelt und das Klima belasten. Der Verkehr steuere 25 Prozent zu. Aber allein die Wirtschaft komme auf 50 Prozent.
Auch im Bereich der örtlichen Wirtschaft gebe es eine hohe Quote an Sanierungsmöglichkeiten im Gebäudebestand, könne Produktionswärme noch viel intensiver genutzt und Wasserstoff vermehrt eingesetzt werden. Insgesamt müssen Beschaffung und Produktion in den Betrieben ressourcen-, energie- und klimaschonender gestaltet werden. Hilfreich könnte, so Hübner, dabei ein Gewerbegebietsmanager der Stadt sein. Im Bereich Verkehr sei der eingeschlagene Weg der Wende hin zu mehr E-Mobilität und Radverkehr richtig, es sollte aber künftig mehr an Mobilstationen und die Nutzung von Ökostrom gedacht werden.
Politik sieht sich bestätigt
Die Kommunalpolitik sieht sich durch den Zwischenbericht beim Klimaschutzkonzept bestätigt. „Wir haben in den vergangenen Jahren die richtigen Weichen gestellt“, hieß es im Planungs-und Umweltausschuss. Herausforderungen stellten die Bereiche Wirtschaft und Bauen dar. Ausschussvorsitzender Peter Kleimann (Grüne) sprach von einer „epochalen Aufgabe“, vor der Gladbeck stehe.Stadtbaurat Dr. Volker Kreuzer sagte, dass das Erreichen des städtischen Klimaschutzzieles von vielen verschiedenen Entwicklungen abhängig sei, die zum Teil außerhalb des kommunalen Einflusses lägen. Klimaschutz könnten Politik und Verwaltung nicht allein bewältigen. Die Umsetzung bleibe eine Gemeinschaftsaufgabe, die nur mit mehr Klimabewusstsein und einem Umdenken jedes einzelnen, aller Haushalte und Unternehmen gelingen könne.