Duisburg. Hürden beim Wechsel von G8 zu G9 an Gymnasien: Aus ganz Duisburg und aus Moers besuchen nun Schüler das Bündelungsgymnasium. So läuft es.

Sie sind die Jahrgangsstufe, die es eigentlich gar nicht gibt: Nur am Mercator-Gymnasium in Duisburg gibt es seit Schuljahresbeginn eine Klasse 11, die zugleich Erprobungsstufe ist. Das ist dem Wechsel von G8 auf G9 geschuldet, der Rückkehr zur neunjährigen Schulzeit. Als Bündelungsgymnasium wird die Schule im Dellviertel über 60 Jugendliche aus der ganzen Stadt sowie aus Moers zum Abitur führen.

Damit sind sie – zumindest an Gymnasien – 2026 die einzigen, neben den Absolventen an Gesamtschulen und Berufskollegs. Zwei Drittel sind übrigens Mädchen. Indirekt bestätige das deren Bildungserfolg, sagt Schulleiterin Dr. Wibke Harnischmacher.

Wechsel von G8 zu G9: Kompliziertes Schulrecht

Die 16- und 17-Jährigen dieses „Weißen Jahrgangs“ kommen als Spitzenschüler von den Real- und Sekundarschulen. Oder als jene, die im letzten G8-Jahrgang an ihren Schulen notenmäßig einen Neustart brauchen, an ihrer eigenen Schule dafür aber zwei Jahrgänge wiederholen müssten. Wenn es das Schulrecht zuließe: Der nachfolgende Jahrgang ist schon ein G9-Jahrgang, dessen zehnte Klasse noch Mittelstufe ist. Aus der Oberstufe darf man dahin nicht wechseln. Es ist kompliziert und führte landesweit zur Gründung zentraler Bündelungsgymnasien.

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Für die Schülerinnen und Schüler selbst scheinen sich am Ende des ersten Monats viele Sorgen in Luft aufgelöst zu haben. Die „Angst, mit Menschen zusammensitzen zu müssen, die man noch nie gesehen hat“, war für Nora groß. Auch der ehemalige Realschüler Elmin hatte Bedenken wegen der neuen Mitschüler und des anderen Schulsystems. Die Integrationsfahrt nach Oer-Erkenschwick sei ein voller Erfolg gewesen, „danach hatten wir alle Namen drauf“, sagt Dana.

Liva, die „gezwungenermaßen“ vom Kopernikus-Gymnasium wechselte, war erst nicht so glücklich, „aber jetzt bin ich super happy. Hier könnte sogar Kunst als Leistungskurs klappen, das wäre an meiner alten Schule nicht mal theoretisch möglich gewesen.“

Schülerinnen und Schüler aus dem Sowi-Kurs der einzigartigen Jahrgangsstufe 11 am Mercator-Gymnasium berichten von ihren Erfahrungen. Im Vordergrund: Schulleiterin Dr. Wibke Harnischmacher, links Beratungslehrerin Susanne Macko und Oberstufenkoordinatorin Susanne Kelle.
Schülerinnen und Schüler aus dem Sowi-Kurs der einzigartigen Jahrgangsstufe 11 am Mercator-Gymnasium berichten von ihren Erfahrungen. Im Vordergrund: Schulleiterin Dr. Wibke Harnischmacher, links Beratungslehrerin Susanne Macko und Oberstufenkoordinatorin Susanne Kelle. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Dank Schulwechsel mit Latein angefangen

Eine Umstellung ist die neue Schule für Ayla. Sie war an der Sekundarschule Am Biegerpark, „da hatten wir wöchentlich nur zwei Stunden Mathe und der Rest lief über sogenannte Lernbüros, die Aufgaben musste man allein erarbeiten.“ Verlockend findet sie das Mercator-Gymnasium auch, weil man in der Oberstufe mit Sprachen wie Latein neu anfangen kann. „Ich will Archäologin werden und brauche das später.“ Engin lernt jetzt auch Latein, „für einige Studiengänge ist das wichtig“. Ob er am Ende Medizin studiert oder doch Fluglotse werden möchte, sei aber noch offen.

Begeistert sind viele Schüler vom 90-Minuten-System: „Man hat weniger Fächer als im 45-Minuten-Takt, kann besser auf ein Thema eingehen und hat mehr Zeit für Rückfragen“, fasst es Engin zusammen. Adil freut sich, dass er jetzt schon konkrete Klausurenpläne hat, an seiner alten Schule sei munter verschoben oder gar vorgezogen worden. Kassandra betont die größeren Freiheiten durch die Kursstruktur, „das fühlt sich erwachsener an“.

Ayla (rechts) freut sich, am Mercator-Gymnasium mit Latein anfangen zu können.
Ayla (rechts) freut sich, am Mercator-Gymnasium mit Latein anfangen zu können. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Die Lehrer sind „menschlich“

Und dann bricht plötzlich eine vielstimmige Lobeshymne los, weil die Lehrer hier „menschlich sind“, sie „besorgt um uns sind“, an der alten Schule „nur auf Leistung geguckt wurde“, „ein Schulsozialarbeiter als Vertrauensperson da ist“.

„Wir werden hier morgens gefragt, wie es uns geht, das ist mir in zehn Jahren nicht passiert“, sagt Kassandra. Und Sydney beschreibt, dass an ihrer alten Schule der Druck so hoch war, dass sie immer Angst hatte, Fehler zu machen. „Hier kann man Fehler machen und daraus lernen“, ergänzt Max, „das ist ein gutes Gefühl“.

Beratungslehrerin Susanne Macko und Oberstufenkoordinatorin Susanne Kelle ist das Lob fast unangenehm und „definitiv nicht bestellt!“. Gemeinsam mit den Kollegen haben sie jetzt ein Jahr Zeit, die Wissensstände in allen Fächern anzugleichen, aufzubauen. Die Unterschiede sind vielseitig: Im Biologieunterricht sitzen nun Schüler, die noch nie mikroskopiert haben, im Musikunterricht welche, die –nun ja – noch nie Musikunterricht hatten oder nur ein Jahr Französisch in fünf Schuljahren. Lehrermangel ist eins der häufigsten Worte in dieser Schulstunde.

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>>ZUSÄTZLICHE JAHRGANGSSTUFE AM MERCATOR-GYMNASIUM

  • Für das Mercator-Gymnasium ist die Herausforderung nicht eben klein. Weil bis kurz vor dem neuen Schuljahr noch Nachprüfungen liefen, war erst spät klar, wie groß diese Stufe überhaupt sein würde. Containerklassen sollten vermieden werden, deshalb mussten Fachräume umgenutzt werden.
  • Immerhin „war die Bezirksregierung großzügig“, sagt Schulleiterin Dr. Wibke Harnischmacher, sie stockte das Lehrerkollegium um knapp zehn Kräfte auf.
  • Im Schuljahr 2026/27 werden auch alle anderen Gymnasien vor der Herausforderung stehen, wieder wie früher neun Jahrgänge zu beherbergen und zu beschulen. Landesweit wird mit einem Mehrbedarf von 4200 Lehrkräften gerechnet.