Gladbeck. Immobilien- und Grundstücksbesitz werden wegen der Steuerreform neu berechnet. Das wirft Fragen auf. Gladbecks Stadtkämmerer informiert.

Gut 24.000 Haushalten stadtweit flattert in diesen Tagen Post von der Stadtverwaltung Gladbeck in den Briefkasten: die Bescheide über Grundbesitzabgaben für Grundstücke, Eigentumswohnungen, Geschäftsgrundstücke und landwirtschaftlich Betriebe. So weit bekannt, so weit gut. Doch diesmal ist den Bescheiden ein Informationsblatt über die Grundsteuerreform zugefügt, das Verwirrung stiftet. Stadtkämmerer Thorsten Bunte erläutert Hintergründe der Neuerung und Prozedere.

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„Das Bundesverfassungsgericht hat gesagt, dass die Einheitswerte gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen“, so der Fachmann, „die Sätze aus dem Jahr 1964 in Westdeutschland und 1935 in Ostdeutschland spiegeln den heutigen Wert nicht wider.“ Daher muss die Grundsteuer nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Jahre 2018 neu ermittelt werden. Sie darf ab 2025 nicht mehr nach den bisherigen Einheitswerten erhoben werden.

Schon die Nutzung des Systems „MeinElster“ könnte für viele Gladbecker eine Herausforderung darstellen

Für die Ermittlung der neuen Werte ist die Bürgerschaft mit Immobilien und Grundbesitz gefordert. Sie muss Angaben zur neuen Bemessungsgrundlage machen. Die Erklärungen sollen zwischen dem 1. Juli 2022 und 31. Oktober 2022 online über das System „MeinElster“ (www.elster.de) abgegeben werden. Schon dieser elektronische Weg dürfte nach Einschätzung von Fachleuten viele Betroffene vor ein großes Hindernis stellen.

Gefragt sind beispielsweise so genannte Merkzahlen. „Als Faustformel für die Bewertung werden die Fläche, statistische Netto-Kaltmiete und Bodenrichtwert herangezogen“, erläutert Bunte. Auf diese Fragen dürften die Antworten wahrscheinlich relativ schnell herauszufinden sein. Im Gegensatz zu Daten, die im Grundbuch vermerkt sind, wie Informationen zu Flurstück, Erstbezug, Erben- und Bruchteilsgemeinschaften.

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Um die Erklärung zu erleichtern, will die Finanzverwaltung demnächst Informationen verschicken. Die nächsten Schritte im Prozedere: Das Finanzamt stellt auf Basis den neuen Grundsteuerwert fest, der ab 2025 gilt. Zusätzlich gibt es einen Bescheid mit dem neuen Grundsteuermessbetrag, der vom Grundsteuerwert abhängt und ebenfalls ab 2025 gilt. Dann erteilt die Stadt einen Bescheid, der auf dem neuen Grundsteuermessbetrag basiert.

Gladbecks Stadtkämmerer Thorsten Bunte räumt ein, dass so manche Frage, die Bürger umtreibt, derzeit noch nicht zu beantworten ist.
Gladbecks Stadtkämmerer Thorsten Bunte räumt ein, dass so manche Frage, die Bürger umtreibt, derzeit noch nicht zu beantworten ist. © FUNKE Foto Services | Joachim Kleine-BÜning

Was Häuslebesitzer & Co. am meisten interessiert: Muss ich in Folge der Reform zukünftig mehr bezahlen? Oder kann ich vielleicht sogar mit einer geringeren Abgabe rechnen? Stadtkämmerer Bunte sagt ganz offen, dass er dazu bis dato keine seriösen Aussagen machen könne. „Jedes Grundstück, jede Immobilie in Deutschland muss neu berechnet werden. Es ist das Stichwort der Aufkommensneutralität gefallen, aber wir wissen nicht, ob sich das auf den Bund bezieht. Es gibt auch eine Erwartungshaltung auf kommunaler Ebene.“ Heißt im Klartext: Manche müssten mehr, andere könnten weniger bezahlen, damit unterm Strich die Einnahmen in den öffentlichen Kassen wie vor der Reform sind. Um konkreter antworten zu können, müsse laut Kämmerer erst einmal eine belastbare Hochrechnung vorliegen. Also: „Es ist jetzt nicht abzusehen, was diese Reform für den Einzelnen bedeutet.“

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Als Grundsteuervolumen hat der Kämmerer für das Jahr 2022 ein Volumen von 16 Millionen Euro eingeplant, zwei Millionen mehr als im Vorjahr. Der Hebesatz, Faktor für die Bemessung der Grundsteuer, liegt aktuell in Gladbeck bei 850. „Wir hatten ein Pro-Kopf-Grundsteuer-Aufkommen von durchschnittlich 237 Euro im Jahr 2021, das niedrigste aller kreisangehörigen Städte“, sagt Thorsten Bunte, „trotz des hohen Hebesatzes. Aber dieser ist nicht gleich Grundsteuer.“ Er fügt zur Verdeutlichung einen Vergleich mit einer Stadt der gleichen Bevölkerungsstärke wie Gladbeck an: „Langenfeld hatte 2020 einen Hebesatz von 310 und ein Pro-Kopf-Aufkommen von 143 Euro. Gladbeck hatte 173 Euro bei einem Hebesatz von 690. Der Unterschied liegt daran, dass die Basiswerte der Städte nicht vergleichbar sind.“ Der Kämmerer: „Wie sich der Hebesatz 2025 entwickelt, kann man vorher nicht sagen.“

Fragen zur Grundsteuerreform beantwortet das zuständige Finanzamt Marl. Die Finanzverwaltung wird eine Telefon-Hotline anbieten, bei der die Steuerpflichtigen kostenlos Auskunft erhalten. Die Erreichbarkeit der Hotline wird ab April 2022 auf der Internetseite der Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalen veröffentlicht.

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