Gelsenkirchen. Die gute Nachricht für Patienten lautet: Gelsenkirchen behält alle wesentlichen Behandlungsangebote, nur nicht am gewohnten Ort. Was sich ändert.

Was für Gelsenkirchener Patienten eher nach guten Nachrichten klingt, bedeutet für manchen Krankenhausträger in der Stadt äußerst schmerzhafte Eingriffe. Die seit Jahren vorbereitete NRW-Krankenhausreform geht in die entscheidende Phase. Bis zum Jahresende 2024 sollen alle endgültigen Entscheidungen gefallen und mitgeteilt sein, zum 11. August reichen die Kliniken - und die Stadt Gelsenkirchen - ihre jeweils letzten offiziellen Stellungnahmen zu den von der Landesbehörde getroffenen Entscheidungen bei der Bezirksregierung Münster ein.

Hüft- und Kniegelenke soll es nur noch am St. Marien Hospital Buer geben

Relativ entspannt geht die KERN-Gruppe als Träger von drei der fünf Kliniken in der Stadt nach eigenen Angaben in diese letzte Phase. Dass man schon lange die Stärke im überregionalen Verbund gesucht hat, scheint sich jetzt auszuzahlen. Geschäftsführer Hendrik Nordholt jedenfalls blickt für das Marienhospital Gelsenkirchen (MHG), das St. Marien Hospital Buer (MHB) und das Elisabeth Krankenhaus Erle (und die übrigen Kliniken im Verbund jenseits der Stadtgrenzen) positiv in die Zukunft.

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„Dass die Endoprothetik, also der Hüft- und Kniegelenkersatz, jetzt am MHB konzentriert wird, steigert die Behandlungsqualität für die Patienten“, ist er sicher. Die Endoprothetik zählt zu den einträglichsten Bereichen in Kliniken. Bislang bot jedes Haus in Gelsenkirchen dies an, jetzt dürfen nach Vorstellung der Bezirksregierung nur noch das MHB und nur bei Unfallopfern auch andere Kliniken den Eingriff anbieten. „Wichtig ist uns, dass wir auch weiterhin Anlaufstelle für Gelenkersatz-Patienten am MHG sind, mit Beratung und Vorbereitung. Nur operiert werden darf ausschließlich am MHB. Und bei Unfallopfern, bei denen sofort gehandelt werden muss, dürfen wir das auch im Stadtsüden“, erklärt Nordholt. Bei akutem Handlungsbedarf nach Unfällen gilt dies auch für das Evangelische Klinikum.

„Eine Gefahr sehen wir und vor allem die Chefärzte durch die Streichung von Unfallchirurgie-Abteilungen allerdings bei der Weiterbildung von Fachärzten“, erklärt er. Wenn ein Haus keinen Gelenkersatz mehr anbieten darf, kann es die Weiterbildung zum Unfallarzt in der rein orthopädischen Klinik auch nicht anbieten. Das wiederum gefährde die Gewinnung von Ärztenachwuchs. Daher sei man auch mit den Kliniken anderer Klinikträger in dem Bereich „in Gesprächen“. Verbund-intern ist dies ohnehin kein Thema, die Vernetzung bleibt unverändert, die Teams tauschen sich aus.

Urologie soll laut Plan nur noch am Marienhospital vorgehalten werden

Dass in der Chirurgie im MHG die Fallzahlen laut Landesplan reduziert sind, sieht der Geschäftsführer nicht als Problem. Vielmehr sei es ein Gewinn, dass künftig komplexe Bauchspeicheldrüseneingriffe und auch tiefe Rektum-Eingriffe am MHG konzentriert werden sollen. Bei der nicht mehr vorgesehenen Thoraxchirurgie wolle man nochmal das Gespräch suchen.

Auch die einzige Urologische Abteilung der Stadt soll am MHG angesiedelt werden. Das Bergmannsheil Buer wird nach Plänen des Landes darauf verzichten müssen. Zugleich allerdings soll die einzige Abteilung für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde künftig nur noch am Bergmannsheil angeboten werden. Bislang ist diese am MHG angesiedelt.

Hendrik Nordholt ist gemeinsam mit Susanne Minten Geschäftsführer des KERN-Verbundes mit seinen Kliniken, Pflegeeinrichtungen und ambulanten Angeboten
Hendrik Nordholt ist gemeinsam mit Susanne Minten Geschäftsführer des KERN-Verbundes mit seinen Kliniken, Pflegeeinrichtungen und ambulanten Angeboten © KERN | KERN

KERN kann sich außerdem über die exklusive Zulassung von Leukämie- und Lymphom-Behandlung in Gelsenkirchen sowie die große Geriatrie am MHB freuen, die künftig - zum Leidwesen der Evangelischen Kliniken - nur noch am MHB und in Erle beheimatet sein soll. Wegen der Ausweitung der Gefäßchirurgie am MHB könnte es dort auch dazu kommen, dass ausgebaut und umgeschichtet wird.

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Auch bei der Kardiologie sei man mit den Landesplänen sehr zufrieden, versichert Nordholt. Das Haus darf künftig weiterhin die meisten interventionellen Eingriffe (Herzkatheter), die Elektrophysiologie (Rhythmusstörungen) und auch Devices wie Herzschrittmacher im MHG anbieten. Herzkatheter sollen aber weiterhin auch Bergmannsheil und Evangelisches Klinikum vorhalten.

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Schlaganfall-Einheit, Neurologie, Augenheilkunde, Psychiatrie, Brustzentrum, große Innere Medizin, Interventionelle Kardiologie und hochkomplexe Intensivmedizin bleiben dem Evangelischen Klinikum laut Planung erhalten. Gelenkersatz allerdings soll dort ebenso entfallen wie die Geriatrie.

Kinderklinik, Kinder- und Jugendpsychiatrie und Trauma-Zentrum am Bergmannsheil bleiben unangetastet, auch die Tagesklinik für Kinder. Thoraxchirurgie soll künftig nur noch hier stattfinden, Neurochirurgie und Wirbelsäuleneingriffe sollen bleiben, HNO hinzukommen.

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Die mittlerweile als Geschäftsführerin eingeführte Daniela Derscheid wollte für das Bergmannsheil Buer keine detailliertere Stellungnahme abgeben. Generell sehe man in dieser „Neuausrichtung Chancen und eine Stärkung der Position der Knappschaft Kliniken im Gesundheitswesen“. Die Zentralisierung bewerte man als Chance für eine hochwertige Versorgung. Auch das Evangelische Klinikum mochte zum jetzigen Zeitpunkt auf Nachfrage keine detaillierte Stellungnahme abgeben.

Stadt mahnt gleiche Versorgung für Gelsenkirchener Norden und Süden an

Die Stadt Gelsenkirchen hatte in ihrer jüngsten Stellungnahme gegenüber Münster grundsätzlich positiv zur geplanten Basisversorgung in der Stadt geäußert. Kritik gab es nach der Beratung in der Gesundheitskonferenz am Wegfall der Geriatrie im Stadtsüden. Gerade in Gelsenkirchen sei es wichtig, Norden und Süden gleichermaßen zu versorgen.