Duisburg. Höchste Anmeldezahlen seit Jahren: Was ist so besonders an dieser Gesamtschule? Im Duisburger Norden? Das macht diese Schule anders.
Die Zahlen sind seit Jahren gleich: Bei den Anmeldungen für die weiterführenden Schulen in Duisburg steht auf Platz 1 die Leibniz-Gesamtschule und dann kommt lange nichts. Zum kommenden Schuljahr haben hier 277 Eltern ihre Kinder angemeldet. Am Ende werden nur 189 Kinder in sieben Klassen aufgenommen. Im Vorjahr wollten sogar 334 Kinder in die fünfte Klasse.
Dabei sind die Regeln hier richtig streng, für 1600 Kinder gilt: Jogginghosenverbot! Handyverbot! Die Gebäude sind in die Jahre gekommen, Container dienen bis zu einem Neubau als Klassenräume, die A59 rauscht im Hintergrund. Und überhaupt: Wir sind im Duisburger Norden. Wie passt das zusammen?
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Warum die Leibniz-Gesamtschule in Duisburg so beliebt ist: „Wir machen vieles anders“
„Der Ruf ist seit Jahren gut“, sagt Anja Ozdoba, die didaktische Leiterin der Schule. Anfang der 80er Jahre war das Leibniz noch ein Gymnasium, wurde dann eine Gesamtschule. Und wuchs und wuchs. Schulleiter Sascha Busse erschien es anfangs eingebildet, sich als „beste Gesamtschule“ zu bezeichnen, inzwischen stehe er „voll dahinter, wir machen vieles anders“, glaubt er. Das Schulleiterteam sei sehr präsent, jeden Morgen werden die Schüler am Schultor begrüßt. „Das macht was mit den Schülern, mit ihrem Respekt“, glaubt Busse.
Regeln seien nirgendwo ausgehängt, „sie werden gelebt“. Darunter eben auch seit Jahren schon das Handy- und Jogginghosenverbot, der Ausschluss bauchfreier Tops. „Die Kinder und Jugendlichen sollen angemessen gekleidet kommen, wie es im Beruf auch nötig wäre“, sagt Busse. Das 150-köpfige Kollegium sei sich da völlig einig, die Konsequenzen der Schülerschaft bekannt. Handys werden abgenommen, Schüler in Sporthosen angesprochen. Und wehe sie haben kein Attest für die Jogginghose. Ein Attest?
Manche Lehrer stellen es aus, wenn sie wissen, dass es in dem Haushalt manchmal schwierig ist mit sauberer Wäsche, sagt Ozdoba. Es gebe auch Ärzte, die sowas ausstellen, berichtet Busse. Wegen eines verbundenen Knies beispielsweise. Auch aus einem anderen Grund findet er das Jogginghosen-Verbot praktisch: „Schulfremde erkennen wir sofort.“
„Wir sind Leibniz!“ soll nicht nur ein Slogan sein
„Wir sind Leibniz!“ so lautet der Slogan der Gesamtschule, der ab Klasse 5 gelebt werden soll. Dazu gehört etwa der Service, dass die neuen Eltern zum Schuljahresbeginn nichts besorgen müssen, weil der Förderverein sich um alle Materialien kümmert. Inklusive Trinkflasche für die Wasserspender.
Verbindend ist auch der Schulgarten, der seit 2016 wächst und gedeiht, inzwischen eine Kräuterschnecke und einen Teich hat, ein grünes Klassenzimmer und lebende Goldfische. Jeder Schüler verewigt sich hier mit einem Mosaikstein, sodass ein einzigartiger Weg entsteht. Der Sozialpädagoge Thomas Facklam erinnert sich, wie verwildert die Grünfläche anfangs war und mit wie viel Feuereifer die Kinder die Wurzeln ausgruben, „damit erreichen wir auch die Hammerwerfer unter den Schülern“, sagt Facklam lachend, die habe er so gut im Griff.
Die „große“ Pause dauert hier 40 Minuten
Er ist mit seinen beiden Kollegen das personifizierte Wir-Gefühl der Schule. Die Sozialarbeiter dürfen geduzt werden, sind in den Pausen ansprechbar, „da landen viele Probleme direkt bei uns, Liebeskummer oder Beleidigungen etwa“, so Facklam, für größere Themen gibt es Sprechzeiten, auch für Eltern.
Nach drei Stunden Unterricht gibt es hier eine 40-minütige Pause – lang genug für Federball, Pedalo-Touren oder ganze Fußballturniere: Neuntklässler leiten sie, machen dabei zugleich ihren Praxisteil als Sporthelfer. Die halbe Unterstufe steht am Rand, feuert mit selbst gemalten Schildern ihre Mitschüler an.
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Alle Schüler sind draußen, viele schlendern herum. Es ist entspannt, verteilt sich gut auf die verschiedenen Flächen. Acht Lehrer teilen sich die Pausenaufsicht. Und das Mädchen, das seinen Kaugummi auf den Boden spuckt, um in sein Brot beißen zu können, ist wenige Augenblicke später auf dem Weg zum Mülleimer.
Berkay und seine Kumpels quatschen, ihre Handys zeichnen sich in den Hosentaschen ab. Der Zwölfjährige findet seine Jeans ungemütlich, das Handyverbot doof. „Aber sonst ist hier alles ok.“ Sein Kumpel Eymen ist nachmittags gestresst, „dann sind auf Snapchat so viele Nachrichten zusammengekommen“, bedauert er. Tuana (14) und Eslem (13) sehen das ähnlich. Aber sonst sei es „sehr gut, hier sind unnormal viele Schüler, da sind mehr Freundschaften möglich“, finden sie.
1600 Kinder besuchen die Leibniz-Gesamtschule
An der Schule sind 1600 Kinder und 150 Lehrkräfte. Aus sieben Klassen mit rund 200 Kindern erwächst eine Oberstufe mit 135 Schülern. Allerdings sind auch Wechsler von Real- und Sekundarschulen darunter. „Rund 40 Prozent schaffen die Quali und machen sich auf den Weg zum Abi“, sagt Busse stolz. Gut 100 sind dieses Jahr zum Abitur zugelassen.
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Über 70 Pozent haben einen Migrationshintergrund, auch das Kollegium ist multikulturell, betont Busse, der türkei-stämmige, marokkanische, spanische und russische Kollegen hat. „Das bildet den Stadtteil ab und es macht was mit Kindern, die vorne an der Tafel eine selbstbewusste türkische Lehrerin sehen.“
Containerklassen auf dem Sportplatz
Jetzt ist nicht alles Gold an dieser Schule: Da stehen zum Beispiel Container herum, mit deutlichen Brandspuren nach einem Feuer. Gleich daneben stehen die Klassencontainer für die Oberstufe und blockieren den alten Sportplatz. Und seit Mitte 2022 wartet Busse darauf, dass die vier naturwissenschaftlichen Räume weitergebaut werden.
Es ist eng hier, bis vor sechs Jahren war die Schule noch sechszügig. Im Zuge der Erweiterung wurden ein Neubau und ein Verwaltungsgebäude versprochen, erinnert sich Busse. Grundrisse wurden vor einem halben Jahr vorgelegt, passiert sei seither nichts und Busse wird wegen der Enge „sehr kreativ in der Raumbelegung“. Auch die Klassen sind mit 29, in Ausnahmefällen 30 Kindern gut voll. Dennoch werde kaum was zerstört, auch die Ipads sind noch alle da.
Ein anderes Dauerbrenner-Schulthema scheint das Leibniz gut im Griff zu haben: die Klos. „Früher roch es bis ins Büro“, erinnert er sich. Beim Blick hinein ist an diesem Tag alles sauber, keine fiesen Gerüche, dafür sorgt eine hauptamtliche Hygiene-Assistentin. Busse liebt es. Wie so vieles an dieser Schule. Alles andere: Wird angepackt.
>>BESONDERHEITEN AN DER LEIBNIZ-GESAMTSCHULE
- Die Leibniz-Gesamtschule kooperiert mit dem Elly-Heuß-Knapp-Gymnasium sowie den Gesamtschulen Emschertal und Theodor-König.
- Die Ganztagsschule hat eine Mensa, bietet unterschiedliche AG‘s an, ganz neu im Angebot: eine Podcast-AG. Die erste Stunde dauert 45 Minuten, nach einer Doppelstunde folgt die Bewegte Pause (40 Minuten), dann gibt es eine weitere Doppelstunde und noch eine Einzelstunde.
- Weitere Infos zur Schule stehen auf der Webseite unter www.leibnizgesamtschule.de