Duisburg. Viertklässler-Eltern müssen jetzt entscheiden: Soll mein Kind auf die Gesamtschule, ein Gymnasium, zur Realschule? Das empfehlen Schulleiter in Duisburg.
Die Entscheidung fällt vielen Eltern nicht leicht: Welche Schulform, welche Schule ist die richtige für mein Kind? Ist es am besten auf der Gesamtschule aufgehoben oder am Gymnasium, sind Haupt- oder Realschule, eine der beiden Duisburger Sekundarschulen die richtige Wahl? Und was steht als Empfehlung auf dem Halbjahreszeugnis der Grundschule, das in der zweiten Februarwoche ausgegeben wird?
In Duisburg gibt es über 30 weiterführende Schulen mit unterschiedlichsten Angeboten und Schulprogrammen. Aber: „Viele Eltern gehen sehr blauäugig in die Schulformwahl“, beobachtet Fabian Theiß. Der stellvertretende Schulformsprecher der Gesamtschulen macht das an konkreten Zahlen fest: Im letzten Schuljahr wurden 140 Kinder nach der Erprobungsstufe „abgeschult“. Sie haben die Ziele an den Gymnasien nicht erreicht und mussten an andere Schulformen wechseln, vielfach waren das die Gesamtschulen.
Die passende Schule in Duisburg fürs eigene Kind finden: Tipps für Eltern
„Uns bringt das total an unsere Grenzen“, betont Theiß. Denn die Gesamtschulen starten mit vollen Klassen und haben eigentlich gar keinen Platz für weitere Kinder. Auch für die Familien sei die unterbrochene Schullaufbahn schwierig. „Manche Kinder tragen die Frustration über Jahre mit sich herum.“ Im vergangenen Jahr gab es an der Gesamtschule Süd Proteste und Tränen von Sechstklässlern wegen über 20 zusätzlich zugewiesenen Kindern und der Idee, die Klassenstrukturen deshalb neu zu gestalten.
Wenn sich Eltern unsicher sind, ob es ihr Kind an einem Gymnasium schaffen kann, „dann sollten sie sich für uns als Gesamtschule entscheiden“, plädiert er, „damit sie nicht über den Umweg der Abschulung zu uns kommen“.
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Nach Klasse 10 gebe es zwar auch einen Zufluss von Schülerinnen und Schülern aus den Sekundar- und Realschulen in die Oberstufe von Gesamtschulen. „Aber sie sind gut gefördert, kommen schnell klar, wir organisieren für sie Kennenlernwochen und mehr.“ Dieser geplante Wechsel sei „eine ganz andere Sache als aus dem Gefühl des Scheiterns heraus“.
Gesamtschulen: Schullaufbahn bleibt länger offen
Mit der Ganztagsbetreuung, einem intensiven Betreuungssystem und Berufsorientierung seien an Gesamtschulen alle Abschlüsse möglich, wirbt er. Ohnehin ist er ein Verfechter des gemeinsamen längeren Lernens. Schüler sollte man nicht schon nach der vierten Klasse trennen, Schullaufbahnen sollten länger offen bleiben, „trotz schlechter Grundschulzeugnisse entwickeln sich viele“.
Fabian Theiß weiß, dass viele Familien danach entscheiden, wo die Freunde ihres Kindes hingehen. Auch der Schulweg ist ein wichtiger Punkt. Er empfiehlt aber, die Empfehlung der Grundschule ernst zu nehmen. „Das Halbjahreszeugnis ist dafür maßgeblich.“ Am Ende zählt aber der Elternwille. Und wenn sie ein Kind mit einer eingeschränkten Realschulempfehlung am Gymnasium anmelden, „dann kann die Luft schnell dünn werden“.
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Gymnasien: zu kritischem, analysierendem Denken anleiten
Aber wann ist ein Kind fit für ein Gymnasium? Wenn es „weitgehend selbstständig seinen Lernweg bereits in der Grundschule organisieren kann“, könne es sich „wissbegierig und offen neue Inhalte und Fähigkeiten erschließen“, sagen die Schulformsprecherinnen Dr. Wibke Harnischmacher (Mercator-Gymnasium) und Benedikte Hermann (Krupp-Gymnasium).
An den zwölf Duisburger Gymnasien gebe es verschiedene Profile wie Bilingualität, MINT, Sportschwerpunkt, Talentschule, Europaschule und andere mehr. Für alle gelte: „Ziel des Gymnasiums ist die Vermittlung einer vertieften allgemeinen Bildung, die zur Aufnahme eines Hochschulstudiums befähigt und für eine berufliche Ausbildung qualifiziert. Der Unterricht soll zur Auseinandersetzung mit komplexen Problemstellungen anleiten und zu abstrahierendem, analysierendem und kritischem Denken führen.“ So schreibt es jedenfalls das Schulministerium vor.
Die Schulleiterinnen betonen, dass zu einer ganzheitlichen Bildung an Gymnasien „das Bewusstmachen und die Stärkung sozialer, kognitiver und digitaler Kompetenzen, die dazu befähigen, sich in unterschiedlichen Bereichen unserer Gesellschaft sicher, selbstbewusst, kreativ und kritisch zu engagieren und die Welt mitzugestalten“ gehöre.
Sekundarschulen: auf individuelle Bedürfnisse eingehen
Die beiden Sekundarschulen in Buchholz und Hamborn zeichnen sich durch kleine Klassen aus. So könne man auf die individuellen Bedürfnisse und Talente jedes Schülers eingehen, sagt Pavle Madzirov, Schulleiter der Sekundarschule Am Biegerpark. „Wir holen die Kinder genau dort ab, wo sie ihrem Lernprozess stehen.“
Er empfiehlt Eltern, „nicht allein auf die Noten oder die Empfehlung der Grundschule zu achten, sondern auch auf die pädagogischen Werte und das Konzept der weiterführenden Schule“.
Realschulen: Kleineres System, familiäre Atmosphäre
Hier setzt auch Stan Orlovic an, der Schulformsprecher für vier Realschulen wirbt für die kleineren Systeme mit familiärer Atmosphäre. Bis auf eine Differenzierung in Klasse 7 bleibt der Klassenverband durchgehend bestehen.
„Vermehrt haben wir in den letzten Jahren Kinder mit Gymnasialempfehlungen bekommen, weil die Eltern sich entschieden haben, den Druck von den Kindern zu nehmen“, berichtet der Schulleiter. Die Grundschulempfehlungen geben nach seiner Erfahrung wichtige Hinweise. „Allerdings bekommen die Realschulen von vielen unterschiedlichen Grundschulen Kinder, sodass die Noten nicht immer vergleichbar sind“, sagt Orlovic.
Er hält die Wortbeiträge auf den Zeugnissen für aufschlussreich, wegen der Hinweise auf Besonderheiten im Sozial- und Arbeitsverhalten. Außerdem sei der persönliche Eindruck im Gespräch wichtig.
Da an der Realschule die Qualifikation zum Besuch der Oberstufe erworben werden kann, würden „im Schnitt circa 50 bis 60 Prozent der Abgängerinnen und Abgänger“ den Weg in Richtung Abitur wählen. Und dass Realschulen für viele Kinder der richtige Ort sind, sei belegbar: „Die Zahl der Abschulungen hält sich sehr in Grenzen“, so Orlovic.
Die Berufskollegs bieten an Wirtschafts-Gymnasien übrigens ebenfalls einen vollschulischen Weg zum Abitur.
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Anfang Februar beginnt die Anmeldephase an den weiterführenden Schulen. Die Duisburger Schulformsprecherinnen und -sprecher empfehlen Eltern, genau auf ihre Kinder zu schauen und sich vor der Entscheidung zu Schulform und konkreter Schule folgende Fragen ehrlich zu beantworten:
- Was kann mein Kind? Was ist es bereit, zu leisten? Kann es sich den Ansprüchen der gewählten Schulform stellen?
- Passt mein Kind in ein großes System mit vielen Kursen oder in ein kleineres System mit viel Unterricht im Klassenverband?
- Hat es besondere Talente, weshalb die künftige Schule einen entsprechenden Schwerpunkt haben sollte?
- Ist für die Familie eine Ganztagsschule wichtig oder ist eine Halbtagsschule klug? Wie sieht es mit dem Schulweg aus? Wie lang dauert es von Tür zu Tür?
- Die Tage der offenen Tür haben ein Bauchgefühl hinterlassen: Wie war die Atmosphäre an der Schule? Wo sich ein Kind wohlfühlt, kann es sich leichter positiv entwickeln, sind sich die Schulleiter sicher.
- Bei Unsicherheiten sollten Eltern sich beraten lassen, an der Grundschule und den möglichen weiterführenden Schulen.
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Grundsätzlich gilt der Elternwille, aber wenn es mehr Anmeldungen gibt als Plätze in einer Schule, dann entscheiden die Schulleiterinnen und Schulleiter nach folgenden Kriterien:
- Geschwisterkinder
- ein ausgewogenes Verhältnis von Mädchen und Jungen
- ein ausgewogenes Verhältnis von Schülern unterschiedlicher Herkunftssprachen
- der Schulweg
- die Nähe zur zuletzt besuchten Grundschule
- Losverfahren
Gesamt- und Sekundarschulen müssen zusätzlich berücksichtigen, Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichen Leistungsfähigkeiten aufzunehmen.