Duisburg. Die Einschulungsuntersuchung in Duisburg zeigt: In jeder Klasse sitzen mindestens zwei Kinder mit erhöhtem Förderbedarf. Ergebnisse im Detail.
Der Schulstart hat für viele Kinder in Duisburg direkt mit einem Handicap begonnen. Die Ergebnisse der Schuleingangsuntersuchung 2024 liegen jetzt vor und offenbaren, wie es um die körperliche Fitness der i-Dötzchen bestellt ist, um deren Sozialverhalten und psycho-intellektuelle Gesundheit. Unter dem Strich: Nicht gut.
Rund um den sechsten Geburtstag prüft der Kinder- und Jugendgesundheitsdienst die künftigen Schulkinder. Aktuell wird der nächste Einschulungsjahrgang untersucht. Bei jenen Kindern, die jetzt lesen und schreiben lernen, ergaben sich bilanzierend deutlich erkennbare Auffälligkeiten bei Gewicht und Motorik sowie Sprachkenntnissen. „Die Komplexität der Fälle hat deutlich zugenommen im Verlauf der Jahre“, sagt Ludwig Hoeren, der Leiter des Gesundheitsamtes. Bei 11,5 % der Kinder habe sich ein deutlich erhöhter Förderbedarf gezeigt.
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Hunderte Eltern verpassten Schuleingangsuntersuchung in Duisburg
Das ist jedenfalls die Erkenntnis aus 5073 durchgeführten Untersuchungen. Eingeschult wurden in Duisburg 5514 Kinder. 425 wurden demnach nicht untersucht, ihre Ergebnisse könnten das statistische Ergebnis noch verändern. 129 von ihnen sind nicht zu den Untersuchungen erschienen, 69 kamen zwar, konnten aber z.B. aufgrund fehlender Dolmetscher nicht untersucht werden. 219 Familien wurden per Brief darüber informiert, dass die Untersuchung nicht mehr geschafft werden kann. Wer jetzt eine numerische Lücke aufgespürt hat: sie entstand durch den Wegzug einiger weniger Familien.
Wenn Eltern zweimal die Schuleingangsuntersuchung verpassen, erfolgt eine Meldung an das Amt für Schulische Bildung und die Kollegen der Schulpflichtüberwachung zwecks Bußgeldandrohung, sagt Hoeren. Vereinbaren die Eltern binnen einer Frist keinen Termin, wird ein Bußgeld verhängt.
Hoeren betont, dass allen Schulen die Möglichkeit offensteht, Kinder zu melden, die sich innerhalb der ersten beiden Wochen nach Einschulung als auffällig erweisen, die aber keine Einschuluntersuchung hatten. So könnten zumindest alle Kinder mit besonderen Bedarfen noch untersucht werden.
Auffälligkeiten beim Thema Sprache, bei der Motorik und beim Gewicht
Beim Thema Sprache werden unter anderem Deutschkompetenz, Wortschatz, Grammatik, Sprachverständnis, Hörwahrnehmung und Artikulation getestet. 28 % der Kinder zeigten demnach keine Auffälligkeit in mindestens einem sprachlichen Bereich. Rund ein Drittel spricht allerdings schlecht Deutsch.
Sprache sei aber nur ein kleiner Teil der Untersuchung. „Es sind alle Bereiche zu berücksichtigen, wenn man die Entwicklung der Kinder einschätzen will“, betont der Gesundheitsamts-Leiter.
So haben über 20 Prozent der Kinder Auffälligkeiten bei der Grobmotorik und Körperkoordination, können also nicht gut laufen, springen oder hüpfen. 2023 waren 935 Kinder auffällig (20,4 %). 2019 waren es sogar 29 Prozent aller untersuchten Kinder, 1322 I-Dötzchen.
Bei der Einschulungsuntersuchung begegnen den Fachärzten auch immer wieder übergewichtige Kinder. In diesem Jahr galten 454 als adipös, also 9,8 Prozent aller Erstklässler. 2023 waren es 401 Kinder (8,6 Prozent). Ein langfristiger Trend lasse sich anhand dieser Steigerung aber nicht erkennen, so Hoeren.
Der Kinder- und Jugendgesundheitsdienst empfahl bei 3,1 % der untersuchten Kinder eine Rückstellung „aus erheblichen gesundheitlichen Gründen“. Damit ist die einige Jahre lang stetig steigende Zahl von schulpflichtigen, aber nicht schulfähigen Kindern zumindest durchbrochen. Wie viele Kinder von den Schulen tatsächlich von der Einschulung zurückgestellt wurden, sei allerdings nicht bekannt, schreibt die Pressestelle der Stadt. Die Entscheidung treffen am Ende die Leiter der Grundschulen.
Nach vielen Engpässen: Alle Ärztestellen sind besetzt
In den vergangenen Jahren gab es wegen des Ärztemangels und der Belastung durch die Corona-Pandemie mehrfach Engpässe im Gesundheitsamt. Mehrere Jahre lang konnten die Jahrgänge nicht komplett untersucht werden, phasenweise kaum die Hälfte aller Kita-Kinder. Inzwischen ist die Lage etwas entspannter, sagt Hoeren, im Laufe dieses Jahres habe man alle offenen Arzt- und Ärztinnen-Stellen besetzen können. „Wir hoffen daher, dass wir nach einer Einarbeitungszeit alle Kinder der zukünftigen Einschuljahrgänge erreichen und untersuchen können.“
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>>EINSCHULUNGSUNTERSUCHUNG IN DUISBURG
- Der Kinder- und Jugendgesundheitsdienst der Stadt Duisburg hat seinen Sitz im Tausendfensterhaus in Ruhrort und übernimmt neben der Einschulungsuntersuchung auch Begutachtungen, Impfberatungen und Reihenuntersuchungen in Kindergärten.
- Das Schulgesetz sieht vor, dass Kinder vor Beginn der Schulpflicht untersucht werden müssen.
- Die Einschuluntersuchung ist ein standardisiertes Entwicklungsscreening, das unterschiedliche Bereiche der Entwicklung bei Vorschulkindern untersucht, dazu gehören etwa das Abmalen komplexer Formen, Tests zu visueller Wahrnehmung, Sprache, Konzentration und Motorik.
- Geklärt wird damit, ob die Kinder altersentsprechend entwickelt sind oder ob Beeinträchtigungen vorliegen, die schulrelevant sind und zusätzlicher Hilfe bedürfen.
- Auch bei Rückstellungen vom Schulbesuch oder vorzeitiger Einschulung sind die Schulärzte mit einzubeziehen.
- Weitere Infos stehen auf der Webseite der Stadt Duisburg.