Gladbeck. Pflegeeltern für Kinder und Jugendliche in Gladbeck werden gesucht. Wer Interesse hat, muss aber einige Voraussetzungen erfüllen.

Der Pflegekinderdienst der Stadt Gladbeck sucht akut Pflegeeltern, die bereit sind, Kindern und Jugendlichen ein behütetes Zuhause zu geben. Denn auch in Gladbeck sorgt die gestiegene Bereitschaft des nachbarschaftlichen Umfeldes, bei Problemen in Familien nicht wegzuschauen, sondern die Behörden zu informieren, dafür, dass mehr Fälle von möglicher Kindeswohlgefährdung bekannt werden. Manchmal ist es dann notwendig, dass betroffene Kinder befristet oder auf Dauer in einer anderen Familie leben. Die verantwortungsvolle Aufgabe der Pflegeeltern ist freilich auch an Bedingungen geknüpft.

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Die Situation in Gladbeck sei meist so, dass mehr Kinder, die vom Amt betreut würden, einen Bedarf haben, „als Pflegeeltern zur Verfügung stehen“, berichtet Sachbearbeiter Michael Kolter vom Pflegekinderdienst (PKD). Neue Pflegeeltern seien so sehr willkommen, die gleichwohl „in einem Bewerbungsverfahren sehr sorgfältig ausgewählt werden“, da es um ein sensibles Thema gehe. Denn die Kinder kämen ja aus belasteten Familiensituationen und hätten, je nach Lebensalter oder Eskalationsgrad, mal mehr oder weniger negative Situationen zu verarbeiten – wie psychische Vernachlässigung oder Gewalterfahrungen, die zu Traumatisierungen und Verhaltensauffälligkeiten führen könnten.

Bei der Betreuung wird zwischen Bereitschaftspflege und Vollzeitpflege unterschieden

Auch im Säuglingsalter werden Pflegekinder vermittelt (Besipielbild). Ältere Kinder, etwa ab 12 Jahren, werden in Akutfällen in der Regeln in betreuten Wohngruppen untergebracht.
Auch im Säuglingsalter werden Pflegekinder vermittelt (Besipielbild). Ältere Kinder, etwa ab 12 Jahren, werden in Akutfällen in der Regeln in betreuten Wohngruppen untergebracht. © dpa-tmn | Andrea Warnecke

Bei den Betreuungsformen für Pflegeeltern gibt es die der zeitlich begrenzten Bereitschaftspflege und die der Vollzeitpflege. „Die Bereitschaftspflege ist eine Pflege auf Zeit“, erklärt Sozialarbeiter Kolter. Diese Variante komme im Regelfall dann zum Tragen wenn sich in Familien eine Notlage ergebe, „dass das Kind dort nicht mehr leben kann und schnell herausgenommen werden muss“. Bereitschafts-Pflegeeltern verpflichten sich dazu, zu jeder Zeit diesen Kindern ein sicheres Zuhause zu bieten. Zeitlich befristet, bis die Gefährdungssituation beseitigt wurde (z.B. indem sich die leibliche Mutter vom gewalttätigen Partner trennt). „Idealerweise klärt sich die Situation innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten“, so Michael Kolter. Verfahren vor dem Familiengericht, gegebenenfalls mit Gutachten, könnten sich indes zeitverzögernd auswirken, „so dass die Bereitschaftspflege auch mal ein Jahr andauern kann“.

Bei der Vollzeitpflege gehe es um einen dauerhaften Aufenthalt in der Pflegefamilie, um mit langfristiger Perspektive dem Kind Halt, emotionale Zuwendung und Stabilität zu geben. Die familiäre Beziehung könne in der Vollzeitpflege vom Kleinkindalter bis zur Volljährigkeit und darüber hinaus andauern. Wenn möglich werde aber auch der Kontakt zu den leiblichen Eltern aufrechterhalten, „da diese ja zur Lebensbiografie des Kindes dazu gehören“, sagt Michael Kolter. Der Pflegekinderdienst vermittelt auch Adoptionen, wenn leibliche Eltern sich entscheiden (müssen), sich vollständig von ihrem Kind oder Kindern zu trennen. Im Unterschied zum Pflegekind erlischt dann das Verwandtschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern. Das Kind wird der Adoptionsfamilie rechtlich wie ein leibliches Kind zugeordnet und erhält auch deren Familiennamen.

Im Vorjahr wurden in Gladbeck 186 Kinder in Pflegefamilien betreut

Der Kinder- und Jugendhilfe-Verbund (KJHV) hatte vor einiger Zeit bundesweit eine Plakatkampagne „Pflegekinder machen dein Leben bunter“ gestartet, um mehr Pflegeeltern zu gewinnen.
Der Kinder- und Jugendhilfe-Verbund (KJHV) hatte vor einiger Zeit bundesweit eine Plakatkampagne „Pflegekinder machen dein Leben bunter“ gestartet, um mehr Pflegeeltern zu gewinnen. © dpa | Marc Tirl

Im jüngsten Jugendhilfeausschuss wurde das Thema ausführlich vorgestellt. Laut Statistik befanden sich zum Ende des Vorjahres in Gladbeck 151 Kinder in Vollzeitpflege und 18 Kinder in Bereitschaftspflege, zudem wurden 17 Volljährige in Pflegefamilien betreut. Zum Vergleich: 2019 waren es 140 Kinder in Vollzeit- und 14 in Bereitschaftspflege sowie elf Hilfen für Volljährige.

Die aufnehmenden Pflegeeltern erhalten für das betreute Kind ein Pflegegeld von rund 800 Euro monatlich, darin enthalten ist auch eine Aufwandsentschädigung für die Erziehungsleistung. Der PKD steht unterstützend zur Seite. Kolter: „Wir lassen die Eltern nicht alleine, unterstützen auch, wenn zum Beispiel therapeutische Hilfen für das Pflegekind notwendig sind.“

Die Kandidaten durchlaufen ein umfangreiches Bewerbungsverfahren

Um die Eignung der Bewerber als Pflegeeltern festzustellen, wird ein Bewerbungsverfahren durchgeführt. Vorgelegt werden muss von den Kandidaten zunächst ein einwandfreies erweitertes Führungszeugnis, zudem ein ärztliches Attest, das die körperliche Eignung feststellt. Die Pflegeanwärter müssen einen Fragebogen ausfüllen, in dem sie ihre Motivation und ihre persönliche Lebensgeschichte aufschreiben.

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Die Aufnahmewilligen werden auch vom Pflegekinderdienst (PKD) zuhause besucht, um ein Bild von ihren Lebensverhältnissen zu gewinnen. Neben vier bis fünf Gesprächsterminen durchlaufen erfolgreiche Kandidaten dann ein Vorbereitungsseminar, „so dass der gesamte Prozess bis zur Zulassung als Pflegeeltern etwa ein halbes Jahr dauert“, so Sachbearbeiter Michael Kolter. Zwischen den Pflegeeltern und dem vermittelten Kind soll ein natürlicher Eltern-Kind-Altersabstand eingehalten werden. Um nach der Aufnahme eine kontinuierliche Bezugsperson zu haben, sollte ein Elternteil zumindest zu Beginn nicht berufstätig sein, oder die Arbeit entsprechend wechselseitig eingerichtet werden können.

Bei leiblichen Kindern müssen die Auswirkungen mitbedacht werden

Die finanzielle Situation der Pflegeeltern muss gesichert sein. Bei leiblichen Kindern müssen die Auswirkungen der Aufnahme eines Pflegekindes mitbedacht werden. Die Pflegeeltern würden dann behutsam an das Kind heran geführt und schon im Vorfeld vom PKD darauf geachtet, „dass Pflegeeltern und Pflegekinder zusammen passen“, so Kolter. Die Pflegeeltern seien mit ihrem Engagement bereit, eine wichtige Aufgabe für die Gesellschaft zu übernehmen, „die sehr erfüllend sein kann“.

Für ihn selbst sei es beruflich und emotional bereichernd, wenn ein Kind in ganz jungen Jahren an Pflegeeltern vermittelt wurde „und ich dann später erfahre, dass das Kind sich wohlfühlt, es an die weiterführende Schule gewechselt ist und keine Probleme hat dort mitzukommen - und es wohl auch gelingt, das weitere Leben zu meistern“.

Weitere Informationen und Ansprechpartner für Gladbecker, die sich als Pflegeeltern bewerben möchten, sind auf der Homepage der Stadt (www.gladbeck.de/pflegekinderdienst) zu finden.