Essen. Der Jurist Jörg Küpperfahrenberg will 2025 für das EBB antreten. Die Chance ist nahe null, aber Signalwirkung hat die Kandidatur wohl schon.

Oberbürgermeisterkandidat des Essener Bürgerbündnisses? Das könnte in manchen Ohren so klingen, als sei da jemand nicht genug ausgelastet in seinem Leben. 2,9 Prozent der Stimmen und drei Ratsmandate erhielt das EBB bei der letzten Ratswahl im Jahr 2020, mit einem OB-Kandidaten ging man damals erst gar nicht ins Rennen. Für die nächste Kommunalwahl soll das nun anders werden. Doch dass EBB-Kandidat Jörg Küpperfahrenberg im September 2025 das neue Stadtoberhaupt wird, darf bei dieser Ausgangslage als unwahrscheinlich gelten.

Interessant an einer solchen Kandidatur ist wohl eher die Signalwirkung: Es gibt in Essen wachsendes kommunalpolitisches Unbehagen, gerade in betont bürgerlichen Milieus. Prinzipiell hat man keine Probleme mit der CDU, sehr wohl aber damit, wie sich die Dinge in Essen in letzter Zeit entwickelt haben. „Ich habe mich gefreut, als die CDU in Essen wieder an die Macht gekommen ist und Thomas Kufen 2015 Oberbürgermeister wurde“, sagt der 57-jährige Rechtsanwalt. „Mit den Jahren überwog dann aber immer mehr die Unzufriedenheit.“ An einem bestimmten Punkt sei dann die Entscheidung gereift, sich aktiv als Alternative zu positionieren.

Verkehrspolitik der schwarz-grünen Koalition sei „verantwortungslos“

Jörg Küpperfahrenberg nennt als erstes die Verkehrspolitik, in der die CDU und der OB besonders auffallend den Einflüssen des grünen Koalitionspartners erlegen seien und sich „am Nasenring durch die Mange ziehen lassen“, sagt er. Der Jurist, dessen Onkel Wolfgang ein bekannter Essener Strafverteidiger war, hat seine Kanzlei in Rüttenscheid. „Da sehe ich gerade hautnah, wohin diese verantwortungslose Politik führt.“ Für eine rigorose Anti-Auto-Politik gebe es in Essen kein Mandat, Kufen und die CDU hätten dem juristisch gestützten Machtstreben der „Deutschen Umwelthilfe“ und ihrer Helfer in Essen zu wenig Widerstand entgegengesetzt.

Parallel zu den Maßnahmen der „Verkehrswende“, verkomme die bestehende Verkehrsinfrastruktur, moniert Küpperfahrenberg. In Kupferdreh, wo der OB-Kandidat privat zuhause und familiär verwurzelt ist, seien die Straßen mit Schlaglöchern übersät. Wo es also gelte, etwas für die Mehrheit der Bürger zu tun, passiere wenig. „Es gibt kein Verkehrskonzept, das diesen Namen verdient.“

Dass sich die Ruhrbahn für den Geschmack des EBB-Kandidaten allzu komfortabel im steigenden Defizit eingerichtet habe und statt an den Problemen zu arbeiten lieber mit dem subventionierten „Bussi“-Taxi die privatwirtschaftliche Konkurrenz schädige, passe da ins Bild. „Die Stadt hat sich zum Lakaien der Ruhrbahn gemacht“, formuliert Küpperfahrenberg scharf.

Harte Kritik an der Lage der Essener Innenstadt

Ein zweites Thema, das ihm nach eigenen Worten besonders am Herzen liegt, ist die Innenstadt. Als gebürtiger Essener, der dort noch die guten Zeiten erlebt habe, könne einen die Entwicklung nur erschüttern. „Es gibt kein Einkaufserlebnis mehr und kaum noch echte Einzelhändler.“ Daran änderten auch Ansiedlungen wie jüngst „Dille und Kamille“ wenig, wo OB Thomas Kufen für den Geschmack von Küpperfahrenberg bei der Einweihung etwas dick aufgetragen habe - was dann prompt zu einer kurzen Kontroverse zwischen ihm und Kufen im Netzwerk Facebook führte.

Dass die Krise der Innenstadt auch etwas mit Kaufentscheidungen der Bürger und mit veränderten Konsumgewohnheiten zu tun habe - gegen die auch ein OB wenig machen kann -, räumt Küpperfahrenberg zwar ein. Doch glaubt er trotzdem, dass mit mehr „Inspiration“ und Liebe zum Detail in puncto Aufenthaltsqualität auch mehr möglich sein müsse.

„In der Innenstadt wird einfach viel Potenzial weggeschmissen“, meint Jörg Küpperfahrenberg. Es fehle eine Vision, ein Aufbäumen, wobei etwas unklar bleibt, was das im Detail bedeuten soll. Beim Thema Innenstadt kennt der verheiratete Vater zweier Söhne auch die Perspektive der jungen Generation. „Mein 14-Jähriger sagt mir, er geht da nicht mehr hin, weil er sich einfach nicht wohl und sicher fühle.“

Brandmauer zur AfD, aber ohne politische Verkrampfungen

Einige Male fand sich das Essener Bürgerbündnis bei Abstimmungen im Stadtrat an der Seite der AfD wieder, ohne dass man aktiv die Nähe oder gar Kooperation gesucht hätte. Trotzdem ist der Umgang mit der AfD ein Thema beim EBB. Küpperfahrenberg ist sehr für die „Brandmauer“ und für klare Abgrenzung, hält aber nichts von Verkrampfungen. Wenn die AfD sich beispielsweise gegen die Abbiegezwänge auf der Rü positioniere, werde man als EBB nicht künstlich eine andere Position einnehmen, nur um sich zu unterscheiden.

Seit den Zeiten des äußerst machtbewussten Alleinherrschers Udo Bayer (interner Spott: „Udokratie“) hat das EBB einen kümmerlichen Ruf, wenn es um den Umgang untereinander geht. Es gab lokal schmerzhafte Austritte, Mobbing-Vorwürfe, auch mal staatsanwaltliche Ermittlungen wegen des Verdachts der nicht rechtskonformen Verwendung von Fraktionsgeldern. „Wenn ich eine Chaos-Truppe angetroffen hätte, dann wäre ich sofort wieder rausgegangen“, sagt dazu Jörg Küpperfahrenberg. Er könne nur über sachbezogene Arbeit und positive Stimmung berichten und sei von Anfang an als zunächst Externer gut aufgenommen worden.

Dass man nicht an einer Großpartei hänge und im Geleitzug mitschwimmen muss, sei gerade der Reiz am Bürgerbündnis, das dem Verbund der in Süddeutschland erfolgreichen Freien Wähler angehört. Küpperfahrenberg: „Etwas anderes wäre für mich nicht infrage gekommen.“

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